Tagebuch Neuseeland Februar 2015:

Flughafen von Perth mit Buschbrand im Hintergrund
Flughafen von Perth mit Buschbrand im Hintergrund

Prolog: (20000 Kilometer)

Am 25.01.15 ging es los zum nächsten Abenteuer: Neuseeland. Nach Befragen vieler früherer Urlauber, entschloss ich mich, die Südinsel mit dem Rad zu umrunden, obwohl diese kühler und nasser als die Nordinsel, dafür aber viel sehenswerter sein soll. Mein Rad war diesmal nicht dabei, da der Transport 1000 € kosten sollte. Ich mietete mir lieber eins in der Nähe des Flughafens von Christchurch, für ein Drittel des Preises an. Meine 4 Satteltaschen samt Inhalt verstaute ich in 2 Reisetaschen, damit die nicht verloren gehen. Blöd zu tragen, aber gut zum Verstauen.

In weiser Voraussicht fuhr ich schon am Vortag nach Mörfelden, anstatt früh morgens am Flugtag. Das erwies sich als absolut richtig. Glatteis! Wir kamen mit dem Auto aber problemlos zum Bahnhof und S-Bahn sowie ICE waren trotz des Wetters pünktlich. Mein Lob war kaum verklungen, kam das (für mich) normale Bahnchaos dann doch noch. 50 km nach Hannover war ein ICE in einem Tunnel liegen geblieben und musste evakuiert werden. Nach Streckensperrung tingelte alle Gäste des Havarie-Eisenpferdes durch den Tunnel zu unserem Zug, das wurde kuschlig. Bis der Andere abgeschleppt war, verging eine Stunde und bis wir mit Extrastopps in Frankfurt waren, fast 90 Minuten. Aber ich hatte Zeit, blieb gelassen und ging abends mit Muttern und Schwester griechisch Essen.

Am nächsten Morgen dann mit dem Bus zum Flughafen und mit Etihad nach Enteisung der Maschine ( 1 h Verspätung) nach Dubai. So einen tollen Service hatte ich noch nie und das Essen war prima, das kannte ich auch noch nicht. Man konnte im Internet aber auch zwischen etwa 10 verschiedenen Essen wählen, ich entschied mich für vegetarisch-orientalisch. Vor allem bekommst du dann (nach den Kindern) als erster dein Futter und alle „Normalesser“ schauen neidisch zu. Auf dem Weg lernte ich eine Familie aus Heidelberg kennen, die 8 Wochen Neuseeland mit dem Camper unsicher machen wollen. Größte Herausforderung dabei: der 3-jährige Sohn Silas, der aber ein Musterkind bei den Flügen war, ganz im Gegensatz einiger andere Schreihälse. Nach 6 Stunden war Abu Dhabi bei Nacht erreicht und gleich ging es weiter nach Perth, 11 Stunden Flug. Mit Reiseführer lesen, Filme schauen und schlafen ging das aber schnell um. Nur meine Nase war beleidigt, hatte ich neben mir doch einen stark müffelnden, muffligen, älteren Australier. Nach 5 Stunden dumm in Perth rumsitzen, ging es in nochmal 6 Stunden mit Air New Zealand nach Christchurch. Toll war das Sicherheitsvideo, in dem Schauspieler, Kostüme und Regisseur von Hobbit/Herr der Ringe zu sehen waren. Ein Hingucker statt Langeweile. Dafür wurde Essen und Wasser von Flug zu Flug immer schlechter. In Australien stark gechlort und im Flieger Plastikgeschmack, trotz Zitrone in der Kanne als Übertünschung. Nach schlappen 70 Stunden seit Aufbruch, war ich angekommen. Das ganze ohne Probleme, nur zu wenig Schlaf. Dann hieß es noch einige Schikanen mitmachen, Körper- und Gepäckscan, dazu noch Fragebögen ausfüllen. Es dürfen keine Lebensmittel noch dreckige Schuhe eingeführt werden. Also immer schön Schuhe putzen!

Antarktismuseum in Christchurch
Antarktismuseum in Christchurch

1. Etappe: Christchurch-Darfield, 60 km

Nach 5 Stunden Schlaf in 2 Tagen und 12 h Zeitverschiebung schleppte ich ferngesteuert meine Taschen 30 Minuten durch die Stadt, bis ich den Radverleih erreichte. Die Jungs dort sind supernett und statteten das Rad nach meinen Wünschen aus. 2 Gepäckträger, Spezialsattel, Klickpedale...ein Cannondale- Rennrad mit Tourenreifen. Getestet wurde es auf den 5 Kilometern zum Einkaufszentrum. Futter kaufen, dazu auf Anraten des Verleihers ein Zelt und Isomatte, da momentan durch die Hochsaison wohl viele Unterkünfte ausgebucht sind.

Nach der Rückkehr hatte ich mich auch wieder an den Linksverkehr gewöhnt und nachdem ich maßlose 30 kg ans Rad befestigt hatte, konnte es losgehen. Warum habe ich nur immer so ein Wahnsinnsgepäck? Ich habe echt nur das Nötigste mit. Noch etwa 5x umpacken, dann war es auch ausbalanciert und rutschte nicht mehr. Nach wochenlanger Trockenheit war für heute ausgerechnet Regen angesagt, dazu Gegenwind aus Nordost, immer stärker werdend in den nächten Tagen. Muss das sein!Aber ich bin ja flexibel. Spontane Umplanung! Normal wollte ich gegen den Uhrzeigersinn zuerst an der Ostküste nach Norden fahren. Also schlug ich dem Wetter ein Schnippchen und fuhr zuerst ins Land nach Südwesten. Mit Rückenwind vor dem Regen flüchten funktonierte wunderbar. So rollte ich entspannt nach Darfield, nur 60 Kilometer, aber da ich erst mittags aufgebrochen war und auf den nächsten 40 km wohl keine Unterkunft sein sollte, beließ ich es dabei. Das Motel vor Ort war auch schon voll, eine Ortsrundfahrt ergab nur noch ein Hotel. Zwar billig, aber dafür auch eine Besenkammer und Sanitär auf dem Gang. Mit dem Essen wird es hier auch nicht leicht, es gibt so viele Tiere und obwohl sich alle Mühe geben, davon möglichst viele aufzuessen, werden trotzdem noch Massen platt gefahren, trotzdem gibt es mangels natürlicher Feinde Überpopulationen, z.B. an Kaninchen und Hirschen. Ich beließ es bei Wedges und Salat. Die Landschaft der Region Canterbury ist schnell erklärt. Weitläufige Farmen, Felder, Weiden mit Massen an Schafen und manchen Rindern. Alles flach und zu der Jahreszeit viel braun oder künstlich bewässert. Da heute viele wässerten, sehe ich das als gutes Omen, dass es in der Gegend auch trocken bleiben wird. Nun schnell alles online stellen und dann den Jetleg ausschlafen. Auf jeden Fall ist es hier teurer als in Deutschland, das Bier genauso gut, dafür ist die Esskultur very british. Nach Zelt und Isomatte brauchte ich auch noch einen Adapter für Elektrogeräte. Ohne Navi und Detailkarte wird dat nämlisch sonst nix. Den hatte ich leider in der Stadt vergessen zu kaufen, aber hier gab es einen...in der örtlichen Apotheke. Da wäre ich selbst nicht darauf gekommen, aber der Tipp vom Hotelier war gut. So wisst ihr nun, was hier so los und ich kann beruhigt meinen Gesundheitsschalf antreten. Hmmm, vermalledeite Technik. PC erkennt meinen Foto nicht mehr. Also gibt es erst einmal keine Bilder. Ich hasse Computer! Habe es aber dank Dropbox überlistet. Ätsch!

Stau in den Canterbury Plains
Stau in den Canterbury Plains

2. Etappe: Darfield-Geraldine, 130 km

Auch der zweite Tag fing trocken an und die meiste Zeit des Tages hatte ich wieder guten Wind. Frühstück gab es in einem Provinznest der Canterbury Plains, auf der Bordsteinkante futterte ich mmeine Mitbringsel aus Christchurch. Einziges Highlight des Ortes waren abgefahrene Briefkästen. Weiter ging es über riesige Felder mit Massen an Schafen, manchmal auch Rinder oder Hirsche. Ich hoffte die ganze Zeit, dass ich mich nicht irgendwann in die Büsche schlagen müsste, denn alles ist in den Canterbury Plains eingezäunt. Langsam ging es dann bergan und plötzlich öffnete sich das Tal vor mir. Dort der Rakaia River, in einer Schlucht. Die Abfahrt war ein Traum, dafür der steile Gegenanstieg die Hölle. Ich habe einfach viel zu viel Gepäck dabei und selbst zu viel auf den Rippen. Um Gewicht zu sparen, füllte ich nur 2 Liter Kraneberger (an einem Rastplatz in der Schlucht) nach. Dann ging es wieder relativ flach über eine Hochebene, mittendrin der Winterspotort Methven. Komisch, ich habe noch nie einen solchen Ort im flachen Gelände gesehen. Der nächste Berg liegt auch 15 km entfernt, aber das wird schon seinen Sinn haben, verstanden habe ich ihn aber nicht.

Nach dem Ort führte mich mein Navi das erste Mal auf Schotterstraßen. In Neuseeland sind nur die Hauptstraßen asphaltiert, der Rest besteht aus Unmengen von Schotterpisten. Spaß macht das nicht wirklich, aber es gibt welche, die führen komplett gerade übers Land, parallel zu den Stromleitungen, sind die kürzesten Wege, aber stinköde, da man 5 km geradeaus sieht, nur manchmal von Staubwolken der Autos getrübt. Beim Vorbeifahren ist der Radler dann auch ein Teil der Wolke. Ein Auto überholte mich dann auch, und der Fahrer machte wilde Gestiken hinter dem Lenkrad. Er zeigte mir, dass ich anhalten solle. Verwundert tat ich dies und er überreichte mir mein nagelneues Zelt, dass beim Geratter herunter gefallen war und ich es durch den Krach der Schottersteine nicht einmal mitbekommen hatte. Dankend nahm ich es entgegen, entfernte von einigen Sachen den Staub- und Regenschutz. So werden sie zwar schneller dreckig, dafür rutschen sie weniger. Immer wieder ging es aufs Geratter, bis ich die Nerven verlor und lieber wieder per Umweg auf die Straße auswich. Auch hoffte ich, dort Wasser tanken zu können, da meine 2 Liter aufgebraucht waren. Aber nix! So musste ich 30 km ohne auskommen, um dann ziemlich ausdedörrt bei „Grumpys Retreat“ anzukommen, einem kleinen Campingplatz. Dort wurde das neue Zelt eingeweiht. Es stand schnell und mal sehen, wie die Isomatte taugt. Ich war seit über 10 Jahren nicht mehr im Zelt, habe auch keine Lust dazu, aber mir blieb aus Wasser- und Kraftmangel nichts anderes übrig. Mal sehen, wie ich mich morgen fühle. Auf jeden Fall soll es nun doch „endlich“ regnen und das, wo ich in die Berge möchte. Also nichts Neues, seit 2012 sehe ich keine Bergpanoramen mehr.

Lake Tekapo
Lake Tekapo

3. Etappe: Geraldine-Lake Tekapo, 100 km

Was für ein Tag. Von Fastkapitulation bis Hochgefühlen, alles vorhanden. Aber von vorne: Die erste Nacht seit Jahrzehnten im Zelt war grausam. Nebenan 3 ältere Damen im Riesenzelt, 2 davon waren ewig wach, kein Wunder, denn die 3. schnarchte geschlagene 9 Stunden am Stück, zeltplatzweit zu hören. Beim Wachliegen fragte ich mich, warum Zelte keine Wände haben und wie ich das früher ausgehalten habe, bis mir auffiel, dass ich in den letzten 25 Jahren noch nie nüchtern im Zelt gelegen hatte und die neuen selbstaufblasenden Isomatten auch nicht gemütlicher sind, als die normalen in der Vergangenheit. Das nächste Bier gab es leider nur 7 Kilometer entfernt, also keine Option. So rollte ich 9 Stunden in der Hundehütte rum und dann kamen noch Halsschmerzen sowie Regen dazu. Bravo! Bei erster Helligkeit nix wie raus, den nassen Krempel einpacken (noch mehr Gewicht) und weg, denn die Tante grunzte immer noch vor sich hin. Nach 5 km kam ich dann in den hübschen Ortskern des Bauernstädtchens. Der Farmladen am Straßenrand war spitze, einheimische Produkte (nicht wie in Christchurch Äpfel made in USA) und Leckereien. Also Nahrung bunkern und vor der Tür an geschnitzten Tischen frühstücken. Lecker, nur wurde dabei aus dem leichten Niesel ausgewachsener Regen. Die nächsten 50 km ging es bis Fairlie durch den nassen Pudeldreck, aber immerhin wurde die Landschaft schöner. Einige Kilometer fuhr ich wieder Schotter, auf dem Pionierweg der Siedler. Tolle Gegend mit altem Lehmbrennofen und wilder Hügellandschaft. Heute war es freiwillig, denn ich wich damit einer Straße aus, an der Millionen von Schafen weideten. Nachdem ich gestern schon durch flächendeckende Kuhpfladen gefahren war (die ganze Straße war komplette Breite voll damit), die noch am Rad klebten, kamen heute Schafsknödel dazu, da ich wieder mitten in einer Herde eingeschlossen war. Wie gestern trieben Bauern riesige Herden von Weide zu Weide über die Straße und 1000 Schafe kümmern sich nicht um einen einzelnen Radfahrer.

Zurück auf der Straße folgte ein kleiner Pass und nach 60 km kam ich mit völligem Pudding in den Beinen nach Fairlie. Zum Quartier suchen noch viel zu früh, also versuchte ich bis an den Fuß des ersten großen Passes zu fahren und dort nach Unterkunft zu suchen. Plötzlich hörte der Regen auf und mit dem Hitzestau der abgelegten Regenkleidung vergingen auch die Puddingbeine. Überraschend war der größte Teil des Passes ganz flach und bis zum besagten Örtchen „Burkes Pass“ ging es mir immer besser. Dort dann ein spezielles Geschäft. Mischung aus Antiquitäten, Nippes, Museum und Cafebude. Ich bestellte mir einen selbigen, um den Rest des Passes, mangels Unterkünfte vor Ort, doch noch mit Coffeinpower anzugehen. Also noch an dem schönen Ort verweilen, trinken, sattsehen und satt futtern....Gewicht vernichten vor dem steilen Passstück. Plötzlich kam das Mistwetter hinter mir den Berg hinauf. Schnell die Mahlzeit abbrechen, aufsatteln und mit Superbeinen den Pass erklimmen. Oben dann Glücksgefühle und schöne Aussichten (bis auf die Berggipfel, die waren alle in Wolken). Naja, beim Hinflug sah ich aus dem Flieger nur die Gipfel, darunter alles in Wolken, jetzt ist es umgekehrt. Wann ich wohl meinen ersten kompletten Berg sehen werde?

Beim Gipfelglück vergaß ich fast wieder die schwarze Wand hinter mir, die jetzt noch mit starkem Wind beschleunigt wurde. Da ich diesen aber auch von hinten hatte, wurde es ein spannender Wettlauf, vor allem, weil ich ihn am Ende dann von der Seite hatte. Aber diesmal habe ich gewonnen! Das Wettrennen, eine tolle Unterkunft und einen traumhaften See. Der Lake Tekapo schimmert bläulich trübe, dazu die Berge und die Wolken. Es entstanden viele Fotos (wie immer ohne Bergipfel). Die Wolken drängten mit Macht in Richtung See, aber komischerweise blieben sie am anderen Ufer hängen. Dort Regen und auf meiner Seite Sonne. Ein unglaublicher Tag, Morgens pfui, mittags hui. So, nun schnell schlafen und die Erkältung pflegen. Die Halsschmerzen (3 Tage Klimaanlagen beim Reisen und überall kranke Nebenmenschen sei Dank) wurden bei einem sauleckeren (aber auch sauteuren) Chinesen mit scharfem Tofu bekämpft, von dem ich geschätzt ein halbes Kiol auf dem Teller hatte. Morgen gehr es zu weiteren Seen und dabei meist bergab, das fällt der Tofu nicht so ins Gewicht.

Lake Benmore
Lake Benmore

4. Etappe: Lake Tekapo-Lake Benmore, 95 km

Heute ein gemütlicher Tag. Langsam machen wegen der Erkältung, wenig Steigung und meist wieder guter Wind. Hier im Hochland gibt es 3 große Seen. Lake Tekapo, Lake Pukaki und Lake Ohau. Alle entstanden durch Gletscher und werden noch von solchen gespeist. Der Mensch verband sie dann mit Kanälen und erbaute Wasserkraftwerke an deren Ausläufen. An einem solchen Kanal startete ich am Morgen. Das Wasser der Seen ist durch Sedimente bläulich trüb, sehr hübsch. Mal ging es einsame Straßen entlang, mal etwas Schotter. Dann kam ich das erste Mal an eine Absperrung des DOC (Department of Conservation). Das ist eine staatliche Organisation, zuständig für Naturschutz, Anlegen von Rad- und Wanderwegen, Feuerbekämpfung, Wild- und Forstpflege und Eintreibung der Gebühren und was weiß ich noch alles. An den Pollern stellte ich fest, warum die meisten Radreiseanbieter Gepäcktransporte organisieren. Mit Gepäck kommst du da nicht durch. Mit Schräglegen des Rades bekam ich es aber unter einem Bügel durch. Ätsch! Dann ein Stück Straße bis zum ebenfalls schönen Lake Pukaki. Dort wieder ein Radweg, entlang am Ufer. Am Staudamm weiter in ein wildes Tal, wieder auf Radwegen. Wohl der Berühmteste in Neuseeland, der Alps 2 Ocean. Leider mit europäischen Radwegen nicht vergleichbar. Hier sind einfach nur Hauptstraßen asphaltiert, Nebenstraßen und Radwege bestehen aus Schotter, teils recht grob und manchmal auch tief. Für Mountainbikes gut, aber nicht für ein Reiserad mit zu viel Gepäck. Dann ließ ich mich blöderweise auf die Spuren des Herrn Tolkien ein und fuhr einen DOC-Radweg über die Mackenzie Hochebene. Dort rannten schon Hobbits, Orks und Zwerge durchs hohe Tussock-Gras und die Endschlacht beim Herr der Ringe fand hier statt. Da standen den Heeren auch nix im Weg. 50 Kilometer ein Traum vom Nichts. Mein Weg ging dort zum Glück nur 10 km entlang, denn was noch schlimmer als Schotter ist, sind die Reste von Tussockgrasbüscheln. Am Eingang wieder ein zu enges Tor, wenn ich das nächste Mal stecken bleibe, verstehe ich den Wink mit dem Zaunpfahl: Für Räder mit Gepäck nicht geeignet, verstehe es endlich, du Sturkopf.

Gut durchgeschüttelt beschloss ich den Rest des Tages nur noch auf der Straße zu fahren. Weiter ging es vorbei an Seen und Flüssen und dann geschah es: Ich sah meinen ersten Gipfel. Zwar nicht den höchsten Berg Neuseelands, der Mt. Cook, schneebedeckt und 3754 m hoch, sondern nur einen ca. 1500 m Hohen. Vor dem Berg dann noch ein schöner Campingplatz (mit meiner eignen Toilette und Dusche!), da blieb ich gleich und genoss den ganzen Abend See und Berg. Da ich dem Regen gut ausgewichen war, blieb ich den ganzen Tag trocken und als ich vom zugigen Hochland runter war, kam auch das Thermometer wieder über 20 °C. Obwohl ich bisher meist nur Wolken oder Regen hatte, leuchtet meine Nase im Dunkeln. Trotz Sonnenschutz. Das Ozonloch lässt Grüßen. Wenn sie mal scheint, brennt sie mehr, als in der arabischen Wüste. Meine arme Nase! Vom vielen Cremen mit Sonnenschutz, After Sun und Soventol, meinte sie: Zuviel Fett und revanchierte sich noch mit Pickeln. Nochmal Aua!

Mal schauen, wann ich diese Worte ins Netz bringe, denn seit 2 Tagen sind die Unterkünfte Strahlen- und WLANfrei, dazu auch seit 2 Tagen kein Mobilfunk mehr, E-Plus kennen die Mackenzies nicht, die haben ein Vodafonemonopol, was meine SIM wiederum nicht mag. So, jetzt wieder ab auf den harten Zeltboden, 7 h am Stück, wie letzte Nacht in der genialen Herberge, werde ich wohl nicht hinbekommen.

Elephant Rocks
Elephant Rocks

5. Etappe: Lake Benmore-Oamaru, 100 km

Ein Traumtag! Zwar war die Nacht furchtbar, mehrfach Schauer und einfach sauhart so ein Campingplatzboden. Immerhin hielt mein 25 € Zelt dicht, hätte ich nicht gedacht. Morgens dann bedeckt, warm und bis ich losfuhr, wurde es richtig sonnig. Ich sah Berggipfel, die sich im See spiegelten, traumhafte Straßen mit wenig Verkehr, immer entlang des Waitaki River und seinen Stauseen. Einfach Sattsehen, dazu Rückenwind und meist bergab. Dann folgte ich einer Themenstraße. Es wurde hügeliger, dafür noch interessanter. Zuerst Maori Felsmalereien, dann Schluchten aus fossilem Gestein und bizarren Kalksteinfelsen, den Elephant Rocks. Dabei traf ich auf eine abgefahrene Kuhherde. Normal beachten sie mich nicht oder heben kurz beim Grasen den Kopf, mal ein müdes Muh, aber sonst nix. Auf dieser Strecke der Hammer: Ich komme den Berg hoch, auf einmal wildes Gemuhe und alle rannten zu mir. Nach einer Minute standen etwa 100 Kühe in wilder Aufregung am Zaun. Was war denn mit denen los? Nur neugierig oder sah ich dem Bauern ähnlich oder wollten sie einen Blöden sehen, der sich den Berg hochkämpft? Ich fühlte mich wie ein Star. Alle drängelten und stiegen übereinander, um mich besser zu sehen. Ich ließ mich 5 Minuten feiern, dann ging es weiter durch die tolle Landschaft bis Oamaru. Eine schöne Kleinstadt mit viktorianischer Altstadt, einer schönen, aber teuren Jugendherberge und einer Pinguinkolonie. Die wollte ich mir unbedingt anschauen. Sie kommen bei Dämmerung aus dem Meer und das wird zu Geld gemacht. Hier wollte das DOC 30 € für 5 Minuten Spektakel haben, das sah ich nicht ein. Es gab noch einen Umsonstgeheimtipp, aber dort ließ sich kein Pinguin blicken. Wahrscheinlich machen die 50:50 mit dem DOC. Die Mitarbeiter 15 € und die Tiere 15 Fische. Abzocker!

So wollte ich mein Geld in Bier umsetzen, aber im Örtchen waren schon die Bürgersteige hochgeklappt. Also ab ins Bett, der Erkältung tat es gut. Ein toller Tag, aber ein blöder Abend, zumal nach einem Schauer meine halbtrockene Wäsche wieder nass war.

Moeraki Boulders
Moeraki Boulders

6. Etappe: Oamaru-Waitati, 110 km

Mit der trockenen Ersatzgarnitur ging es bei schön warmem Wetter weiter. Nach Frühstück im botanischen Garten fuhr ich nach San Francisco. Jedenfalls ging es am Ortsausgang von Oamaru genauso hoch und sah gleich aus. Dann immer die Qual der Wahl. Der befahrene Highway mit sanften Steigungen oder ruhige Nebenstraßen mit barbarischen Anstiegen. Ich mischte, erfreute mich auf den schönen Seitenwegen der tollen Landschaft, die gab es auf dem Highway nicht, bis alles schmerzte an den Anstiegen und ich wild fluchte. Schön waren auf dem Weg die Moeraki Boulders, kugelrunde Steinkolosse am Strand und im Meer, die gibt es weltweit nur hier. Dann lernte ich, dass ich kein drittes Mal eine Straße fahre, die im Wort ein Gorge (Schlucht) hat. Die sind unwahrscheinlich schön, aber auch einfach zu steil.

Dann der Knaller. In einem Ort mit W und dahinter 10 Buchstaben in Maorisprache (Waikouaiti weiß Google Maps), ging ich in eine Bäckerei, um mir für den nächsten Anstieg mit Stachelbeertörtchen Kraft zu verschaffen und zu fragen, wo die nächste öffentliche Toilette sei. Wild pullern ist hier verpönt, in jedem Dorf gibt es eine solide Öffentliche. Nur liegen die oft 50 km auseinander, mit dem Auto kein Problem, aber mit dem Rad werden auch öfters mal Blümchen gegossen. Viel wichtiger, dort gibt es Wasser. Das Leitungswasser ist hier überall trinkbar und da es auf den Friedhöfen keine Wasserhähne gibt, nehme ich dort das günstige Kraneberger mit. Auf jeden Fall blinkten draußen schon wilde Lichter und als ich reinging, wurde ich von einer säuselnden Männerstimme begrüßt, angeleitet die Tür zu verriegeln und dann fing ich an zu Lachen. Es kam die Ansage: Maximal 10 Minuten Dauer und danach begann Fahrstuhlmusik. Beim Flaschen füllen musste ich auch genau einen Laser treffen, damit das Wasser lief, einmal den Ellbogen zu weit links in einen 2. Sensor und zack, die Seife auf dem Arm. Dabei immer die Frage: Was passiert nach 10 Minuten? Tür auf und alle schauen rein oder aus der Wand kommt eine Hand und schubst dich von der Schüssel oder Selbstsprengung? Ich wollte es nicht ausprobieren, fuhr weiter und wurde skeptisch, als mein Navi auf eine Nebenstraße mit großem Berg abbiegen wollte. Aber dort sollte auch eine Bahnstrecke parallel laufen, also konnte es nicht schlimm sein. Aber getäuscht. Die Straße kreuzte immer wieder die Bahn und ging dabei sacksteil hoch und runter. Dann endlich wieder auf dem Highway, sanfte Hügel und noch 25 km bis Dunedin. Mein Navi wollte wieder über einen Riesenberg, ich sagte nein, denn ich hatte „nur“ an der Küste heute schon 1200 Höhenmeter gesammelt, mehr als an den Tagen in den Bergen. Dann hatte ich den ganzen Nachmittag schon Schauer ausmanövriert, durch Abbiegen, übern Berg flüchten oder trödeln, bis er vor mir vorbei zog. Bei dem steilen Schlussanstieg hätte mich die schwarze Wand hinter mir eingeholt. Also weiter über den Highway. Plötzlich ein Schild, dass ich hier noch nicht sah. Für Radfahrer gesperrt. In der Falle! Geradeaus darf nicht, Berg links will nicht, hinten Regenwand, will mich. Rechts ein Schotterweg und ein Schild B&B. Bed and Breakfast. Ich rein und gefragt. Zwar teuer, aber zu schön. In einem Landhaus bei lieben Rentnern, einem Hund und 3 Katzen. Dazu 2 Iren, ein Engländer und eine Chinesin als Gäste. Duschen, Wäsche in der Maschine waschen, im Trockner (auch alles von gestern) trocknen, weiche Sessel, umsonst WLAN. Perfekt! Leider schaute ich mir auch die Wettervorhersage an. 4 Tage Horrorwetter. Temperatursturz auf max.15°C, Schauerwetter und Wind in Sturmstärke...von vorne! Unfahrbar. Nun muss ich schauen. Ich teste morgen bis Dunedin und eventuell muss ich den tiefen Süden auslassen und mich wieder in die Berge flüchten. Was habe ich nur den Wettergöttern angetan? Alle freuen sich hier nach Monaten Trockenheit über Regen, aber nicht die Touristen. Auf jeden Fall muss ich schauen, dass ich feste Unterkünfte bekomme, denn Sturm hält mein Billigzelt sicher nicht aus.

Historischer Bahnhof von Dunedin
Historischer Bahnhof von Dunedin

7. Etappe: Waitati-Milton, 85 km

Was ein harter Tag. Gefühlt bin ich den ganzen Tag bergauf gefahren. Ok, es waren auch 1400 Höhenmeter bergauf, aber viel schlimmer der Gegenwind.

Aber von vorne. Ich hatte eine Supernacht im riesigen Doppelbett und blendete auch ganz schnell die Regenmassen aus, die aufs Dach prasselten. Morgens ein herrliches Frühstück, gezaubert von Geoff und Faye, so hießen die beiden lieben Rentner. Ich saß noch die morgendlichen Schauer aus und bastelte dabei mit Geoff an der besten Strecke über den großen Berg nach Dunedin. Als die Sonne schien, ging es bei kühlen 9°C los. 200 m weit, dann lag ich auf der Nase. Pfützen ausgewichen und in den tiefen Schotter gekommen. Ich reagierte gut, hatte nur eine Hand im Dreck, aber meine Sachen sahen etwas matschig aus. Danach wurde die Straße asphaltiert und los ging es zum Frühstücksberg, der 400 m hohe Mount Cargill. Nach 5 Minuten Anstieg kam auch schon der nächste Schauer. Aber nur ein Kleiner und unglaublicherweise blieb es dann den Rest des Tages trocken. Ich hatte großen Respekt vor dem Teil, aber er erwies sich als total fair. Es war nicht zu steil, richtiger Urwald an den Seiten und oben tolle Aussichten auf die Bucht von Dunedin. Der Berg schirmte auch gut den heftigen Wind ab. Auf der Abfahrt bekam ich ihn zu spüren. Ich musste schwer aufpassen, dass er mich nicht vom Rad pustete. In Dunedin dann eine Attraktion. Die Baldwin Street, mit 35 % die steilste der Welt. Zum Glück musste ich die nicht hoch, aber alle andere Straßen raus aus der Stadt waren auch nicht flach. So hatte ich nach 30 Kilometern schon wieder 800 hm. Dann ging es an die Küste. Wenig Hügel, dafür aber höllischer Gegenwind. Ich „zauberte“ am ganzen Tag einen wahnsinnigen Schnitt von 13 kmh auf die Straße und das, trotz vollem Einsatz.

Eigentlich wollte ich in die Berge flüchten, aber ich fand in Dunedin die Abfahrt nicht. Also weiter bis Milton, dort die nächste Möglichkeit. Eine schöne wilde Küste, bis auf den Wind alles gut. Dann ein Flussdelta, genannt Taieri Mouth. Gegenüber sah ich eine Baldwin Street und ahnte, dass ich dort hoch muss. Was ich nicht wusste, das Sauding ging auf 400 Höhenmeter hoch. Eine Wand. Ich musste kapitulieren und die steilsten Stücke schieben, sonst wären meine Knie gestorben. Warum bauen die hier nicht einfach Serpentinen? Nein, die Straße immer voll den Berg rauf. Jetzt weiß ich auch, warum es hier keine kleinen Mietautos gibt, die würden das vom Motor gar nicht schaffen. Witzigerweise war das heute die einzige Strecke, auf der ich Rückenwind hatte. Bringt beim Schieben echt viel. So ein Schrott. Nach endloser Zeit war ich oben und dann wieder bei Starkwind das krasse Teil runter. Unten wartete der Highway mit Feierabendverkehr und weiteren Hügeln, bis Milton. Zum Glück fand ich dort schnell ein preiswertes Bett, diesmal im Backpacker Hostel, bei einem witzigen Schweizer namens Toni. Im Zimmer habe ich unter anderem auch eine Radreisende, die 8 Monate durch die Welt radelt und unglaubliche 7 kg Gepäck hat. Was mache ich falsch oder auch richtig? Sie hat keine Regenkleidung, muss jeden Tag schon das Bett im Voraus buchen und danach ihre Reise planen, weil sie kein Zelt hat. Aber ich schaue jeden Tag kritischer meinen dicken Reiseführer an. Der ist so schwer und hätte er nicht 25 € gekostet, wäre er schon weggeflogen. Nun, morgen neues Glück. Wetter und Wind checken und dann entscheiden, wohin die Reise führt. Auch bin ich wieder im Vodafonemonopolland, mal schauen, wann ich wieder Online sein kann.

Mein Lieblinsplatz am Clutha River
Mein Lieblinsplatz am Clutha River

8. Etappe: Milton-Roxburgh, 100km

Am Morgen Horrorwetter. Regenmassen und starker Wind. Weiter im Süden war Sturm angesagt. Der Gedanke bei max. 12 °C den ganzen Tag bei Starkregen gegen den Sturm anzukämpfen, ließ mich meine Tour ein weiteres Mal umplanen. Der Süden sieht wohl aus wie in Schottland und das südwestliche Fjordland wie Norwegen. Also wenn ich das sehen will, kann ich in Europa nochmal eine Tour starten. Warum wollte ich da nur hin? In Europa fahre ich auch nicht in Länder, in denen es im Sommer kühl ist und Unmengen von Mücken gibt. Warum dann hier? Also abbiegen und bei Seitenwind die Sonne in nördlicheren Gefilden suchen. Während ich mich grummlig regen- und startklar machte, saß die Engländerin Kathrin noch im beheizten Wohnzimmer bei Toni. Ihr war es zu nass und zu kalt. Ok, da haben sich einige Kilos meiner Ausrüstung wieder gelohnt. Ich hatte zwar auch keine Lust, aber sie sagte, sei positiv, vielleicht wird es der schönste Tag deiner Reise. Ich lachte, verabschiedete mich und fuhr bei Pudelwetter los. Dann bog ich auf die Straße gen Norden ab und....es regnete weniger, hörte kurz danach sogar auf. Dafür wurde der Wind immer stärker, sogar stürmisch. Auf gerader Strecke manchmal maximal 10 kmh! Dann ein plötzlicher Graupelschauer auf offener Strecke. So schnell, ich konnte nicht mal mehr Regensachen überziehen. Nur noch Rad zur Seite legen, in die Hocke gehen und ducken. Das sollte mein schönster Tag werden?

Ja! Ich diskutierte am Vorabend mit Kathrin meine weitere Strecke, ich sagte ihr, ich wolle nach Alexandra umleiten und sie sagte, das wäre eine gute Entscheidung. Den Abzweig in die Berge bei Dunedin hatte ich nicht gefunden, sie meinte zum Glück, denn das wäre ein furchtbar steiles auf und ab. Sie fand meine Wahl prima und empfahl mir auf der Strecke den Clutha Gold Trail. Bei Trial bin ich immer skeptisch, aber sie meinte, das wäre gut fahrbar, ganz feiner Schotter. Ich war erst skeptisch, nahm parallel die Straße und ging dann auf den Trail, um einen Berg zu sparen, denn der Trail führte durch einen ehemaligen Eisenbahntunnel. Vor dem Tunnel war die Landschaft schon schön, das Teil selbst ein Abenteuer, weil unbeleutet und dann der Hammer. Ab Lawrence, einer alten Goldgräberstadt, über 40 km entlang des Clutha River. Was eine Hammerlandschaft. Ein reißender, grün schimmernder Fluss, umsäumt von steilen Bergen und der Trail immer in Flussnähe, ohne große Steigungen. Der Clou: Die steilen Berge schirmten auch den Sturm und Schauer weitgehend ab und ich konnte genießen. So eine schöne Strecke bin ich noch nie gefahren. Kein Auto zu hören, keine Dörfer, nur das Rauschen des Wassers, tolle Natur und viele Tiere. Viele Vogelarten, Hasen und Schafe, die mit mir um die Wette liefen. Dazu manövrierte ich noch etwa 10 Schauer durch angasen oder geschicktes Trödeln aus und brauchte meine Regensachen bis Roxburgh nicht mehr. Dort hatte ich dann trotz des krassen Windes die 100 km geschafft, fand mit der Villa Rose eine schöne und preiswerte Gemeinschaftsunterkunft und war glücklich. Kathrin meinte auch, das wäre alles flach. Ich bemerkte auch nur 2 Hügel und hatte am Abend doch über 1000 hm gemacht. Aber eben keine Hammersteigungen, also das Wort flach ist hier dehnbar. Morgen weiter auf Trails und Straßen in die Berge, am Freitag will ich in Queenstown sein. Da ist Nationalfeiertag und dort soll die Hölle los sein. Einziges Problem könnte die Unterkunft sein, da ist sicher viel belegt und bei der Kälte mag ich nicht im Zelt schlafen.

Altstadt vom Cromwell
Altstadt vom Cromwell

9. Etappe: Roxburgh-Cromwell, 80 km

Was ein Horrortag! Morgens waren es draußen um die 5°C, in der Villa Rose keine Heizung an und viele Fenster gekippt. Waschen fiel damit aus, Frühstück in kompletter Radkleidung mit Windjacke und trotzdem fror es mich. Vor allem, weil eine der Mitbewohnerinnen barfuß rumlief. Die Kiwis haben sowieso ein anderes Temperaturempfinden. Ich fahre komplett in Lang, mit Windjacke und Halstuch, die kommen mir mit kurzen Sachen entgegen oder laufen abends mal auf Socken beim China-Takeaway ein. Immerhin fand ich in Roxburgh noch eine Schneiderin, die meinen Schuh-Regenüberzieher nähen konnte, denn der löste sich auf, was bei der Vorhersage nicht vorteilhaft gewesen wäre. Die war supernett, plauderte mit mir wie ein Wasserfall, ich dachte schon, es wäre umsonst, aber als ich höflich fragte, meinte sie 5 $. Für 2 Minuten Arbeit! Ich sag doch, hier ist alles teuer.

Also nix wie weg. Noch schöne 10 km auf dem Clutha Gold Trail bei kaum Wind, dann war er leider zu Ende und ich hinauf zum Staudamm, auf dem mich eine blinde deutsche Auswandererin ansprach. Nur nach meinem „Hello“, meinte sie, ich wäre doch Deutscher. Faszinierend. Überhaupt sind die Leute hier unheimlich offen. Oft werde ich mal auf der Straße angesprochen, nach meinem woher und wohin und warum bei dem Wetter.

Dann wurde es hart. 20 km fast nur bergauf, dazu der eklig kalte Wind, natürlich nicht von hinten. Auf der Passhöhe war ich den Tränen nah. Der ganze Körper schmerzte. Die Muskeln wurden nie richtig warm und die Lunge brannte von der kalten Luft. Also ein paar Sonnenstrahlen genutzt, was lustlos gefuttert und dann runter vom Berg nach Alexandra, einer alten Goldgräberstadt. Dort endlich wärmer, in einem Cafe freiwillig ein Heißgetränk und aus Magel an vegetarischem Hauptessen, ein sauleckeres Teil. In Kokos gehüllte Teigdreiecke, gefüllt mit Sahne. Yam! Gestärkt ging es weiter, ein kurzes Stück wieder auf einer alten Bahntrasse, fast eben und sonnig. Dann Ende der Bahn, weil Staudamm. Dahinter die Bahnstrecke im Stausee geflutet, also auf die befahrene Straße. Ich freute mich wieder an meinem Clutha River zu sein, der durch eine Schlucht nördlich nach Cromwell floß. Bei angesagtem Südwind wollte ich mich durchpusten lassen. Das tat der Wind auch, aber von vorne! Ich verstand die Welt nicht mehr. Fuhr ich nach Norden, voll von vorne, bog er nach Westen ab, das Gleiche. Hä? Bei fast ebener Stecke oft nur 10 kmh, es zog sich ewig, bis ich in einer weiteren Goldgräberstadt, nämlich Cromwell ankam. Die Schlucht öffnete sich und dann? Wind weg! Ja bin ich denn bekloppt? Ich verstand gar nichts mehr. Schnell suchte ich mir was für die Nacht, bevor der nächste Schauer kam. Das war das Einzige, was mir heute wieder gelang. Alle Schauer ausmanövriert! Teils hatte ich schon meine Regensachen an und dachte, gleich geht es rund, aber oft blieben sie an den Bergkuppen hängen. Landschaftlich war das auch sehr karg heute, so wie mein Chalet auf einem Campingplatz. Bei der Kälte und Wind hatte ich keine Lust auf Zelt. Abends ging ich dann in die Altstadt, Wildwest lässt grüßen, besser als in jedem Film. Leider hatte der Italiener vor Ort schon dicht, also blieb ein cooler Pub. Sehr schön, aber mal wieder für Vegetarier nur Pommes und Salat. Ist kein Asiate vor Ort, ist das für mich die einzige Nahrungsquelle in Lokalen. Da sie so viele Viecher haben, essen sie auch genauso viele. Irgendwann ging ich dann flüchten, denn es begann Karaoke und draußen durfte ich dann durch einen Schauer zurück laufen. Scheißwetter! Morgen noch überstehen, dann soll es für 2 Tage besser werden. Ein Lichtblick!

Schön wacklige Hängebrücke
Schön wacklige Hängebrücke

10. Etappe: Cromwell-Queenstown, 100 km

Kumpel Sven hatte es bei unserem letzten Treffen gesagt: Queenstown kannst du dir sparen. Hätte ich nur gehört. Obwohl, überall in der Gegend ist es genauso voll mit Menschen. Ist eben Nationalfeiertag, dazu Hochsaison und verlängertes Wochenende. In Cromwell war es so schön ruhig. Also am Morgen noch schnell Futter und mein Lieblingsdrink kaufen (Wave Eiskaffee mit ganzen 0,3 % Kaffee, lecker!) und los. Es ging in die Schlucht des Kawarau River. Ich befürchtete wieder vollen Gegenwind, aber die Berge waren so steil, sie hielten den Wind komplett ab. So war es eine schöne Fahrt, leicht wellig, vorbei an alten Goldgräbersiedlungen. Nur einmal wurde die Ruhe zerrissen, als ein Jetboot durch den Canyon donnerte. Wer brauch das?

Leider wurde nach 30 km die Gegend wieder offener und da war er wieder, mein gehasster Gegenwind. Also wich ich auf den besser geschützen Queenstown Trail aus und begab mich auf die Spur des Herrn der Ringe. Auf dem Track und im Goldgräber-Museumsstädtchen Arrowtown schaute ich mir Drehorte an und fühlte mich wie im Film. Eigentlich ein schöner Tag, der angesagte Regen blieb fast komplett aus, nur waren es am Morgen 8°C und am Tag wurden es im Schatten nur 12 °C. Die Schneefallgrenze lag bei 800 m in der Nacht, sodass wenigstens die Berge schön weiß waren. Auf dem Track auch manche Mutprobe. Heftige Steigungen und Gefälle, das mit Gepäck und auf Schotter, dazu Hängebrücken über Schluchten, die wackelten ganz schön bei dem Wind. Apropos Gepäck, am Morgen hatte ich mich von einigem Unrat und meinem Reiseführer getrennt. Die interessanten Seiten rausgerissen, den Rest entsorgt. Schon war alles leichter. Könnte auch daran liegen, dass ich gestern eine Gutenachtibuprofen nahm. Am Morgen wa ren alle Wehwehchen weg und ich konnte voll angreifen. Im Fahrradwegwirrwarr bei Frankton verlor ich das erste Mal den Faden und verfuhr mich um 2 km, folgend waren mehrere Passagen gesperrt und ich musste Umwege fahren. Am Ufer des Wakatipu Lake dann wieder voller Wind. Ich schleppte mich ins Ziel nach Queenstown und war überrascht an solchen Menschenmassen. So viele hatte ich in den letzten 10 Tagen zusammen nicht gesehen. Ich war sehr spät und suchte fast 2 Stunden nach einer Unterkunft. Am Ende stand zur Auswahl: Nobelunterkünfte ab 300 $ oder campen für 25 $. Da fiel die Wahl nicht schwer. Momentan sitze ich in einer schönen Bar, habe gut gegessen (endlich mal was anderes, lecker Nachos) und trinke mir Mut für die kalte Nacht im Zelt an. Zum Glück habe ich die deutschen Winterzwiebelschichten dabei und auch eine Mütze, die von der Rad-, heute zur Schlafmütze wird. Morgen soll es endlich wärmer werden, dafür warten 2 Tage mit vielen Höhenmetern. Obwohl, heute waren es auch schon wieder 1350. Bei meiner Tourplanung dachte ich, die 25000 Höhenmeter wären ein Programmfehler, inzwischen denke ich darüber anders. Was ich immer noch nicht verstehen kann, bei den Temperaturen laufen viele hier in kurzen Sachen und Sandalen rum. Haben die nix dabei im Sommerurlaub, haben sie ein anderes Empfinden oder bin ich eine Frostbeule?

Crown Range Pass, 1076 hm
Crown Range Pass, 1076 hm

11. Etappe: Queenstown-Lake Hawea, 95 km

Ich friere nicht, juhu! Das sah heute Morgen noch ganz anders aus. Die Nacht war kalt, natürlich hatte ich den lautesten Zeltplatzschnarcher in Nebenzelt und immer wieder kamen laute Nachtschwärmer zurück. Alles war gut eingepackt, nur meine Schlafhose war zu dünn. Jeans musste nicht sein, ich wickelte mir mein Handtuch um und so schlief ich einigermaßen. Beim Aufstehen lernte ich meine Zeltnachbarinnen aus Deutschland kennen. Sie kamen abends erst spät an, aus den Fjordlands. Sie waren total fertig, erkältet und alles nass. Gut, dass ich das ausgelassen habe. Schnell umziehen, frühstücken und dann los. Schlechtes Frühstück (mangels Masse auf Vorrat), ein harter Vortag, zu wenig Schlaf und 8°C zehrten an mir. Etwas schlapp fuhr ich 20 km zurück nach Arrowtown. Nicht die Tracks von gestern, sondern durch einen ruhigen Canyon auf Straße. Leider wurde manchmal die Ruhe durch Jetboote gestört, die waghalsig durch den schönen Shotover River donnerten. Dann schlug mein Navi einen Wanderweg vor. Die Straße wäre 15 km Umweg und auch steil gewesen, also hoch. Wie gesagt, die Neuseeländer nennen Fahrräder Pushbikes, ich weiß seit heute wirklich warum. Die Hälfte der Strecke musste ich schieben. Dann was Neues: Ich begann zu schwitzen. Es wurde immer wärmer, dann kam ich auf ein fahrbares Hochplateau mit Ausblick auf Mittelerde und genoss, denn ich hatte heute mal keinen Wind. Der Wanderweg endete auf einer Straße und von anderen Radlern erfuhr ich, dass es ein Hammerpass sei, mit 35-40% Steigung. Das konnte ich nicht glauben, hatte ich doch gelernt, dass in Dunedin die steilste Straße der Welt mit 35 % ist und das wären viele der Campavans (hier übliche kleine Lieferwagen, als Camper umgebaut) gar nicht hoch gekommen. Also nach korfiotischen Erfahrungen waren es oft um die 15 %, ohne Gepäck ja, mit wieder öfters Pushbike. Es ging immer höher, erst bei 1076 hm war Schluss. Am Gipfel ein Schild. Ich hatte aus Versehen den höchsten und steilsten asphaltierten Pass Neuseelands erklommen. Na dann darf man wohl auch mal Schieben. Vor allem, ich schob mit 3 kmh und die Rennradfahrer überholten mich mit 5 kmh auf Carbonrädern ohne 1 Gramm Gepäck. Danach eine herrliche Abfahrt ins Cardrona Tal (auch Herr der Ringe Drehorte) mit Rückenwind. Endlich! Das hatte ich mir auch verdient. Jubelnd ging es zu Tale. Doch was war das? Mitten auf der Abfahrt von einer auf die anderen Sekunde Gegenwind. Wie geht denn das? Grausam, aber wahr. Eigentlich wollte ich nach Wanaka, aber viele meinten, das wäre noch bekloppter touristisch als Queenstown, also ließ ich es 2 km links liegen und fuhr weiter ins ruhige Lake Hawea. Die letzten 10 km wieder über einen Trail, entland des Hawea River. Der gleichnamige Ort, auch an einem See gelegen, viel ruhiger. Gestern ca. 200 Camper auf dem Platz, heute 5. Dazugehörig ein Lokal mit genialem Essen. Ich hatte gerade ein sauleckeres burmesisches Curry (es sieht hier zwar niemand burmesisch aus), die Feiertagstrinker wurden vorhin sturztrunken in einen Bus verfrachtet, jetzt wird es ruhig, mit herrlichem Sonnenuntergang über dem See. Das ist doch eine Belohnung nach einem solchen Tag. Von 300 auf fast 1100 hm und von 8°C auf 32°C. Das ist meine Welt!

Lake Hawea, mein Lieblingssee
Lake Hawea, mein Lieblingssee

12. Etappe: Lake Hawea-Haast, 130 km

Heute war wieder mein Wetter und Unkaputtbartag. Nach einer milden Zeltnacht hatte ich ein großes Frühstück bei Sonnenaufgang vor dem Zelt. Im Moment der Renner.:Afghan Biscuits. Vollkornkekse mit Cornflakes und dunkler Schoki. Die gaben mir Kraft für die heutige Tour. Nix mehr Matschebeine wie gestern. Es ging entlang des schönes Sees, ganz windstill, kein Mensch und Ansiedlung weit und breit, dazu schönes Bergpanorama. Bisher mein Lieblingssee. Dann ein kurzer Anstieg und nur 2 km „nebenan“ der Lake Wanaka, größer, aber aus meiner Sicht nicht so schön. Vor allem: Von Weitem konnte ich schon sehen, dass der ruhige See ab der Mitte wellig wurde. Ich kapiere hier das Wetter nicht. Angesagt war leichter Südwind, so zogen auch die Wolken und ab der Mitte des Sees volle Windstärke aus Nord und 3x dürft ihr raten, in welche Richtung ich wollte. Ich kämpfte aber nur etwa 10 km, dann fing dichter Wald an. Üppiger Wald, mit mir völlig unbekannten Bäumen und vielen Farnen. Mir wurde ja der Tipp gegeben, ich solle vor dem Haast Pass campen und dann am frühen Morgen den Pass bezwingen. Ich war aber schon um 13 Uhr an dem Campingplatz, es waren mir zu viele Menschen, dazu sollte es die Nacht stark regnen, ich war fit und es war früh. Auch war am Sonntag wenig Verkehr, so ging ich es an. Da ich von Kathrin in Milton erfahren hatte, dass meine Seite sehr leicht wäre, hatte ich guten Mut. Vom Pass war auch nur der letzte Kilometer steiler, das war gut fahrbar und er hatte auch nur etwa 500 Höhenmeter. Diesmal hatte ich auf der Abfahrt Pushbike, denn die Seite ging richtig steil runter und mein Gepäck schob ohne Ende. Ich wollte an manchen Aussichtspunkten anhalten, aber das ging nicht. Wäre mir da ein Hindernis vor die Nase gekommen, hätte nur ausweichen geholfen, Vollbremsung unmöglich. Im flacheren Teil dann aber nur noch Staunen. Unglaublich steile Berge, Regenwald mit meterhohen Baumfarnen, Wasserfälle und tosende Bäche. 50 Kilometer fuhr ich entlang des Haast River zu Tale und keine Ahnung, wie oft ich „Wauh!“ sagte. Irgendwann war das Kaiserwetter leider vorbei und es kamen einige Wolken auf. Komischerweise wurde es direkt diesig. Später merkte ich, dass es um eine Flussbiegung 90° abbog und von dieser Richtung der Sand der Sandbänke des Flusses vom starken Wind in das Tal geblasen wurde. Oje, ich hatte noch viel Weg bis zum nächsten Ort vor mir und bei dem Wind, keine Chance. Aber der ist hier eben anders. Über die breiten Sandbänke fegte der Wind von vorne, ich war im Wald oft geschützt und hatte manchmal sogar Rückenwind. Ich schaute mir die Wolken an, die zogen in 3 Richtungen. Also nicht mehr wundern, liegt anscheinend an den engen Tälern, steilen Bergen, Thermik und was weiß ich. So kam ich auf jeden Fall gut durch bis zum Dorf Haast, wenn ich mal platt war, sah ich mich am Regenwald satt. Später zogen dann auch mehr Wolken auf, über mir an den Berghängen blieben sie kleben, regneten sich dort teils auch ab und ich fuhr trocken untendurch. So habe ich das letztes Jahr auf den Kanaren kennengelernt. Im Dorf Haast dann auch wenig Touristen, dafür viele Unterkünfte. Bin in einem schönen Backpacker Hostel, die haben als Wohnzimmer ein Gewächshaus mit Farnen und Efeu, dort stehen überall Spiele auf dem Tisch, nun müsste ich nur noch Mitspieler finden, was schwer ist, denn ich sitze in einer Taverne und habe mich gerade am Buffet sattgefuttert. Mein Zimmer teile ich mit einem netten jungen Chinesen, der Work&Travel macht. Im Moment reist er, zuvor war er in Alexandra am Clutha River als Kirschenpflücker am arbeiten. Morgen soll es wieder regnen, dann aber das letzte Mal für die nächsten Tage. Mal sehen, ob das alles stimmt.

Bergwelt am Fox Glacier
Bergwelt am Fox Glacier

13. Etappe: Haast-Fox Glacier, 125 km

Und wie es regnete! Es schüttete. Ich wartete etwas ab, bis es nicht mehr aus Kübeln, sondern nur noch aus Eimern goss und dann los. Meine reparierten Regenschuhe hielten gut, ebenso die Hose, nur mit der Jacke werde ich nicht glücklich. Habe diesmal eine andere, aber auch Schrott. Immerhin hatte ich genug an, kalt wurde mir nicht. Nach 2 Stunden hörte es endlich auf und dann plätscherten überall Bäche, kleine Wasserfälle und Rinnsale durch den Regenwald. Hübsch. Eigentlich fuhr ich heute nur einen steilen Hügel, hatte später auch öfters Rückenwind, aber in Fahrt kam ich nicht. Die Etappe gestern war schon hart. Unglaublich, am Ende waren es heute doch wieder 950 Höhenmeter. Habe die gar nicht bemerkt. Die Landschaft war nett, aber nicht so spektakulär wie gestern. Etwas Regenwald, Flüsse und Bäche, kurz die Westküste zu sehen. Das „Wauh!“ kam aber nur ein Mal. Das war ein schöner See im Regenwald. Nach dem Entzücken kam aber schnell die Flucht. Hier gab es die berüchtigten Lake-Flies. Bisher blieb ich verschont, aber hier fielen sie in Massen über mich her. Also keine Pause in der Idylle, sondern nur nasse Sachen ausziehen und weiter. In diesen 2 Minuten machten sie mich schon wahnsinnig. Zum Glück war ich nicht im Süden, da gibt es die in Massen. Nach 80 km dann endlich eine Ortschaft. Aber nix, keine Unterkunft, keine Toiletten, kein Wasser. Nach 90 km ein Motel. Ausgebucht! Immerhin hatten die eine Flasche Wasser für mich. Also musste ich noch weiter ins 30 km entfernte Fox Glacier. 10 km zu lang. Ich schleppte mich so dahin, nur die Vorfreude auf den Gletscher trieb mich vorwärts. Im Ort dann die Ernüchterung. Kein Gletscher zu sehen und keine freie Unterkunft. Also wieder im Zelt frieren. Dafür auf einem sehr schönen Campingplatz. An der Rezi erfuhr ich, dass der Zugang zum Gletscher, nach dem vielen Regen letzte Nacht, durch einen Erdrutsch versperrt ist. Ätsch! Also fahre ich morgen weiter zum Franz Josef Gletscher, der soll von der Straße sichtbar sein. Eigentlich wollte ich einen Ruhetag mit Gletscherwanderung einlegen...so wird es doch wieder anders kommen.

Franz Josef Gletscher
Franz Josef Gletscher

14. Etappe: Fox Glacier-Whataroa, 65 km

Ruhetag!? Das war doch mal der Plan. Nach einer unruhigen Nacht (kalt und zu heller Mond) stand ich um 7 Uhr senkrecht im Zelt. Erst war ich genervt, dann wurde ich agressiv. Hinter den Bäumen, nicht einmal 100 m von meinem Zelt entfernt, befand sich der Hubschrauberlandeplatz. Da es einen schönen, klaren Tag geben sollte, starteten von hier 11 h lang im 5-Minutentakt Hubschrauber, um reiche Menschen über den Gletscher zu fliegen oder zu Begehungen abzusetzen. Etwa 500 m entfernt ein zweiter Flugplatz, dort ein Kleinflugzeug und noch mehr Rotormaschinen. Der blanke Horror! Keine Minute blieb ich länger. Draußen dann noch eine Überraschung. Zu 8°C etwa 100 % Luftfeuchtigkeit. Zelt und Kleidung, alles pitschenass. Ich räumte schnatternd den ganzen nassen, schweren Kram ein und nix wie weg. 23 km bis zum nächsten Gletscher, der nach Kaiser Franz Josef benannt wurde. Von der ersten Minute an ging es hoch, ein heftiges Sägezahnmuster. Beim Franz hatte ich schon wieder 800 Höhenmeter und der nasse Kram war schwerer denn je. Dort wechselte ich die Gangart. Es gab eine Fahrradstation, dort schloss ich mein Rad ein, klemmte die Wertsachen per Rucksack auf den Rücken, zog die Wanderschuhe an und machte eine 90-minütige Rundwanderung zum Gletschertor. Wie alle Gletscher, zieht sich auch dieser stark zurück, so hieß es durch Geröll stapfen und dabei die Natur genießen, wenn da nicht auch der ständige Fluglärm gewesen wäre. Wer hier Urlaub machen will, dem empfehle ich vorher als Training Camping auf dem Gelände des Frankfurter Flughafens. Das erste Mal musste ich mich so richtig unter Mengen von Touristen mischen. Oje, was Gestalten. Zum Glück war 75 % der Kreaturen der Weg zu weit, so wurde es auf der Wanderung etwas besser. Trotzdem schaute ich mir bald mehr die unfassbaren Gestalten an, die dort rumliefen, als den nahenden Gletscher. Zum Glück sind das keine Camper oder Radler, will gar nicht wissen, wo die des Nachts hausen.

Dann aber genug, schnell wieder aufs Rad und alleine weiter nach Norden, dabei immer die schneebedeckten Gipfel im Blick. Vorbei an weiteren Seen (heute sah ich sogar die ersten Schwimmer in den Gletscherseen, die auch voll mit Dünnpfiffbakterien sein sollen) und Regenwald in eine große Ebene. Dort sah ich ein Schild: Beer, Bed and Meals. Genau nach meinem Wunsch. Ich checkte ins Whataroa Hotel ein. Ein über 100 Jahre altes Holzgebäude (Schallisolierung, was ist das?), dass von Maori geführt wird. Mein erster richtiger Kontakt zu den „Ureinwohnern“. Urig ist das Paar. Sie trinken schon am Tag kräftig Bier, Zähne im Mund werden auch völlig überschätzt, alles ist etwas rumplig, aber das ganze Dorf ist hier und lässt es sich bei den freundlichen Leuten gut gehen. Ich wasche und trockne nun alles, habe ein Zimmer für mich alleine und jetzt gehe ich was leckeres futtern. So sollte ein Ruhetag aussehen! :-)

Bett aus Strandgut in Hokitika
Bett aus Strandgut in Hokitika

15. Etappe: Whataroa-Hokitika, 100 km

Heute fühlte ich mich richtig fit. Zwar war abends noch lange das ganze Dorf am feiern (alle 2 Wochen treffen sich dort alle zum Dart), aber ich schlief wie ein Murmeltier. Morgens war es wie immer kalt, auch in der Hütte, weil wie den ganzen Tag auch die ganze Nacht die Türen offen standen. Alles sauber, alles trocken und wohlriechend. Herrlich! Draußen hielt direkt eine Radlergruppe. Ich quatschte etwas mit ihnen und wir fuhren dann um die Wette. Das war nur nicht ganz fair. Sie hatten 3 Begleitfahrzeuge, bekamen ihr Gepäck transportiert, fuhren kürzere Etappen und vor allem stiegen sie vor den Bergen in den Bus. Bei den Pausen und wenn ich mal jemand einholte, erfuhr ich, dass sie aus Colorado kamen. Wie viele US-Bürger gibt es, die so viel Sport im Urlaub machen? Hut ab! Am einzig nennenswerten Berg des Tages, fuhren sie mir mit dem Bus davon. Ich fühlte mich aber gut, das Wetter war toll, der Wind nicht vorhanden oder von hinten. Ein perfekter Tag! Am Nachmittag schaute ich mir noch das Freilichtmuseum der alten Goldgräberstadt von Ross an und die Schlussetappe fuhr ich zusammen mit Ian, einem Rentner von der Nordinsel. Er begleitet seine Freunde per Auto, während sie einmal quer über die Südinsel radeln. Er war früher Rennfahrer, hat aber 2 neue Hüften bekommen und bringt sich nun alleine auf kürzeren Etappen wieder in Schwung. Wir quatschten wie die Weltmeister, endlich mal jemand, den ich gut verstand. Das ist hier nämlich so ne Sache. Viele reden schnell, undeutlich und mit Dialekt. Da frage ich immer nur: What? Am Anfang dachte ich, ich könnte kein englisch mehr, da ich nur Bahnhof verstand. Nun weiß ich, dass ich gar nicht versuche Landbevölkerung abends nach einigen Bieren (also die) zu verstehen. Nüchterne Stadtbewohner gehen da viel besser. Ist bei uns auch nicht anders. So ein Urbayer nach zünftigem Biergenuss zu verstehen, ist auch ein Unding.

Die Strecke verflog und ich war unglaublich früh in meiner Unterkunft, im Ort Hokitika. Mit 8 Personen in einem Zimmer, Stockbett der wackligen Sorte und ich oben. Hoffentlich ist mein Unterschläfer müde und dreht sich nicht viel, sonst bekomme ich Seegang oder Erdbebengefühl.

Ich fahre zwar momentan die Westküste hinauf, aber nur ganz selten verläuft die Straße an der Küste. Heute habe ich Glück und nutzte das auch gleich zu einem Strandspaziergang. Die wilde tasmanische See schwemmt hier massig Holz an den Strand und die Leute machen daraus Kunst. Aus Holz und Palmwedel stehen dort Fabelwesen, Mobilees, ein Bett (mit echter Lichterkette) und vieles mehr. Dazu gibt es einen leckeren Thai und nebenan eine schöne Bar. Cheers!

Pancake Rocks
Pancake Rocks

16. Etappe: Hokitika-Charleston, 115 km

Ja, jetzt ist es Urlaub. Gutes Wetter, es läuft bei mir rund und ohne Gegenwind bin ich auch abends nicht so spät in den Unterkünften. Zum einen bekomme ich da noch welche und zum anderen kann ich auch vor Ort noch Sachen unternehmen. Als ich gestern zurück kam, schaute sich mein Unterschläfer bis in die Nacht dämliche Actionfilme an, die er dann im Bett nachlebte. Ich wurde ganz schön durchgeschüttelt, aber dann schlief er endlich tief. Der Hammer: 8 Personen im Zimmer und niemand schnarchte! Heute Morgen revanchierte ich mich bei dem Zappler, denn irgendwie schliefen dort alle ungewöhnlich lange und so konnte ich nach Bad und Frühstück nicht anders und war etwas laut beim Packen meiner 20 Plastikbeutel.

Bei leichtem Nebel ging es los, der verflog bald und es wurde wieder ein sonniger Tag. Die ersten 30 km bis Greymouth dann etwas langweilig. Gerade Straße, alles flach und relativ viel Verkehr. Dann eine kleine Stadtbesichtigung mit 2. Frühstück und auf an die wellige und spannende Küste. Wilde Felsen, hohe Brandung, Regenwald und hügelige Straße. Sehr schön und dazwischen immer wieder ganz viele Vögel, von denen ich die wenigsten kenne. Der Kiwi ist zwar der Nationalvogel, aber nur nachts aktiv und auch sehr selten geworden. Überall, wo es welche zu bestaunen gab (nicht in Freiheit), war ich bisher immer außerhalb der Öffnungszeiten anwesend. Aber viele verwandte Laufvögel sah ich heute, in den Wiesen und an der Küste.

Am Nachmittag dann ein Höhepunkt, die Pancake Rocks. Wild zerklüftete Kalkschein-Schichtfelsen (s. Bild), durch die die Brandung faucht und spritzt. Dort machte ich länger Pause und schaute mir alles gründlich an. Da mir die Gegend zu touristisch war, fuhr ich noch 30 km weiter nach Charleston. Was ich nicht wusste: Vorher hatte ich 600 Höhenmeter in den sanften Hügeln gesammelt und mein Navi meinte, es wäre wieder Zeit für die 1000. Steht doch da unerwartet ab Kilometer 100 ein Berg mit 400 Höhenmeter vor mir! Aber ich hatte Kraft gespart und so kam ich guter Laune auf dem Campingplatz an. Es gab auch Hütten, aber teuer und der Besitzer versicherte mir, dass es heute Nacht nicht regnet und an der Küste auch nicht so kalt wird. Ich werde berichten, ob es stimmt. Auf jeden Fall ist das Örtchen sehr ruhig, viele Wohnmobile, aber ich habe den ganzen Zeltplatz für mich alleine. Konnte mich gar nicht entschieden, wo ich das Zelt aufbaue. Wie immer gibt es in den kleinen Orten nicht viel. Ich fand aber eine Bar, die jedoch ein Club war. Der hausmeisternde Rentner wollte gerade abschließen (um 19 Uhr), da keine Mitglieder mehr da waren. Es ließ mich aber ein, gab mir ein Bier und sogar ein Tiefkühlnudelgericht zu Essen. Ich musste mir das aber selbst warm machen, denn er konnte die Mikrowelle nicht bedienen. Immerhin bekam ich so etwas in den Bauch und nützliche Tipps für meine Weiterfahrt, obwohl ich nur die Hälfte verstand, da er stark nuschelte. Er war aber supernett und zeigte mir auf Bildern die Geschichte des Ortes, auch eine alte Goldgräberstadt. Die meisten Häuser sind aber inzwischen abgebaut oder überwuchert. Sehr spannend. Zum Abschied meinte er, ob ich schon einmal den blauen Blitz gesehen hätte. Ich kenne nur von Erzählungen den grünen Blitz bei Sonnenuntergängen über dem Meer, aber habe ihn noch nie gesehen und es für ein Märchen gehalten. Er meinte, wenn ich mich beeile, komme ich noch zum Sonnenuntergang auf die Klippen und von einer Stelle aus, wäre der bei so klarem Wetter wie heute zu sehen. Ich ungläubig, aber neugierig, zurück ans Zelt, Schuhwechsel und dann los. Es war kühl, ich zog 3 Schichten an, bis ich dort war, konnte ich 2 ausziehen. Es ging kreuz und quer durch den Flachs, Farnbäumen und Urwald. Auf der Klippe durfte ich dann nicht so stürmisch sein, denn es ging überall steil abwärts. Ich schaffte es eine Minute vor Untergang, machte noch schnell Fotos und dann, im Moment des Versinkens: Der Blitz! Tatsächlich, es gibt ihn. Für mich war er eine Mischung aus blau und grün, aber Farbsehen war noch nie meine Stärke. Ich jubelte ein lautes „Wauh!“ und die Klippenwände gaben es als Echo zurück. Dann registrierte ich erst das ganze Szenario. Farben, Felsen, Pflanzen und Brandung. Formidable!

Ich ging einen anderen Weg zurück und kam dabei an kleinen Buchten und Felsen vorbei. Der Weg war zu langweilig, ich ging lieber über die Felsen, in der Hoffnung vielleicht noch Pinguine zu sehen, die es in der Gegend auch giben soll. Die sah ich zwar nicht, aber riesige Krabben, sie vor mir flüchteten und einen ganz süßen Laufvogel, den ich sah, bevor er mich. Ich blieb ganz still, er hielt mich für einen Baum und sprang unbeirrt im Gras umher, dabei machte es witzige Töne. So eine Mischung zwischen Taubengurren und Kuhmuhen. Witzig. Total zufrieden ging ich zurück und da hier um 21 Uhr jegliche Bürgersteige hochgeklappt werden, sitze ich mit Stirnlampe im Zelt und schreibe diese Worte. Was für ein genialer Tag! Jetzt wollte ich eigentlich noch alles online stellen, hatte mir 50 MB Zugang ergattert und jetzt haben sie auch noch beim Server die Bürgersteige hochgeklappt. Schade! Dafür habe ich mich nochmal mit dem Kopf aus dem Zelt getraut und nun auch das Kreuz des Südens gesehen. Was ein Entdeckertag!

Längste Hängebrücke Neuseelands
Längste Hängebrücke Neuseelands

17. Etappe: Charleston-Murchinson, 115 km

Huah, was ein Morgen! Kalt, alles wieder pitschenass vom Morgentau und beim Zeltabbau wurde ich richtig von den Sandfliegen bearbeitet, die ich gestern noch (bis auf 3 Stück) aussperren konnte. Ich dachte, die wären nur im Süden!? Aber anscheinend ist es denen dort auch zu kalt und nass. Die sind sauklein und flink, die Stiche schmerzen richtig. Gestern im Zelt habe ich alle erlegt und heute Morgen nahmen sie Rache. Ich war ganz schön verbeult, bis ich den nassen Lappen, sprich Zelt, eingepackt hatte.

Dann ging es los, nur 5 km, denn wie ich von meinem lieben Rentner gestern erfuhr, lebt dort ein Deutscher, hat einen Campingplatz mit Gasthof und verkauft richtiges Brot! Juhu, endlich einmal kein Toastbrot! Symphatisch war er mir aber nicht, etwas eingebildet und ziemlich über die Kiwis lästernd. Also schnell weiter bis kurz vor Westport und hinein in die Schluchten des Buller River. Die hatte mir mein Mitfahrer in Hokitika empfohlen, meinte aber auch, die 2. Hälfte wäre sehr steil. Es kamen heute zwar 1200 Höhenmeter zusammen, aber richtig steile Sachen ist er wohl noch nicht gefahren. Schön wellig, da wurde es nicht langweilig, guter Wind, leider kaum Sicht auf den Fluß. Eigentlich wollte ich unterwegs noch Vorräte auffüllen, aber auf 115 km gab es nur ein Cafe (in dem ich schon zu Mittag futterte) und später noch eine öffentliche Toilette zum Wasser auffüllen, sonst nix! Fast keine Häuser, kein Geschäft, keine Tanke. Zum Glück hatte ich Brot gekauft und noch Reste bei mir. Nach fast 100 km dann ein lang ersehntes Highlight. Die längste Hängebrücke Neuseelands mit 160 m. Auf der anderen Seite eine Rundwanderung im Urwald und zurück die Option per Zipline, also an einem Drahtseil eingehakt, hinüber zu schweben. Die Brücke über den Buller River war echt gut, vor allem bei Gegenverkehr und einer Breite von 50 cm. Der Urwald war mir zu aufgeräumt, da hatte ich gestern Abend wildere Passagen. Zurück wollten sie mit der Seilbahn normal sitzend im Gurt 30 $ haben, ich wollte aber als Superman fliegen und dafür sollte ich 60 $ berappen. Ja bin ich Krösus! Für 5 Sekunden Spaß so viel Geld. Ich beschloss mir lieber in der nächsten Stadt für das Geld eine schöne Unterkunft zu suchen und gut zu Essen.

So führte ich es auch aus. In Murchinson sah ich direkt ein bekanntes Schild, Backpacker Hostel „Lazy Cow“ (faule Kuh), dafür hatte ich schon in Queenstown Werbung gesehen. Ein superschönes Haus, es erinnert eher an ein Privathaus. Sehr familiär, supernette Besitzer und ankommende Biker bekommen erst einmal ein Bier umsonst! Spezialservice für Sportler. Nachdem ich sauber war, ging ich im „Cow Shed“ (Kuhschuppen), dem dazugehörigen Restaurant in 3 Gängen leckerst essen. Ein Käsesouffle, ganz leckeres Gemüse und Salat und am Ende eine Stück Haselnusstorte. So lecker! Als Vorspeise gab es Minitomaten und Oliven. Die Oliven waren bestens, ich hätte schwören können, die stammten wirklich aus Kalamata, nie habe ich außerhalb Griechenlands solche gegessen. Ich fragte die Wirtin und sie meinte, ihre Schwester lebe in Athen, ist mit einem Griechen namens Andreas verheiratet und bringe zu Besuch immer die Leckereien mit. So hatte ich gleich bei ihr ein Stein im Brett und gehe jetzt mit vollem Bauch ins Bett! Vierbettzimmer und keine Mitschläfer. Das gibt eine erholsame Nacht!

Mein verfressener Weka
Mein verfressener Weka

18. Etappe: Murchinson-Tapawera, 85 km

Ich wollte gar nicht weg aus der faulen Kuh. Ein warmes Bett, draußen grau, so gemütliche Räume, umsonst Brot und Kuchen. Ein traumhaftes Örtchen! Recht spät brach ich dann doch auf, durch eine ruhige Ebene. Meine Beine waren gut, die Landschaft nett, aber unspektakulär. So fuhr ich an einem Stück 40 km, ohne Rast und Fotos, das gab es bisher auch nicht. Dann meldete sich der Magen und die Blase, da kam mir die erste Raststelle nach 40 km gerade gelegen. Ich kam nur dazu kurz die Karte zu studieren, dann flüchtete ich. Wespen, Hummeln und Sandfliegen. Hilfe! Ich fuhr nochmal einige Kilometer, dann musste ich anhalten, denn ein größerer Berg stand an. In meiner Essenstasche war ein öliger Dip ausgelaufen und Sandfliegen gab es hier auch noch reichlich. Also lange Sachen anziehen, Kopftuch über die Ohren, alles säubern und dann im Kreis laufen und dabei essen. Eklig! Danach 300 Höhenmeter auf den „Hope Saddle“, dort wieder ein Toilettenschild, endlich Wasser auffüllen. Noch einen kurzen Schotterweg hoch, um dann festzustellen, dass es nur eine Toilette ohne Waschbecken gab. Blöd, aber 1 l hatte ich noch. Immerhin gab es hier keine Sandfliegen (dafür mehr Wespen, aber die stechen wenigstens nicht ungefragt) und so futterte ich einen Müsliriegel. Da kam ein neugieriger Laufvogel um die Ecke und als ein Stück meines Riegels herunterfiel, klaute er sich diesen. Inzwischen weiß ich, dass die Tiere hier Weka genannt werden, eine Rallenart. Ich holte schnell meinen Foto und ließ dann noch mehr Krümel fallen. Das nutze er zum futtern und ich für Nahaufnahmen. Echt witzig die Tiere. 2 Beine, einen dicken Körper und langer Schnabel. Sonst nix. Keine Flügel, keinen Schwanz. Das der nicht auf die Nase fällt? Obwohl, ich kenne noch andere Zweibeiner, die für ihren Körper recht kleine Füße haben, der ähem dient auch nicht zur Balance und laufen tun sie damit auch gut. Auf jeden Fall habe ich beschlossen Rallen toll zu finden.

Nach der schönen Abfahrt erreichte ich nach 75 km einen Bauernhof, der einen Verkaufsladen für Honig hatte und ein Eisschild. Unter Vorwand ein Eis zu kaufen, wollte ich dort mein Wasser auffüllen.Kurz danach hatte ich das beste Eis meines Lebens in der Hand. Das nette Mädel haute Vanilleeis und gefrorene frische Früchte in einen riesigen Automaten und heraus kam ein herrliches Eis. Ich befragte sie auch nach dem weiteren Weg, sie meinte, entweder 10 km nach Tapawera, einem Kaff oder 60 km bis in die nächste Stadt. Also ab ins Kaff, denn es kam auch Gegenwind und dunkle Wolken zogen auf. Was heißt hier Kaff! Es gab ein Hotel mit Taverne, Supermarkt, Museum und Campingplatz. Mehr als ich erhofft hatte. Da mir das Wetter nicht geheuer war, nahm ich auf dem Campingplatz ein kleines Holzhaus, ging dann duschen, waschen, einkaufen und zauberte mir ein leckeres Abendmahl. Als ich diese Zeilen schreibe, beginnt es auch gerade zu regnen und allen, die vorhin ihr Zelt aufgebaut haben, nun ein ätsch mit langer Nase! Heute war ich mal früh dran und habe eine trockene Nacht.

Tasman Bay an der Nordküste
Tasman Bay an der Nordküste

19. Etappe: Tapawera-Marahau, 70 km

In meinem Häuschen wurde es nachts doch recht kalt und es gab nur eine dünne ägyptische (es war ein Pharao abgebildet) Wolldecke, so nahm ich mir dann doch meinen Schlafsack dazu. Gut ausgeruht wurden dann wieder Eier gebraten und beim Frühstück mit Matthias, einem radelnden und wandernden Deutschen, geschwatzt. Wie immer verquatschte ich mich und kam später los ich hatte echt lange nicht mehr viel geredet). Flach ging es bei wolkigem, kühlen Wetter durchs Motueka-Tal, nur ein kleiner Berg, der im Weg stand, sonst am gleichnamigen Fluß immer in Richtung Küste. Unspektakulär, leider viele Hänge gerodet, denn in der Gegend ist Holzwirtschaft die Nummer 1 als Arbeitgeber, dazwischen immer wieder Hopfen. Hier ist die Holledau von Neuseeland. Dann meinte mein Navi, ich solle doch einmal über die Brücke auf die andere Seite des Flusses fahren. Ich sah schon wieder Schotter vor mir, aber es war ein Glücksgriff. Parallel zum Highway eine ganz ruhige Teerstraße, alle 15 Minuten mal ein Auto und schöne Natur. Dabei aber 2 Zwischenfälle. Ich weiß jetzt, warum hier Helmpflicht herrscht. Kommt doch ein Vogel im vollen Karacho hinter einem Busch geflogen, ohne nach rechts zu schauen und scheppert mir gegen Helm und Sonnenbrille. Wir blieben beide unverletzt. Nur 10 km erschreckte ich einen großen Raubvogel im Straßengraben sitzend und er mich. Er flog auf, schrammte mit dem Körper wieder den Helm und die Krallen hatte ich an der Sonnenbrille. Zum Glück gut geschützt, sahen sich meine Augen satt an der Natur und schon war ich in Motueka. Den Lamas auf der Weide wollte ich dann nicht auch zu Nahe kommen, so gab es lieber in einem Cafe Mittagessen, leider sah alles besser aus, als es war. Der Yoyokuchen (weil er aussah wie ein Jojo) war der staubigste, den ich jemals futterte. Ich dachte, das Ding wäre weich, versuchte es mit dem Löffel zu zerteilen, das Teil flog auseinander und es gab einen Sandsturm. Überall die Krümel und wenn man sie wegwischen wollte, dann schmierten sie furchtbar. Tisch, Hose und Terasse, ein Massaker. Also nix wie weg und 2 km später war die Nordküste erreicht. Eine tolle Landschaft. Das Meer aber weit weg, gerade mächtig Ebbe. Ich fuhr weiter in Richtung eines Ortes mit dem wundersamen Namen Kaiteriteri. Ein toll angelegter Radweg durch Obstplantagen. Endlich sah ich sie: Kiwis! Also die Früchte. Die Pflanzen sehen exakt aus wie überdimensionale Rebstöcke, nur dass dann die grünen Pelzteile dranhängen. Witzig!

Heute ist Sonntag und der Strand des Städtchens war höllisch voll und viel Verkehr. Der parallele Radweg endete in einem Bikepark, so richtig mit Singletrails und Downhillstrecken. Ich stand davor und schaute auf mein Rennrad mit dem zuviel an Gepäck. Dann kamen da Leute runter mit schlechten Rädern und voll mit Angst, an einer Stelle, wo eigentlich nix war. Also wenn die das geschafft haben mit ihren Rübenrädern und keiner Fahrtechnik...

Das lief richtig gut, keine brutalen Anstiege, viele Serpentinen und kaum Menschen. An einer Abzweigung setzte sich dann eine ältere Mountainbikerin vor mich, nachdem sie erst fast vom Rad gefallen wäre, als sie mein Gefährt sah. Ich ihr hinterher. Nach 500 m hielt sie an und meinte, ich solle vorbei fahren, sie fühle sich von mir gehetzt. Also weiter durch tolle Wälder mit Kurven, Wurzeln und Wellen. Was ein Spaß! Nach 5 km war er fertig, ich kam zurück in die touristische Zivilisation und lachte die ganze Zeit laut über meine Dreistigkeit. Dann noch 8 km serpentinenreiche Küstenstraße und mein Ziel war erreicht. Der kleine Ort Marahau, direkt am Eingang des Abel Tasman Nationalparks. Hier gönne ich morgen meinem Rad eine Ruhepause und gehe wandern. Am Morgen holt mich ein Bus ab, der fährt zum Bootsanleger, von dort per Motorboot an der Küste entlang nach Norden und dann eine Tageswanderung zurück in meine Hütte. Die ist klein und ich muss sie mit 3 anderen teilen. Stockbetten ohne Aufstiegshilfe. Zum Glück war ich so früh, dass ich mir ein unteres schnappen konnte, sehr zum Unmut der Spätankommenden. Einer davon Markus, er macht auch Work&Travel, arbeitete als Blaubeerpflücker und kuriert jetzt seinen Rücken beim Reisen aus. Nachdem ich frisch war, machte ich eine Ortsrundfahrt, kaufte ein und stellte fest, dass ich ohne Gepäck das Fahrrad kaum noch fahren kann. Der Lenker ist so leicht drehbar, der flattert so alleine vor sich hin, ein komisches Gefühl. Frisch geduscht ging ich dann Wattwandern, um mit schwarzen Füßen dann zu entsteigen, aber die Flut kam und so konnte ich die Flossen wieder säubern und beim Strandspaziergang trocknen. Zurück blieben goldglänzende Partikel. Das Wasser, der Sand und Füße glitzern hier. Sind das wirklich winzige Goldpartikel oder kommt das von den Muscheln? Sieht auf jeden Fall schick aus. So lief ich dann in die örtliche Pizzeria ein. Bei leckerstem lokalen Bier und einer richtig guten Holzkohlenofen-Pizza freue ich mich nun auf Morgen.

Coastal Track im Abel Tasman Nationalpark
Coastal Track im Abel Tasman Nationalpark

20. Etappe: Ruhe-und Wandertag im Abel Tasman Park, 22 km

Meine Hütte steht auf Old MacDonalds Farm, ein einfacher, aber schöner Platz. Viel Grün, viel Ruhe und verschiedene Tiere. Vögel, Pferde, Lamas und Hühner. Die Hühner rennen den ganzen Tag über den Platz und schauen, wo es was zu Essen gibt. Eins davon ist richtig verrückt. Heute Morgen klaute es mir ein großes Stück Toast aus der Hand, heute Abend umzingelte mich das Vieh schon wieder, obwohl ich nichts zu futtern hatte. Aus Mangel an Alternativen futterte es dann Gras und Blätter, sprang dabei am Baum immer höher und saß plötzlich wild gackernd auf einem Ast. Dann wurde das Gegackere noch wilder und das Vieh kletterte den Baum hinauf und fühlte sich dort richtig wohl. Mal schauen, ob es morgen wieder unten ist oder ich es retten muss.

Heute Morgen ging es früh los. Wir wurden mit einem Bus abgeholt, der Busfahrer bei trübem Himmel und 12°C, barfuß. Er brachte uns zur Bootsstation, alles einsteigen: Dabei war das Boot auf einem Anhänger, davor ein Traktor, der Fahrer barfuß. So fuhren wir (mit Schwimmwesten) durchs Dorf und wurden dann über eine Rampe zu Wasser gelassen. Hier gibt es starke Gezeiten, da lohnt sich kein Bootsanleger. Je nachdem, wo gerade das Wasser steht, fahren sie mit dem Trecker bis an den Rand und lassen die Boote dort zu Wasser. Auch eine Technik. Eine Stunde lang ging es durch die Buchten. Leute abholen, welche absetzen und Sehenswürdigkeiten ansteuern, dabei der Skipper, barfuß. Ein Felsen sieht zum Beispiel aus, wie ein gespaltener Apfel und auf einer einsamen Insel gibt es seltene Vögel und Seehunde! Die lagen auf den Steinen und warteten auf wärmende Sonnenstrahlen. Auf See war noch alles grau in grau, aber an Land kam dann die Sonne und es wurde ein warmer Tag. Ich hatte mich zur größten Tagestour überreden lassen und so ging ich mit einigen Jünglingen von Bord. Die älteren bleiben alle an Bord und ließen sich fahren, ich hob den Altersschnitt der Wanderer um 20 Jahre. So ging es den ganzen Tag. Mir begegneten fast nur junge Leute, dafür aber Massen und wir haben jetzt Nebensaison. Die Landschaft ist super, der Weg aber sehr ausgebaut, ich hätte es gerne etwas wilder gehabt. Die Natur am Wegesrand ist schon beeindruckend. Dichter Wald, Bäche, überall Farnbäume und Moos. Zwischen den Bäumen immer wieder Ausblicke aufs Meer, Buchten und Strände, alles in grün bis blauen Farben. Abenteuerlich waren die Abkürzungen. Entweder kneifen und am Hang weit außenrum laufen oder Schuhe aus und ab übers Watt der Buchten. Da hatte ich letztes Jahr in Frankreich schon geübt und da es hier auch keine ungeliebten Krebse gibt, nahm ich immer den kurzen Weg. Über Muscheln, Matsch, Gräser und Wasserläufe ging es durch die Lande. Obwohl ich am Ende 2 Stunden unter der angegebenen Laufzeit blieb, war ich einer der Langsamsten. Überall Gerenne und Gekeuche. Ich kam nicht außer Atem, genoss auch mal Ausblicke und schöne Wälder. Ruhe fand ich dabei selten, weil immer um mich rum Gerenne war. Wozu? Maximal ein schnelles Foto war drinne und dann wieder weiter. Dabei ist es Pflicht, wenn man im Park übernachten will, sich vorher anzumelden, also ist dann der Hüttenplatz garantiert. Die meisten Tagesgäste fahren auch morgens Boot und laufen zu Fuß zurück, also auch kein Zeitdruck. Dunkel wird es erst gegen 20:30 Uhr. Warum dann die Rennerei?

Am Ende wollte ich nur noch meine Ruhe haben und lief weg vom Weg an einen einsamen Strand. Von dort 2 km durchs Watt bis zu meiner schönen Holzofenpizza. Heute mit mehr Pepp, im mexikanischen Stil, sehr lecker! Dann wieder waschen, etwas im Netz surfen und jetzt meine 4-Personenhütte ganz alleine für mich nutzen. Schön! Morgen wird dann wieder geradelt!

Church Hill in Nelson
Church Hill in Nelson

21. Etappe: Marahau-Nelson, 75 km

Nach schöner Nacht und kühlem Morgen gab es einen herrlich sonnigen Tag. Nicht bei den großen Bäumen meiner Kuschelhütte, so zog ich mit einem Stuhl in die Mitte des Platzes zum Frühstück. Das verrückte Huhn saß nicht mehr im Baum, sondern kam gleich angestürmt und vermutete fette Beute. Diesmal passte ich aber auf mein Toastbrot auf und gab ihm meinen Apfelkrotzen (ist das eigentlich hochdeutsch?), der wurde dann heftig bearbeitet und gegen die anderen Mithühner verteidigt. Dann ging es los und ich schaute mir die Bucht von Marahau mal bei voller Flut an. Sehr schön, viel schöner als das touristisch überlaufene Kaiteriteri hinter dem ersten Berg. Diesmal ließ ich den Bikepark aus und fuhr auf dem „Good Taste Trail“ die meisste Zeit des Tages um die Tasman Bay. Ich hatte erfahren, dass es in Motueka richtige Bäcker gibt und da schlug ich zu. Ein echtes Brot und Brezel, eine Wohltat nach dem ganzen Toastbrot. Gut gestärkt ging es weiter auf dem Weg des guten Geschmacks. Wenn er schon so heißt, dann lebe ich das auch. Nach Motueka folgte bald Mapua, doch dort war mir eine Meerenge im Weg. Es gab aber eine Fähre und die 15 Minuten bis zur Fahrt überbrückte ich mit einem „Real Fruit Ice“, jenem genialen Stoff, den es hier zufällig wieder an der nächsten Ecke gab. Dann mit der Tuckerfähre rüber zu Rabbit Island, der Kapitän war ein Mitarbeiter des örtlichen Radladens, die Fähre machen sie so nebenbei mit. Was es alles gibt.

Vorbei an den Stränden der Insel ging es weiter über die Tasman Bay bei Ebbe. Brücken, Viadukte und über kleine Dämme. Schön zu fahren, nur windig und je mehr ich um die Bucht herum fuhr, desto frontaler kam er. Darum verließ ich die Küste und fuhr über einen geteerten Superweg. Eine ehemalige Bahntrasse, bestens ausgebaut. Bei einer Pause wurden die Leckereien verzehrt und den Schülern zugeschaut, die gerade alle die Schule verließen. In der Gegend waren mehrere Schulen und jede hat ihre eigene Uniform. Massen fuhren mit dem Rad oder Roller, kaum ein Kind wurde von den Eltern per Auto abgeholt, ergo sind sie auch nicht so dick wie in Deutschland. Das kommt erst später von Fastfood und Bier. Weiter ging es in die Innenstadt von Nelson. Seit langem wieder viel Verkehr und Ampeln, was war das denn nochmal? Vor lauter Verkehr und Geschäften sah ich keine Schilder für Unterkünfte. Ich mietete mich nach längerer Suche in einem billigen Hotel ein. Ziemlich rumplig, aber das ist hier igendwie normal. Dafür haben die immer eine gute Bar und im ganzen Land unglaublich gute Biere. Da heute „Great Taste“ Tag ist, machte ich eine Gratisprobe der lokalen Biere und genoss dann das „Red Rooster“ von „Mussels Inn“, einem Ale mit Manuka Honig. Lecker! Davor machte ich einen kleinen Stadtrundgang. So ein bisschen wilder Westen trifft aufs alte England mit modernen Einkaufsläden. Auf einem Hügel steht eine unspektakuläre Kathedrale, aber außenrum überall tolle Parks mit uralten Bäumen aus aller Welt. Ich stattete noch der Goldschmiede des Erschaffers des Ringes aus dem Herr der Ringe Film ab, aber die hatten schon die Pforten geschlossen. Aber auch von draußen waren die begehrten Replikate zu sehen.

Danach fand ich einen indischen Imbiss. Das Essen war Mittelmaß, aber die Leute supernett. Ich war neugierig, sie erklärten mir alles über das traditionelle Kochen und ich durfte mit in die Küche und mir mal einen Tandoori von innen anschauen. Wir quatschten lange, dann ging es glücklich ins Hotel zurück. Morgen eine neue Herausforderung. Um die vielbefahrene und längere Küstenstraße zu vermeiden, will ich durchs Land fahren. Da soll ein ziemlich hoher Berg sein und nicht asphaltiert. Zum Glück seid ihr weit weg, dann hört ihr mein Fluchen nicht.

Der Mt. Richmond ist besiegt!
Der Mt. Richmond ist besiegt!

22. Etappe: Nelson-Havelock, 60 km

Ich bin fertig! Das war einer der anstrengendsten Tage meines Lebens und mit Abstand der heftigste auf dieser Reise. Warum wird ein Terminator geschaffen, um die Menschheit zu vernichten? Ausreichend ist ein 8 cm großes Kästchen von Garmin. Seit heute weiß ich, warum LKWs in Flüssen landen. Ich hatte beim Betrachten der Route kein gutes Gefühl, deswegen fragte ich gestern den Besitzer eines Radladens. Der schaute sich mein Rad an und meinte, das würde gehen, ich müsste ab und zu nur schieben. Wenn ich die Zeit finde, schreibe ich ihm einen bösen Brief. Es ging schön los, im ruhigen Tal des Maitai River. Kaum jemand unterwegs, tolle Natur und sanfte Anstiege. Dann Schluss mit Asphalt, Schotter fing an. Das wusste ich, aber der war gut zu fahren. Am kleinen Stausee dann Schluss mit dem Sträßchen und ab auf den Trail, der als mittelschwer bezeichnet wurde. So etwa 500 m konnte ich noch fahren, danach schob ich das Rad geschlagene 3 Stunden. Brutal steil, Felsen, grobe Steine, lockeres Geröll. Der Horror. Teilweise konnte ich nicht mal mehr schieben, weil ich wegrutschte. Meter für Meter eine Qual. Ich wechselte dann von Radsachen auf Wanderkleidung und Schuhe, das ging etwas besser. Ich dachte zwischendurch oft ans Aufgeben. Aber hier war niemand unterwegs, der mich hätte mitnehmen können. Beim Umkehren hätte ich mindestens einen Tag verloren, das wäre eng mit meinem Rückflug geworden. Also durch. Mit fluchen, schreien und zetern. 600 Höhenmeter schleppte ich das schwere Ding hoch und auf über 700 m Höhe gab er endlich auf, der blöde Mt. Richmond. Runter war aber auch nicht einfach. Am Fahren war nicht zu denken. Viel zu gefährlich. Also noch eine Stunde runter schieben. Dort begegnete mir dann noch ein Verrückter, ohne Gepäck und mit Mountain Bike, aber auch schiebend. Was ein Irrsinn! Dann endlich flacher und ich ratterte zu Tale. Noch nie hat mir eine Abfahrt so wenig Spaß gemacht. Nur mit einem Fully würde ich hier nochmals fahren, aber auch nur für Geld. Dann endlich einige Häuser. Mein Wasser war nämlich auch alle und zur Not hätte ich dort fragen können. Dann meine Erlösung. Ich kam auf den Highway an Pelorus Bridge und stellte mir dort ein Cafe vor. Das war auch so. Und was für eins. Leckerstes Essen und als Nachtisch ein toller Apfelkuchen mit Sahne. Wasser auffüllen und 20 km leicht bergab bis Havelock rollen. Warum fuhr ich eigentlich nicht gleich den Highway? Der Weg war viel länger und der Verkehr recht stark. Das bekam ich nach wenigen Kilometern zu spüren. Reiseverkehr geht, aber hier waren wieder große Trucks unterwegs und die fahren oft ziemlich eng vorbei und haben einen heftigen Sog. In Havelock mietete ich mich in ein Backpacker Hostel ein, voll mit jungen Deutschen, alle auf Work& Travel. Für Morgen hat mein Navi gleich wieder einen autofreien Vorschlag, aber der kann mich mal. Ich fahre die hügelige, aber wenig befahrene Küstenstraße, keinen Track mehr und auch weg vom Highway. Jetzt habe ich gut gegessen und falle völlig platt ins Bett. Also nie den Maungatapo Track fahren, gut merken!

Traumhafte Marlborough Sounds
Traumhafte Marlborough Sounds

23. Etappe: Havelock-Ward, 110 km

Alles fing nicht verheißungsvoll an. Eine kurze Nacht, denn 2 Mitschläfer kamen recht spät, waren nicht gerade leise und mein obendrüber hatte noch lange Licht an und bewegte sich ständig. Nach nicht einmal 6 Stunden klingelte sein Wecker, er wachte nicht auf, aber ich. Später nochmals Alarm, dann lag er noch im Bett rum, wieder mit Licht und vielen Bewegungen. Erst als er weg war, konnte ich noch 1 Stunde in Ruhe schlummern. Dann zum Frühstück. Tasche auf und rote Soße lief mir entgegen. Was war das? Tomatensauce Güteklasse A! Man nehme schön reife Kirschtomaten, fahre den ganzen Tag brutale Schotterwege und am nächsten Tag ergibt das beste Qualität in der Satteltasche. Also Schweinerei entfernen, dabei Toast anbrennen lassen und dann nix wie los. Was dann kam, waren die schönsten 35 Radkilometer meines Lebens, der Queen Charlotte Drive. Eine Seitenstraße, ohne LKWs und Durchgangsverkehr, mit schönen Hügeln, (aber fairen Anstiegen), vielen Kurven und traumhaften Aussichten. Die Straße ging entlang der Marlborough Sounds, eine fjordartige Gegend mit toller Natur. Andauernd kam ein „Whau!“ über meine Lippen, manchmal jubelte ich auch noch laut. Ich sah mich unendlich satt an der tollen Landschaft. Einen Stopp gab es an einem Cafe und den 2. bei einem Fahrrad- und Kajakverleih. Warum war ich hier nicht früher oder habe mehr Zeit? In der Gegend gibt es tolle Rad- und Wanderwege und hier Paddeln ist sicher auch ein Traum. Vom nahen Picton aus gab es auf meiner Karte 2 Wege. Eine wilde Küstenstraße und die Hauptverbindung zwischen Süd- und Nordinsel, Picton ist der Fährhafen. Ich fragte den Verleiher, ob es noch eine andere Möglichkeit gäbe, er verneinte. Als ich ihn nach der Küstenstraße befragte, meinte er: „This is a bitch of a road!“. Das lasse ich mal unübersetzt stehen und machte mich auf in den Kampf mit dem Verkehr. Zum Glück gab es meistens einen Standstreifen und viele fuhren auch eine andere Strecke nach Nelson oder nur ins 20 km entfernte Blenheim. Dort änderte sich dann auch die Landschaft. Bis dahin saftig grüne Hügellandschaft, dort alles flach und überall Weinreben. Aber noch grün. Auf den folgenden 50 Kilometern nur noch trockene, gelbe Grashügel. Mächtig hoch und runter und dabei nicht eine Sekunde Schatten. Was war das in den Sounds so schön! Hier auch nur sporadisch kleine Ortschaften. In einer davon dann auch ein Motel, aber 99 $ waren mir zu viel und so durfte ich in deren Garten mal wieder mein Zelt aufbauen. Passend dazu brauten sich dunkle Wolken zusammen, bisher blieb es aber trocken. Falls es mir heute Nacht wieder kalt wird, in der Dusche gibt es Heizlampen! Jetzt ist das milde und stabile Klima der Nordküste leider wieder vorbei, in den letzten Tagen fror ich fast nie, sogar nachts nicht. Nun sitze ich in einer 2 km entfernten Bar, habe teuer gegessen und bin nicht einmal satt. Morgen nochmal mit dem Verkehr nach Süden, dann biege ich ins Land auf eine ruhige Nebenstraße ab, die von der Landschaft auch sehr schön sein soll. Aber das heute Morgen war überragend, mein größtes Highlight bisher!

Seebär beim Faulenzen
Seebär beim Faulenzen

24. Etappe: Ward-Waikene, 110 km

Habe ich es doch geahnt. Kaum komme ich gestern aus der Bar, fängt es an zu regnen. Zum Glück nicht viel, aber mal wieder alles klamm. Die Nacht war dann auch ein Alptraum. Ich kniete mich wegen des Regens schwungvoll in mein Zelt, da machte es Peng. Ich dachte, es wäre etwas aus meinem Kulturbeutel gewesen, aber nein, in der Nacht wachte ich mit Schmerzen im Rücken auf und stellte fest, dass die Isomatte platt ist. Das war also das Peng. Also noch härter schlafen. Dazu nur 100 m entfernt von Highway 1. Jetzt weiß ich, dass in Neuseeland die Monstertrucks auch nachts fahren, gefühlt mitten durchs Zelt. Am Morgen dann gerädert auf die Straße und dort weiter mit den Viechern kämpfen. Die Dinger haben 7 bis 9 Achsen und sind einfach mächtig. Schlimm ist es bei Wind, da heißt es das Rad gut festhalten, wenn sie an dir vorbei brettern. Auf Abfahrten achte ich besonders darauf, denn je höher meine Geschwindigkeit, desto heftiger der Sog. Also die Dinger auf Abfahrten blockieren oder selbst anhalten und vorbei lassen, gesünder ist das.

Trübes Wetter, langweilige Landschaft, kein Wind. Irgendwann sah ich dann endlich mal wieder das Meer. Seit Wochen schaue ich immer an der Küste nach Tieren, aber bisher nur Vögel in Sicht. Vermeintliche Robben oder Pinguine oder erwiesen sich als Strandgut oder Algen. Heute sah ich dann aber eine Bewegung im Strandgut. Augen zusammenkneifen und wirklich, da lag ein Tier. Ich mein Rad abgestellt, über den alten Bahndamm geklettert und am Strand von hinten angeschlichen. Bis er mich sah, hatte ich ein schönes Bild, bevor er sich ins Wasser flüchtete. Stolz fuhr ich weiter. Aber was hatte ich da eigentlich gesehen? Jetzt habe ich mal etwas studiert, es handelte sich um einen neuseeländischen Seebären. Die Landschaft wurde dann immer interessanter, mehr Grün, wildere Küste und irgendwann bewegte sich wieder etwas auf den Felsen. Dort lag noch ein Seebär. Diesmal hielt ich Abstand, setzte mich auf einen Stein und futterte etwas. Plötzlich röhrt mich was von der Seite an! Liegt unter mir zwischen den Steinen noch ein Tier. Da sie farblich gut zwischen den Steinen getarnt liegen, sehe ich sie erst gar nicht. Da sie aber kaum still liegen, sondern immer unruhig sind, sehe ich immer mehr Tiere. Um mich herum und im Wasser sind etwa 15 Tiere. Ich bleibe fast eine halbe Stunde, bis mir der strenge Geruch zuviel wird. Aber vorher steige ich noch ganz langsam zum faulsten der Kollegen die Steine hinab und er lässt sich aus 2 m Entfernung fotografieren. Danach an der Küste einige Touristen, die sich auch Seebären anschauen. Über mehrere Kilometer liegen mehr als 1000 Tiere auf den Felsen! Irgendwann habe ich den Geruch so in der Nase, dass ich sie erst rieche und dann sehe.

Ich brauche danach lange, bis ich mich wieder aufs Radeln konzentrieren kann. Dann hat mein Navi einen guten Vorschlag, weg vom Highway und über kleine Wege ins Städtchen Kaikoura. In einem riesigen Supermarkt decke ich mich zum letzten Mal üppig mit Lebensmitteln ein, dann gehe ich auf Unterkunftssuche. Ich ertappe mich dabei, wie ich direkt aus der Stadt fahre. Ich wollte doch übernachten im üppigen Angebot hier und morgen aufs Land fahren. Aber hier sind einfach zu viele Menschen, Autos, Trucks und es gibt Walbeobachtung mit dem Helikopter. Auf den Irrsinn habe ich keine Lust und so fahre ich instinktiv in einen Vorort. Dort aber keine Unterkunft und so beschließe ich weiter aufs Land zu fahren. Mein Navi sagt nein, da ist ein Fluß im Weg ich fahre trotzdem weiter und siehe da, er ist ausgetrocknet. So komme ich verkehrsfrei auf meine (eigentlich für morgen geplante) Strecke in die Berge. Mit 85 km auf dem Tacho und keiner Ahnung, wo es eine Unterkunft gibt, fahre ich um 16 Uhr in die Wildnis. Nach 20 weiteren Kilometern dann das Schild für ein Motorcamp, Lodge und Zeltplatz. Perfekt! Der Weg dorthin aber nicht einfach. Ein wildes bergab und bergauf, auf schlechten Schotterwegen. Aber der Weg lohnt sich! Ich komme ich einer wunderbaren Farm an. Kaum Gäste, schöne Holzhäuser, alles sauber, um mich herum nur Berge und Tiere. Für kleines Geld bekomme ich bei den Farmern frische Eier und 2 Bier. Nach leckerem Abendessen saß ich lange mit einer Schweizerein vor der Küche, ihr Freund war mit dem Farmer auf Jagd gegangen. Ich schaute mir lieber die lebenden Tiere an. 2000 Schafe auf der Nachbarfarm, hier Rehe und Hirsche, Kühe und ständig liefen Hasen und Igal an uns vorbei um die Wette. Dazu ein toller Sonnenuntergang über den Bergen und großartige Sterne. Ein Traum! Viele der Tiere leben aber auch in meinem Zimmer. Um die Lampe summt es ohne Ende. Ich habe die stechenden mit einem Handtuch erlegt und hoffe, dass die anderen friedlich sind und mich schlafen lassen. Oder sind das Sandflies im Mückenpelz?

Die einfachste der heutigen Schluchten
Die einfachste der heutigen Schluchten

25. Etappe: Waikene-Waikari, 110 km

Nein, ich habe mich nicht verschrieben, das heißt hier so. Ich fand die Ähnlichkeit so schön, da musste ich einfach hin. Waipara gibt es auch noch, aber das war mir zu weit und es liegt auch wieder am großen Highway. Heute Morgen fühlte ich mich gut. Eine ganz ruhige Nacht, kein Geräusch, das hatte ich auch noch nicht. Die Mücken waren wirklich brav, lagen nur fast alle heute Morgen erledigt auf dem oberen Stockbett. Das waren wohl so Eintagsfliegen, neben mir auf dem Tisch liegen momentan auch welche. Dann ging es gleich richtig los. Ich musste bergauf über Schotter 3 km zurück auf die Straße und danach ging es aus der kalten Hose erst einmal 10 km lang 350 Höhenmeter aufwärts. Die nächsten 10 km waren mit 250 Höhenmetern gespickt und nach 40 km waren die 1000 schon voll. Tolle Landschaften, viele Hügel, die aber solide zu fahren waren. Das Schlimme waren die Schluchten. Eigentlich wollte ich keine „Gorges“ mehr fahren, aber heute standen ohne Ankündigung 4 Stück auf dem Programm. Da merkst du dann den Unterschied zu großen Straßen. Auf dem Highway wird eine große Brücke über das Tal gebaut, bei den kleinen Straßen geht die Straße bis kurz vor den Fluß und dort ist dann eine magere Einspurbrücke drüber gebaut. Der Weg führt zur Brücke immer steil runter und gefühlt noch steiler bergauf. Nach den 40 km dann die erste Lokalität. Ich hatte es gestern absolut richtig gemacht. Bis vor die Berge gefahren und heute mit Kraft hoch. Nach meiner Lodge wäre echt 40 km nichts gekommen. Nach den Höhenmetern hatte ich mir meine tägliche „Latte“ und einen leckeren Kuchen verdient. Latte ist hier Milch mit wenig Kaffee, das bringt mich immer in Schwung, geht aber nicht auf die Pumpe. Ab diesem Punkt ging es tendenziell bergab. Ich freute mich darauf, doch das verflog schnell. Das Tal öffnete sich und da konnte der Gegenwind richtig angreifen. Na danke! Wenn der Wind in der Gegend aus Südwest weht, bedeutet das nämlich auch Regen. Der soll dann laut Vorhersage auch morgen kommen. So lagen dann 60 km Gegenwind vor mir. Bravo! Eine tolle Landschaft, bestes Wetter, ein Traumtag, aber immer dieser blöde Wind. Ich ließ mich nicht kleinkriegen, fuhr weiter und beschloss so lange zu fahren, bis ich Rückenwind habe, denn ich sah, dass später mein Kurs eine große Kurve machte. Das war exakt bei Kilometer 100. Ich ließ 2 schöne Unterkünfte links liegen, um einmal heute guten Wind zu haben. Was passiert nach der Kurve? Ein kleiner Berg! Nach dem Hügel wieder Gegenwind. Aber immerhin eine Abfahrt und vor dem nächsten Berg endlich Waikari. Wie in den Orten davor, auch hier ein schön altes Holzhaushotel. Ich mich ganz schnell eingemietet, lecker Nachos gefuttert, dazu ein prima Speights Bier und wie allabendlich läuft die Cricket-WM. So langsam kapiere ich nach Rugby auch diese Sportart. Hat mal was, ganz anderen Sport zu sehen.

Habe jetzt etwas Gas gegeben, so sollte ich morgen schon Christchurch erreichen. Optimal wäre es, wenn ich etwas für eine Nacht finden würde, wo ich übermorgen meine Sachen abstellen könnte, um dann eine Tagestour durch die Stadt ohne Gepäck zu machen, dann noch zu duschen und anschließend das Rad abzugeben. Ich weiß nur noch nicht, ob ich dann für eine halbe Nacht eine Unterkunft nehme oder die Nacht am Flughafen verbringe, um dann tagsüber im Flieger zu schlafen, um mich schon etwas an die Zeitumstellung zu gewöhnen. Dazu noch Regen und nasse Sachen, wird also auch die letzten 2 Tage noch spannend.

Promenade von Christchurch
Promenade von Christchurch

26. Etappe: Waikara-Christchurch, 110 km

Bäh! Was ein Schrott-Tag! Am Morgen draußen alles grau und regnerisch. Ich mürrisch meine Sachen gepackt und ab zum interessanten Frühstück. Die Hotelinhaber schlafen gerne lange und so stellen sie in der Hotelküche Frühstück bereit, man nimmt sich dann alles und setzt sich in den Speisesaal. Soweit die Theorie. Ich alleine in der Küche, vorbereitet war nichts. Also suchen gehen, alle Kühlschränke öffnen, alle Vorratsdosen und zum Schluss war ich dann auch satt, obwohl ich nicht viel Leckeres fand. Außer Toast alles schimmlig, die Billignutella ranzig und hier gibt es seltsame Brotaufstriche (Farbe schwarz), von denen man sich besser fern hält.

Immerhin hatte es aufgehört zu regnen. Es ging sofort einen knackigen Hügel hoch, aber danach nur noch bergab bis zur Küste. Die Landschaft war schön, aber schon nach 15 km war die Küste erreicht, es fing an zu regnen und keine Berge schützten mehr vor dem Gegenwind. Später dann weniger Regen, aber Highway 1. Ich dachte, die liegen sonntags bei dem Wetter alle im Bett, aber nein, die waren alle auf der Straße. Grausamer Verkehr, langweilige Landschaft, Gegenwind und Nieselregen. Höchststrafe! Ich bog auf alles ab, was ruhiger war. Nebenstraßen, Schotterwege, Hauptsache weg. Es war eine einzige Quälerei. Hatte ich das zum Abschluss verdient? Immerhin konnte ich 25 km vor Christchurch abbiegen. Es hörte auf zu regnen, weniger Verkehr und nach einer Pause mit frischen Kräften weiter. Ich umfuhr dann komplett die Stadt in Richtung Küste, kam in ein Naturschutzgebiet und befand mich kurz danach ungeplant wieder auf einem Mountainbike-Track. Hier waren viele unterwegs und wunderten sich wegen meines komischen Rades. Einige fragten auch, ob ich mich verirrt hätte, aber ich fand es toll. Spannend, abwechslungsreich, schöne Natur und kein Wind im Wald. Irgendwann war es mir doch zuviel und ich wollte wieder auf große Wege. Mein Navi zeigte sie an, aber es waren immer Zäune im Weg. In dem Gebiet haben sie grauenvollerweise eine Müllkippe versteckt. Irgendwann kam ich dann aber in die Zivilisation zurück und fuhr an den Strand von Christchurch. Weiter ging es zum Hafen und dann über Nebenstraßen in die Innenstadt. Dort gab es 2011 ein heftiges Erdbeben und viele Steinhäuser, vor allem die historischen, stürzten ein. Das sah aus wie eine Mischung aus 11. September und Kriegsschauplatz. Auch 4 Jahre später viele Ruinen oder abgerissene Gebäude, dazwischen restaurierte Häuser und Neubauten. Überall Bauzäune und dazwischen Massen an Touristen. Ich war schon viele Kilometer in der Stadt unterwegs, aber was mir fehlte, waren Unterkünfte. Nirgends Schilder. Ich ging auf die Suche, fand auch ein schönes Hostel, wusste aber schon vorher, dass es ausgebucht ist. Also zur Touristeninfo und die sagten mir, die billigste Unterkunft 200 Dollar. Im Moment ist Cricket-WM, irgendwelche Motorradrennen und duch das Erdbeben gingen 6000 Betten verloren.

Also wieder Campingplatz. Von gestern noch nasse Sachen, bei dem Wetter trocknet abends auch nichts mehr, dazu kaltes Wetter und die kaputte Isomatte. So bestätigt sich mal wieder das Motto des Jakobsweges: Der Weg ist das Ziel! Ankommen ist oft uninteressant oder sogar furchtbar. Ich versüßte mir aber den Abend, indem ich ein gutes indisches Lokal fand und mir gutes Speights Bier mit auf den Campingplatz nahm. Genießen kann ich es aber nicht, im Aufenthaltsraum ist die Hölle los, Massen an Menschen und alle brutzeln hässliche Sachen um die Wette. Ich stinke schon wie eine Frittenbude (die Sachen brauche ich noch im Flieger) und einmal in 5 Minuten bekomme ich von den Gerüchen einen Würgereiz. Die Asiaten machen Muscheln, andere Hackfleisch, Zwiebeln, das brennt dann alles an und hinter mir wird mit ekligen Schlürfgeräuschen gegessen. Dafür musste ich nun 27 $ zahlen, um frittiert auf der kalten Erde zu schlafen. Wie schön war das in Waikene, für 20 $ mein Häuschen inmitten wundervoller Natur und absoluter Ruhe. Ich mag einfach keine Städte! Sch... auf Sehenswürdigkeiten, ich will Landschaft und Natur. Morgen mache ich eine Halbtagstour zu einem Hafen in der Nähe der Stadt, diesmal ohne Gepäck. Das lasse ich im Zelt, sause die Berge hoch und am späten Nachmittag gebe ich dann das Rad ab. Die Isomatte kommt in den Müll und das Zelt lasse ich auch hier, damit schleppe ich mich nicht weiter ab. Mangels Alternativen werde ich dann die nächste Nacht am Flughafen verbringen und werde dann im Flieger etwas schlafen. Ich freue mich schon auf ein gutes, heimisches Bett, mit leckeren Backwaren zum Frühstück!

Tour geschafft!
Tour geschafft!

27. Etappe: Christchurch-Christchurch, 55 km und Equilibrilog

Ja, ich weiß, das wird anders geschrieben, aber ich nenne den Nachgesang so, weil ich auf der Reise beim Schreiben dieses Tagebuchs sehr viel Equilibrium gehört und auf den Etappen gesungen habe. Ich hatte ein Lied über das frei sein und fliegen, wenn es mir super ging und ein Lied über eine schwere Wüstenkarawane, wenn es sehr anstrengend war.

Heute gönnte ich mir nochmals Anstrengung und Pushbiking. Ich wollte bei Christchurch die Berge hinauf, um mir die Landschaft und den Hafen von oben anzuschauen. Auf dem Weg dahin fand ich zufällig auch das Cricket-WM-Stadion und schaute hinter den Kulissen den schottischen Spielern beim Aufwärmtraining zu. Heute spielten sie gegen England, das Ergebnis kenne ich aber noch nicht. Dann ab auf den Berg! Heute ohne Gepäck, ein Genuss! Aber nicht lange. Ich fuhr eine ruhige Nebenstraße, musste dann auf die Hauptstraße einbiegen und was sah ich da: Tunnel. Gesperrt für Radfahrer. Mir blieb nur der „Bridle Path“, ein Wanderweg, den 1840 die ersten Siedler nahmen. Erst war es noch fahrbar, dann zu steil und steinig, also wieder einmal Pushbike! Auf den ganzen 350 Höhenmetern fragte ich mich, warum die Siedler jahrelang über den Pass kamen, wo es doch in Christchurch direkt eine flache Bucht gibt? Ich werde es noch erörtern im Internet. Oben war die Belohnung grandios! Ein toller Blick auf Christchurch und die Bucht von Lyttelton auf der anderen Seite. Malerisch! Ich habe auch beim Schieben diesmal kaum geflucht, ohne Gepäck war das fast angenehm. Ich fuhr dann die spektakuläre Kammstraße und ärgerte mich, mal wieder zu wenig Zeit zu haben. Allein auf diesen Bergen wären 2 Tage Rennrad, 3 Tage MTB und mehrere Tage Wandern möglich gewesen. Ein tolles Wegenetz und kaum Leute. Leider musste ich die nächste Passstraße wieder zu Tale fahren, mit einem Belohnungsstopp in einem schönen Aussichtscafe. Dann noch eine Runde Stadtverkehr, Zelt abbauen und das gute Rad abgeben. Nachdem ich anfangs die Gangschaltung einstellen musste, lief es super. Keine Panne, kein Mucken, kein Abwurf, kein Ausritt und auch kaum Knieprobleme. Super Rad! Der Körper ist eben auch keine Fünfzehn mehr, spielte aber super mit. Nach der statistischen Auswertung kamen 2500 Radkilometer und 30 Fußkilometer zusammen. Was ich bei der Erstellung der Tour für einen Computerfehler hielt, wurde Wahrheit. 24000 Höhenmeter! Und das alles mit dem Gepäck, da ist eine Ibuprofen in den ganzen Wochen lächerlich. Taugt doch noch der Apparat! Wurde auch gut bei Laune gehalten. Ich arbeite eben immer nach dem Belohnungsprinzip und ein Salat am Abend ist bei der hiesigen Qualität keine Belohnung und gibt auch zu wenig Kraft für die Folgeetappe. Da muss schon ein Stück Kuchen, Kekse oder ein Bier her. Die Rangliste der Belohnungen: 1. Speights „Gold Medal Ale“ Bier. 2. Afghan Bisquits. 3. Real Fruit Eiscreme 4. Muffins oder Kuchen, wobei da viele auch nicht sehr lecker waren. Also am Ende der Tour alles super trainiert, aber der Bauch ist noch da und bekam dafür als Belohnung ein neues Fahrradtrikot der Größe L, nicht M.

Nachdem ich das Rad abgegeben hatte, schaute ich allen Mitarbeitern des Radverleihs tief in die Augen und fragte, ob sie mich nicht nach Arbeitsschluss kurz am Flughafen abliefern könnten, aber die waren alle mit dem Rad da und der Chef musste noch lange arbeiten. Für ein Taxi war ich zu stolz und zu geizig. Auch die letzten 2 Kilometer wollte ich mit Muskelkraft überbrücken. Also Gepäck geschultert und durch. Diesmal nahm ich eine ruhige Seitenstraße, lief alles in einem Stück, denn ich hatte vorher nochmal Afghan Kekse gekauft, grins! Am Flughafen suchte ich mir eine sonnige, windstille Ecke und machte Futterpause, anschließend folgte Maniküre. Dann ging die Sonne langsam unter, ich flüchtete vor dem kalten Wind in den Flughafen und fand fürs 2. Abendessen eine Bar, natürlich mit Cricket und Speights. Leider machten die bald zu, ich zog um, stöpselte die Technik ein, erstellte die Reisestatistik und wurde auch dort vertrieben. Flughafen dicht. Wer über Nacht bleiben wollte, bekam ein Bändchen und musste für 5 $ in die Lounge. Hört sich gut an, ist aber eher ein Keller, die Klimaanlage rumpelt mit 50 Dezibel und man darf auf Polstersäcken oder auf dem Boden versuchen zu schlafen. Ich versuche es erst später, wenn ich hundemüde bin, vielleicht geht es dann etwas besser. Nun also das Nervige, der lange Rückflug. Zeit zum Reflektieren. Viele haben mich gefragt, ist das denn Urlaub? Sich bei Wind und Wetter die Berge hochquälen, um dann auf dem Boden zu übernachten. Ich habe darüber nachgedacht. Auf jeden Fall ist es Urlaub für den Kopf, der bleibt bei mir fast den ganzen Tag ausgeschaltet, wird nur zum Orientieren und Unterkunftssuche eingeschaltet. Das Tagesgefühl setzt sich aus 5 Säulen zusammen. Das wären:

  1. Gesundheit (Krank oder mit Schmerzen macht keine Etappe Spaß)

  2. Wetter (Alle reden immer darüber und ist bei Outdoorsport auch unendlich wichtig)

  3. Ausrüstung (Keine gescheite Kleidung, zu viel Gepäck oder das Rad zickt)

  4. Gelände (Geröll, zu steile Berge, Matsch oder langweilige Strecken machen keinen Spaß)

  5. Verkehr (Zu viele Autos oder Trucks bei Wind sind die Hölle)

Die Säulen haben jeweils eine Skala von 0 bis 100 . 0 bedeutet furchtbar, 100 bedeutet traumhaft. Gut ist, wenn sich alle 5 Säulen zwischen 50 und 100 befinden. Tendiert eine gegen 0, können alle anderen bei 100 sein, es macht trotzdem kein Spaß. Zum Beispiel durch tollste Landschaft bei bestem Wetter ohne Autos und ohne Gepäck fahren, macht keinen Spaß, wenn das Knie bei jedem Tritt schmerzt oder der Hintern höllisch brennt. Aber mit leichtem Schnupfen bei Wolken mit schwerem Gepäck leichte Hügel fahren auf einer kleinen Landstraße, geht wiederum.

Wenn ich also alles zusammenrechne, komme ich auf insgesamt 6 Schrotttage (wobei es eher 12 Tage waren, an denen etwa die Hälfte des Tages nicht taugte), sind das bei 27 Etappen nicht einmal ein Viertel. Ich hatte nur 3 Tage, an denen es stärker regnete, insgesamt etwa zusammen nur 10 Stunden Regen während der Fahrt. Das ist doch ein guter Schnitt (vor allem, wenn ich die Vorhersage der nächsten 2 Wochen für den Süden und Westen sehe). Also wie so oft jammern auf hohem Niveau, aber ich mag es nun einmal gerne trocken und schön warm. Die Nordinsel ist wärmer und trockener, aber dafür weniger spektakulär und auch mehr Verkehr. Darum gibt es sehr viele, die sich das Gepäck transportieren lassen, um ohne Verkehr über Trails fahren zu können, sich die Berge hochfahren lassen und bei schlechtem Wetter auch in den Bus steigen. Bis auf die Gesundheit werden so 4 Säulen auf über 50 % gehalten. Aber ein Abenteuer ist das dann nicht mehr und auch viel teurer.


Works End. Cheers!