So schick sah der "Busch" im ungarischen Spätsommer aus
So schick sah der "Busch" im ungarischen Spätsommer aus

02.01.2022 Vorgeplänkel und Start der Grand-Tour

 

Hallo ihr Lieben! Laaaange habt ihr nichts mehr von mir gehört. Warum?

 

Der Virus hatte den Tourismus und mein Leben ziemlich aus der Bahn geworfen. Die Saison 2020 bei Velotrek ging für mich baden und so heuerte ich als Verkäufer bei Kelpe Bikes in Alfeld an. Den täglichen Wahnsinn mit den Kunden könnte ich auch zu einem interessanten Buch zusammenfassen, aber da würden sich sicher einige auf den Schlips getreten fühlen. Also lassen wir das lieber.

 

Fakt war, dass meine Gesundheit schon den letzten Winter stark gelitten hatte und ich mir als Ablenkung von dem ganzen Irrsinn auf der Welt einen Camper zulegte. Dieser war rustikal ausgebaut, aber von schön oder praktisch war keine Rede. So steckte ich einiges an Zeit und Geld in das Projekt, prima unterstützt von meiner Freundin, die viel für die Sparte „schön“ verantwortlich war und mit ihrer Kreativität den Bus schick machte.

 

Um meiner Gesundheit was Gutes zu tun, zog ich dann ab Mai 2021 in den Bus ein. Anstatt Industriesmog und Autolärm, absolute Idylle und klare Luft am Humboldt-See. Von dort jeden Tag durch das Leinebergland mit dem Rad zur Arbeit, zusammen 35 Kilometer und 400 Höhenmeter. Dabei half mir mein angeschafftes E-Bike. Ja, ein böses Elektro-Fahrrad, aber meine Atmung ließ es nicht anders zu. So kam ich jederzeit entspannt und pünktlich auf der Arbeit an und die täglichen 400 Höhenmeter dienten als Trainingseffekt. Über den Sommer ließ sich das gut aushalten, aber im Herbst kamen Nässe und Kälte zurück. Der Gedanken an den bevorstehenden Winter war für mich der Horror.

 

Im September waren wir dann erstmals mit dem Camper auf Tour, die Reise führte zu vielen netten Menschen in Deutschland, die wir teils nach Jahren oder sogar Jahrzehnten endlich wieder sahen und in ein Ungarn ohne Corona-Maßnahmen. Ein toller, maskenfreier Urlaub mit viel Wassersport, Radeln und Wandern.

 

Bei den Touren kam meine Reiseleiter-Lust zurück und wieder in Deutschland, die Panik vor dem Winter. Fast zeitgleich rief mich Peter, der Chef von Velotrek an und fragte mich, ob ich 2022 wieder für ihn arbeiten möchte. Nach meiner spontanen Zusage beschloss ich fast genauso spontan, Ende 2021 meinen Verkäufer-Job an den Nagel zu hängen.

 

Dies fiel mir schwer, da ich bei der Firma Kelpe sehr gut aufgenommen wurde. Nachdem es ausgesprochen war, hieß es den Bus winterfest machen und entgegen meiner ursprünglichen Idee, statt bis Oktober, bis Mitte Dezember auf dem Campingplatz zu bleiben. Fortan hieß mein Gegner Feuchtigkeit. Unmengen von Kondenswasser, durch Schlafen, Kochen, Heizen und täglich nahezu 100% Luftfeuchtigkeit im norddeutschen Herbst. Wöchentlich stiegen die Ausgaben für Luftentfeuchtung, ob Salz, chemisch oder elektrisch. Doch jedes Mal, wenn ich mit dem Auto fuhr und erstmals bremste, gab es eine unerwünschte Dusche, da das ganze Wasser an der Innenseite des Deckenmetalls der Schwerkraft folgte und am Ende aus der Deckenverkleidung auf mich abregnete.

 

Also half nur noch dauerhaft heizen, was sich am Ende in einer saftigen Stromrechnung niederschlug.

 

Da Solaranlage und Batterie bei der trüben Suppe auch keine Leistung mehr erbrachten, spendierte ich dem Auto noch eine schicke neue Lithiumbatterie und einen Laderegler, damit „der Gerät auch beim Fahren immer geht“.

 

Blieb dann die Frage, was nach dem 31.12.2021 bis zum Beginn des Velotrek-Vertrages im Mai 2022 anstellen? Da ich den beschriebenen Horror vor dem Winter hatte, beschloss ich spontan den Blinker Richtung Süden zu setzen. Aber wohin, wo den Camper abstellen und wenig Corona-Wahnsinn mitbekommen?

 

Auch da half mir Stephanie weiter. Als ich eines abends zu ihr kam und erzählte, dass ich vor der Arbeit mal wieder mit Schafen gesprochen, sie gefüttert und gestreichelt hatte, entstand eine Idee. Nein ich bin nicht gaga. Ich bin während meines Urlaubes in Neuseeland 2015 so viel unter Schafen gewesen, dass ich sie lieb gewonnen habe und immer, wenn ich eine Herde sehe, versuche ich sie „anzubähen“. Ich habe lange gebraucht, bis ich den Ton einigermaßen getroffen habe, aber nun antworten sie öfters mal. Und wenn ich früh dran war, hatte ich kurz vor Alfeld eine kleine Herde, die sehr redselig, verfressen und ein Schaf davon noch knuddelbedürftig war.

 

So meinte Stephanie, ich soll doch mal bei Wwoof oder Work away anfragen. What? Hatte ich noch nie gehört. Also ins Netz geschaut und gesehen, dass die, im Gegensatz zu Work and travel, auch ältere Kandidaten suchen. In Neuseeland lag der Schnitt so zwischen 18 und 25 Jahren, nach dem Lesen fasste ich nun auch in meinem Alter Mut. Ich stellte spontan einige Anfragen für die Kanaren und Südspanien ein. Bauernhöfe, Farmen und Tierheime. Nach einigen Tagen Stillstand kamen die ersten Antworten, aber nur Absagen oder „meld dich mal in einigen Wochen“. Aber dann eine spontane Zusage! Eine norwegische Auswanderin, die auf ihrer Finca Hilfe braucht. Alle anderen schrieben immer trockene Fakten, sie hatte den Schelm im Nacken. Sie schrieb von einem „Shitjob“, denn sie habe 12 Hunde und da bleibe „Shitwork“ nunmal nicht aus. Dazu bräuchte die Hilfe bei der Pflege der Hunde, Haus und Garten.

 

Yes! Wärme, viel Platz für den Bus, kein Corona-Generve und ein Teilzeitjob, dafür freie Kost und Logis.

 

Und so geschah es, dass ich Niedersachsen im Dauerregen leichten Herzens und Stephanie schweren Herzens hinter mir ließ (aber für die Zukunft gibt es gemeinsame Träume im Tourismus). Silvester verbrachte ich mit meiner Familie in Hessen, am 1.1. noch ein Besuch bei meinem treusten Rad- und Wandergast von Korfu (wer als erstes die Lösung richtig ins Gästebuch schreibt, bekommt auf der nächsten gemeinsamen Tour ein Bier von mir) und am 2.1. wurde dann der Blinker rechts, über den Rhein nach Frankreich, gesetzt.

 

Von dort schreibe ich auch diese Zeilen. Der Camper steht nach bisher 850 gefahrenen Kilometern in einem kleinen Dorf oberhalb von Besancon (die Franzosen mögen mir den „Fleischerhaken“ unterm „c“ verzeihen, keine Ahnung, wo ich den finde), namens Fontain.

 

Zum Glück war der Jahreswechsel verbunden mit sehr mildem Wetter, was noch anhält. Denn mit meiner Gasheizung kann ich nicht schlafen, viel zu gefährlich, die ist nur für die schnelle Erwärmung der Hütte zuständig und die gemütliche Infrarotplatte läuft ohne Stromanschluss nur maximal 3 Stunden. Danach ist die Batterie platt und ich sitze nicht nur kalt, sondern auch im Dunkeln. So heißt es jetzt nochmal „angasen“, schön warm einschlafen und dann in der Nacht die Mütze überziehen, wenn die Temperatur auf 10°C runter geht. Zum Glück aber eben nicht in Richtung Gefrierpunkt.

 

Papstpalast in Avignon
Papstpalast in Avignon

05.01.2022 Es geht abwärts...

 

...mit den Temperaturen und auf der Landkarte. Das war schon klar, denn wann gab es schon ein Silvester mit 15°C Plus?! Ich fuhr nach einer angenehmen Nacht (ohne Mütze) gemütlich weiter südlich durch das Département Jura. Richtig schön! Eine Art Allgäu durchzogen von vielen Flüssen. Eine nette Berg- und Talfahrt mit kleinen Dörfern, in deren kleinen Läden ich mich mit regionalen Leckereien eindeckte. Vor allem mit Comté-Käse, der aus der Region stammt und Produkten aus Selbigem.

 

Dann wechselte ich in die Ebene, um meinem Bus nicht zu viele Berge und Kurven anzutun. Da ich Zeit habe und Geld sparen möchte, verzichte ich auf Autobahnen mit Gebühren. Erstmals musste ich für diese Entscheidung büßen, da ich durch den ganzen Moloch von Lyon geführt wurde. Ekliger Smog, Beton und Autos bis zum Horizont. Das wurde zwar im Rhonetal dann landschaftlich wieder schön (vergleichbar mit dem Rheintal), aber immer noch stark bebaut und befahren. So wechselte ich die Seite der Rhone vom Departement Drome (das Dach fürs „o“ finde ich auch nicht) nach Ardeche. Gleich wurde es ländlicher und als noch ein offizieller, umsonstiger Wohnmobilstellplatz mit Wasserzapfanlage auftauchte, blieb ich spontan stehen. Ganze 5 Stellplätze gab es, ich belegte Nummer 4. Aber wo war ich eigentlich?

 

Auf einem Schild mit Verhaltensregeln am Platz las ich was von Coronas-Regeln. Wie verseucht das Gehirn schon ist! Dort standen die Regeln für den Platz in Cornas. So heißt das Ort und von Seucheneinschränkungen stand dort gar nix!

 

Zum Sonnenuntergang unternahm ich einen Spaziergang in die Weinberge. Sackesteil, aber sehr schöne Ausblicke. Noch ein Schlendergang durch die Dorfmitte und dann ab in den Bus zum Schreiben und Futtern.

 

Am Folgetag nur eine kurze Etappe per Auto, die jedoch nervig war, durch die starke Besiedelung des Rhone-Tales. Viel Verkehr und unendlich viele Kreisel. Warum gibt es eigentlich keine rechtsdrehenden Kreisel, damit sich das Hirn auch mal in die andere Seite verwickelt? Ich stellte mein Auto in die Botanik von Villeneuve les Avignon, weit weg von den touristischen Ecken, an denen wohl gerne mal eingebrochen wird.

 

Erstmals kam ein Fahrrad zum Einsatz und da ich die vielen Hügel sah und in Ermangelung einer Duschmöglichkeit, zog ich das E-Bike vor. So kurvte ich zu Tale, überquerte die Rhone und hinein ins Renaissance-Städtchen Avignon. Was schön ist, im Winter gibt es wenig Touris und so konnte ich alles per Rad ansteuern, ob Palast des Papstes, Rathaus und den schicken Park, von dem ich auch Blick auf die berühmte Brücke hatte. Von dort sah ich gegenüber in Villeneuve auch ein riesiges Fort, dass meinen Namen trägt, also war St. André für später vorgemerkt. Die Befahrung derBrücke ließ ich wegen Absperrung und Coronagedöns aus. Ich wollte am Rhoneufer zurück, aber das war noch alles mit knietiefem Matsch zu, der Fluss hatte gerade den Höchststand des Hochwassers hinter sich.

 

Also entlang der Straßen zurück nach Villeneuve und nach einem leckeren Bäckereibesuch ging es gestärkt zu meiner Festung St. André. Von dort gab es sogar richtig schicke, verkehrsarme Sträßchen durch die Altstadt und am Ende einen kleinen Trail zum Auto. Perfekt! Der Tag war grau, aber noch mild, in der Nacht kam dann der Temperatursturz.

 

Am nächsten Tag weckte mich der Wind, der am Auto rüttelte. Also früh los, denn ich wollte noch einen Stopp im mittelalterlichen Städtchen Aigues Mortes einlegen. Eine Stadt mit noch erhaltener, komplett einschließenden Stadtmauer, gelegen in den Sümpfen und im Mittelalter Startpunkt von zwei Kreuzzügen. An windgeschützten, sonnigen Plätzen, ein herrlich sonniger Tag, im Schatten mit Wind, die Hölle.

 

Nach dem schönen Stadtspaziergang erreichte ich die Mittelmeerküste und im Sumpfland der Camargue standen rosa Flamingos. Als ich einen Park- und Fotoversuch der Tiere machen wollte, driftete ich aus Versehen ans Meer ab. Viele freie Parkplätze, Pinienwald, Sanddünen und warmer Sand. Perfekt für einen spontanen Barfußspaziergang.

 

Die Flamingos waren allerdings nur vom Auto aus fotografierbar, jeweils fehlten die Parkmöglichkeiten. Im Vorbeifahren sieht man auf den Fotos aber eher unscharfe, rosa Striche. Weiter ging es Richtung Narbonne. Im offenen Hinterland fegte der Sturm heftig durch, ich hatte abends Muskelkater in den Armen, so fest musste ich das Lenkrad halten. So kam ich platt und frierend bei Stephanies Bruder an, mit dem ich einen netten Abend am Kamin verbrachte. Er lehrte mich viel über die Umgebung. Herkunft des Namens Languedoc (= wörtlich Sprache des Okzidents), Geschichte der Gegend Corbiere und über die Katharer. Die hatte ich noch nie gehört, war ich wohl in Geschichte Kreide holen. Sie wurden wegen ihrer religiösen Überzeugung (Dualismus) verfolgt und flüchteten sich in die angrenzenden Ausläufer der Pyrenäen. Da wusste ich noch nicht, dass ich ihren Nachfahren begegnen würde.

 

Sagrada Familia, der Moloch ist ausgeblendet
Sagrada Familia, der Moloch ist ausgeblendet

07.01.2022 Freddy Mercury singt Barceloooona

 

Nach einer Nacht im warmen Prinzessinenbett (das Hochbett von Christophes Tochter mit Netzverhüllung war für mich frei), sollte es über Narbonne in Richtung Spanien gehen. Am Vortag fiel mir die Strecke aber schon unangenehm wegen grob 328 geschätzten linksdrehenden Kreiseln auf. Da drehte ich direkt nach Süden ab, denn die Strecke sollte auch kürzer sein. Hätte ich genauer geschaut, wäre mir die viel längere Zeit aufgefallen, Höhenmeter interessiert das Autonavi schon mal gar nicht. So ging es plötzlich etwa eine Stunde bergauf und dann tauchten Dorfnamen und Burgen auf, die ich im Prinzessinnen-Bett im Zusammenhang mit den Katharern zum Einschlafen gelesen hatte. Hammerlandschaft! Überall Weinberge, kleinste Straßen und am Horizont schneebedeckte Gipfel. Es hieß nur die Nerven behalten, den Leitplanken hatten sie sich gespart, sonst wäre die Sicht in den Abgrund verbaut gewesen. Dazu noch Maßarbeit in einer Baustelle. 2/3 der Straße aufgebaggert links, und rechts 5 rauchende Arbeiter, die ihre Bäuche einzogen, damit ich geradeso vorbei kam. Nach nur gefühlten 15 Minuten bergab war ich zurück in der Ebene von Perpignan. Ich hatte weiter Lust auf Kurven und so vermied ich Autobahn und nahm die schöne Küstenstraße in Richtung Grenze. In den Bergen zuvor ging es noch mit dem Wind, aber an der Küste bis zu 9 Windstärken. In den Buchten fliegendes Wasser, auf den Höhen fliegende Hüte. Einmal wagte ich mich aus dem Auto, das heißt ich versuchte es, denn die Autotür war fast nicht zu öffnen. Die Fotos waren meist auch verwackelt, denn ruhiges Stehen unmöglich.

 

Der spanische Grenzübergang war auch nur noch durch farbbeschmierte Ruinen erkennbar und pünktlich hinter der Grenze ließ der Wind nach. Ich fuhr direkt ans Meer, das bekannte Lloret de mar, was aber zu der Jahreszeit herrlich untouristisch ist. Ich erkundete die Umgebung ausgiebig, die Eremitage der örtlichen Schutzheiligen Santa Cristina und 3 Strände, an einem bleiben die Schuhe auch wieder aus. Ich hielt mich für hart, war ich doch der Einzige, bis sich 2 Frauen und ein Kind entblätterten und schwimmen gingen. Ich fragte später nach, wie die Temperatur sei, die eine Dame meinte auf deutsch „arschkalt“. Einen Badefisch hatten sie nicht, meiner wollte nicht mit mir ins Wasser, ich definiere arschkalt mal als unter 15 Grad.

 

Beim gemütlichen Bergauflaufen zurück, meldete sich plötzlich meine Alarmanlage. So wurde daraus ein Bergaufgalopp mit bangem Nähern ans Auto. Sah alles gut aus, nur merkte ich, dass die Hecktür nicht mehr richtig schloss. Die Tür machte schon öfters bei verschiedenen Temperaturen Probleme, aber bisher ging sie höchstens nicht auf. Also überall WD40 rein, etwas gereinigt, aber leider ohne Erfolg. Die Temperatur sank merklich, in der Nacht war um den Gefrierpunkt angesagt. ich hatte dann die gute Idee, die Tür von innen mit einem Spanngurt zu sichern, allerdings war das mit viel Ausräumen und Kriecherei verbunden.

 

Es funktionierte, die Tür hielt dicht. Ich hatte mich gut eingemummelt und so störten mich die 3°C Innentemperatur am Morgen kaum.

 

Heizung an, warmes Käffchen und dann Werkstatt suchen. In Spanien ist heilige 3 Könige Feiertag, so machen viele ein langes Wochenende. In der 3. Werkstatt wollte sich dann endlich jemand das wenigstens anschauen. Er verstand mich aber schlecht, denn ich sagte, die Tür ginge nicht zu und er bekam sie nicht auf. Aber ich hatte sie ja mit dem Spanngurt gesichert. So schickte ich ihn nochmal weg, räumte wieder unter dem Bett aus und löste den Gurt. Dann holte ich den guten Mann wieder und siehe da, die Tür ging gar nicht mehr auf. Jetzt staunten wir beide. Er meinte, Bett ausbauen, Verkleidung abmachen und am Montag wiederkommen. Ich bleib vor der Werkstatt und bastelte selbst, aber die Verkleidung geht ohne Türöffnung nicht vollständig ab. Was tun? Keine Ahnung. Immerhin blieb sie jetzt zu und ich fuhr spontan nach Barcelona mir die Sagrada Familia ansehen.

 

Ich parkte außerhalb mit schöner Aussicht auf die Stadt. Aufgrund der vielen Berge ging es wieder mit dem E-Bike auf Erkundung. Was ein Moloch! Mehrfach wollte ich wieder umkehren. Auto- und Menschenmassen, Maskenpflicht und Smog. Bäh! Abseits der Hauptstraßen nur Einbahnstraßen-Labyrinthe. In den Schluchten fand ich das Riesenteil von Sagrada Familia mangels Sicht nur mit dem Navi. Dort Bauzäune, Kräne, Menschenmassen und Verkehr. Da ich schon mal da war, zwang ich mich zur Stadtrundfahrt, beschloss aber dann auf den Hausberg mit schöner Kapelle zu fahren. Raus aus dem Chaos, schöne Serpentinen und oben nette Aussichten, wenn nicht der Fernsehturm im Weg stand. Auf dem Weg hunderte Rennradfahrer, wie viel das bei Wärme und an einem Sonntag sein mögen?

 

Dann meldete sich wieder meine Alarmanlage, ich 10 km entfernt. Zurück suchte ich mir Schleichwege durch Siedlungen, um dem Moloch nicht nochmal zu begegnen. Wieder mit Bauchschmerzen ums Auto, und was soll ich sagen. Die Tür wäre wieder offen gewesen, hätte ich sie nicht festgezurrt gehabt. Aber der Griff funktionierte, genau 2x, dann wollte er wieder nicht mehr. Scheint also wieder mit der Temperatur zusammen zu hängen, bei Kälte geht sie nicht auf und bei Wärme dafür von alleine. Also Spanngurt dran lassen, ist ja trockenes Wetter und für Wassersport zu kalt, also nicht lüften oder paddeln. Auch gut. Nach dem Schreck schön den Sonnenuntergang über der Stadt beobachtet und dann zurück in den ruhigen Bus. Von wegen, plötzlich immer mehr junge Leute, meist mit getun(ed)ten (wie wird das geschrieben, sieht eher tuntig aus?) Autos und dickem Bass. Überall roch es nach Shit, die genossen hier Ungestörtheit und Maskenfreiheit außerhalb der Stadt. Während ich hier sitze, werden die Autos immer mehr und die Bässe lauter. Ich hoffe, denen ist es bald zu kalt und sie machen sich vom Acker, damit ich schlafen kann. Warum Freddy Mercury den Moloch besungen hat, weiß ich nicht. Oder hatte der genug mit den Jungs hier geraucht?

 

"Wanderweg" direkt zum Friedhof von Cullera
"Wanderweg" direkt zum Friedhof von Cullera

11.01.2022 Wind, Sonne und mehr Meer

 

Etwas gerädert wachte ich früh auf, die Bässe waren irgendwann verhallt, aber dafür hatte mich der Sturm wiedergefunden. Er rüttelte am Auto und vor allem an den Fahrrädern und der Plane. So schälte ich mich früh aus dem Bett, um den Sonnenaufgang über Barcelona mitzubekommen. Dann nix wie weg. Ich fuhr nur eine kurze Etappe ins Delta des Flusses Ebro, denn das Fahren war wieder echter Kraftsport bei dem brutalen Seitenwind. Dort gab es massig Stellplätze vor einem geschlossenen Campingplatz. Ich ging auf Erkundung. Sehr schön angelegte oder natürliche Wege entlang des Flusses und den Brackwasserseen. Massig Vögel: Reiher, Kormorane, Möwen und eine Großkolonie Flamingos. Aussichtstürme und Holzschutzwände mit Gucklöchern machten das Beobachten leicht. Nur dazwischen komische Vögel, die inmitten der Natur mit blauen oder schwarzen Gesichtslappen durch die Gegend schwirrten. Diese arme Vogelspezies hat anscheinend ein Schaden fürs Leben weg.

 

Der Wanderweg dehnte sich aus und ich war dann ganz alleine in herrlicher Natur, legte mich windgeschützt ab, döste und holte mir die erste Gesichtsfarbe des Jahres ab. Weiter ging es durch Dünen zu einem Strand für Wind- und Kitesurfer. Ich überlegte auch für den nächsten Tag meine Wassersportsachen auszupacken. Aber erst einmal zurück und bei einem Aperitif auf einem Steg im Ebro den herrlichen Sonnenuntergang anzuschauen. Gestört wurde die Idylle nur von einem Monstertruck aus Konstanz, dessen Besitzer versuchte das Riesenteil unbedingt nahe des Stegs zu parken, wie es ein Franzose ihm vorgemacht hatte. Der Steuermeister aus Konstanz nahm aber zielsicher jeden Busch und abgestorbenen Baum am Wegesrand mit. Es quietschte und knackte am laufenden Band, mir lief es eiskalt den Rücken runter, wie er sein Prunkstück von geschätzten 200000€ mächtig zerkratzte. Irgendwann stand die Karre dann solala und die Insassen entstiegen mit Kameras, um den Sonnenuntergang einzufangen. Sie hatten aber so lange Büsche malträtiert, dass das Abendrot sich schon vom Acker gemacht hatte.

 

Nach einer super ruhigen Nacht entstieg ich erst spät dem Bette, was auch an der schönen Wärme lag. Die nutzte ich zur ersten Großwäsche im Bus. Bisher war ich immer auf Campingplätzen oder als Duschnomade untergekommen. Ging aber ganz gut, Jahrtausende lang gab es auch nur Waschschüsseln. Aber was war mit dem Wassersport? Den Gedanken verwarf ich schnell, denn ich war schön sauber, es windete schon wieder zu heftig und die Sonne hielt sich auch noch bedeckt.

 

Eigentlich wollte ich gar nicht weit fahren, aber unterwegs flaute der Wind kurzzeitig ab und an der Küste standen mir auch zu viele Hotelburgen. So ging es in einem sicheren, großen Bogen an der nächsten Großstadt (Valencia) vorbei. Dann fuhr ich zum Mundraub aufs Land. Seit 80 Kilometern fuhr ich auf der Autobahn durch endlose Orangenplantagen, da konnte ich nicht widerstehen. 2 Stopps für Orangen, einen für Kakis. Die Orangen super lecker, die Kakis pelzig ohne Ende. Wie sieht man denen an, ob drinnen ein Felltier lauert oder nicht? Muss ich mich schlau machen. Ich schipperte an den fast verlassenen Touriort Tavernes de la Valldigna. Warum? Ein riesiger Strand für mich alleine. Schuhe aus und bei 18°, Sonne, aber wieder starkem Wind losspaziert. Im Sand, am Wasser und dann auch mit den Füßen im Wasser. Leider gibt es hier fiese, dornige Trockengewächse, die der Wind an den Strand weht und ich 4x die Mistdinger im Huf stecken hatte.

 

Dann kam der Hunger. Die ganze Gegend abgesucht, kein Supermarkt, keine Bar, kein Bistro offen. Nur Nobelrestaurants, die mich ohne Derfschein (hessisch für Eintrittserlaubnis) nicht wollen. Also ab in den Bus und was zaubern und dann Strandspaziergang Nummer 2 zum Sonnenuntergang. Zurück durch eine kleine Siedlung mit schönen bunten Blumen, aber auch leider so viel spanischem Müll. So eine Sauerei. Für den nächsten Tag waren 20° angesagt. Genug für das Weichei zum Wassersport?

 

Es waren am Folgetag sogar 23 Grad angesagt! Ich begrüßte meinen Nachbarn, der laut Kennzeichen auch aus Norddeutschland stammte, freundlich, als er seinem Camper entstieg. Seine Antwort: Warum sind sie so nah an mich rangefahren!? Ich antwortete freundlich, dass ich ebenfalls hinter dem Zaun Windschutz suchte und dem quer stehenden Franzosen auf der anderen Seite Platz zum Ausparken gönnen wollte. Er grunzte darauf nur: Abstand ist wichtig! Ich wollte eigentlich noch sagen, dass ich am Vortag erhofft hatte, einen netten Nachbarn zum eventuellen Plaudern kennenzulernen und befand 3 m und 2 Blechwände auch als angemessenem Abstand, aber das behielt ich am Ende für mich und suchte mir einen neuen Platz. Ich fand einen Traumplatz mit direktem Meerblick, ohne stachlige Bodendecker und ebensolche Nachbarn. Ätsch!

 

Also raus aufs Wasser. Mein SUP (bisher 1x getestet) aufgepustet und dann meinen brandneuen Wing, den ich auf Empfehlung von Basti, meinem Ex-Kollegen bei Corfelios, erworben hatte. Für alle, die so ein Teil nicht kennen: Sieht aus wie ein überdimensionales Batman-Zeichen mit 5 Quadratmetern Fläche und wird in der Hand gehalten, in der Funktion dann ähnlich wie ein Surfsegel.

 

So weit die Theorie. Meine praktische Erfahrung sah anders aus. Ich suchte mir eine fast geschlossene Badebucht, damit ich keine Wellen hatte und probierte das Ganze bei ablandigem Wind aus. Fahren funktionierte schnell ganz gut, aber nur im Raumwind und der blies mit Kurs auf Ibiza und nicht zurück an den Strand. In meiner Steinbucht kamen die Felsen immer schnell sehr nah, ich hatte aber mein Paddel dabei und sparte mir so peinliche Aktionen. Hilfe wäre auch keine weit und breit gewesen. Als ich dann außerhalb des Schutzes einen Versuch unternahm, erschien mir virtuell Ibiza am Horizont und ich paddelte ächzend gegen den Wind wieder ans Ufer zurück. Danach waren Arme und Stimme platt. Wer meine Anfänge des Surfens auf Korfu verfolgt hat, der glaubt mir bestimmt, dass man mein Fluchen hier noch im entfernten Valencia vernommen hat.

 

Ich duschte mich und das Material ab, ließ mich und das Material in der Sonne trocknen und da bei mir die Luft raus war, entließ ich sie schließlich auch aus dem Material. Der größte Kraftakt kam aber noch. Alles in den Bus einräumen bei weiterhin fest geschlossener Hecktür bei 30° Innentemperatur. In Badehose kämpfte ich das ganze Zeug wieder in den Stauraum unter dem Bett und beschloss dem ein Ende zu setzen.

 

Nach einer schön warmen Nacht sah ich aus dem Fenster und erkannte erst einmal nichts. Der Wind hatte gedreht und mein ganzes Auto war voll mit Salzbapp von der Brandung. Hmm, Nachteil am Meerblick. Also gefrühstückt, Scheiben gesäubert und ab zur nächsten Mercedes-Werkstatt. Dort witziges Kauderwelsch mit der Dame im Büro, die es dann zur Chefsache machte und ich mit dem 10 Worte englisch sprechendem Mann zum Auto ging, um ihm das Problem zu demonstrieren. Er nahm den Griff und die Tür ging auf! Erstmals seit 3 Tagen. Er guckte mich irritiert an und fragte, was ich für ein Problem hätte. Kopfschüttelnd machte er die Tür wieder zu und siehe da, sie schwang hinter ihm wieder auf. Nun war er irritiert und probierte das alte Aufundzukatzundmaushaschmichichbindiebösetür-Spiel, gab nach 5 Minuten auf, verstand mich endlich und bestellte in Madrid ein neues Schloss für den Folgetag.

 

So fuhr ich mit dem restlichen halben Tag ins Hollywood von Valencia. Inmitten der flachen Küstenregion mit Strand vorne und Reisfeldern hinten, steht einsam ein Berg, der mich von der Form an den australischen Ayers Rock erinnerte. Auf ihm prangen hollywoodmäßig riesige weiße Buchstaben. CULLERA. Hört sich vor allem auf hessisch witzig an. Ich beschloss nach oben auf einen empfohlenen Parkplatz zu fahren, umringt von alten Kanonen, einer Burg und einem Heiligtum, um dann zu Fuß über den Berg zu wandern und hoffentlich nicht zu „kullern“.

 

Eine geniale Wanderung! Tolle Aussichten, spannende Wege und Sonne pur. Wie immer wollte ich eine Runde laufen. Die Seite der hässlichen Hochhausstadt kam nicht in Frage, also mal die ländliche Seite testen. Mein Navi sagte Sackgasse, der spanische Wegweiser sagte, der Weg geht zum Friedhof. Zweiteres stimmte, aber ein Weg war es plötzlich nicht mehr. Immer felsiger und die letzten 50 Höhenmeter eine komplette Steinplatte, die direkt am Friedhof endete. Zum Glück hatte ich gutes Profil, Bergerfahrung und Trockenheit, ansonsten hätte es vielleicht ein „Cullera“ direkt auf den Friedhof gegeben.

 

Ich bleib heile und ging über den Kreuzweg zurück zu meinem Heiligtum und verbrachte einen Abend mit tollster Aussicht über die Stadt.

 

Sonnenbaden am Paradiesufer
Sonnenbaden am Paradiesufer

13.01.2022 Im Paradies

 

Morgens erstmals mit Wecker aufgewacht, denn ich sollte früh in der Werkstatt sein und ein Kraftakt stand auch noch an. Räder runter, Träger ebenso und vor allem Matratze abbauen. Normal wird die Matratze über die Heckseite entfernt, ich musste sie durch den 80 cm Spalt zum Wohnteil rauszerren.

 

Als ich mich radelfertig machte, versuchte sich der Chef schon als Panzerknacker. Ohne Erfolg. Dann er von innen, ein Zweiter malträtierte von außen den Griff, ebenfalls ohne Aussicht. Dann ging der Chef mit schwerem Gerät ins Auto, ich machte mich lieber vom Acker, ich kann keine Gewalt sehen.

 

Ich holte erst einmal was zum Frühstück, fuhr in eine Mandarinenplantage und futterte in der Sonne. Gegenüber der letzten Tage war es aber noch empfindlich kalt. Also schnell weiter durch Plantagen und Reisfelder, die durch ausgeklügelte Kanäle vom Fluss Jucar mit Wasser gespeist werden. An dem Fluss gefiel es mir sehr gut und dann fand ich sogar beschilderte Radwege. Plötzlich ein Traumplatz: Ein Kanuverein mit befestigtem Ufer, dahinter ein langsam plätscherndes Stauwehr, ein paar Parkplätze und Tische plus Bänke unter Pappeln, alles umrahmt mit Orangenplantagen. Auf der Weiterfahrt war mir klar, dass ich dort einziehen würde. Nach 2 Stunden bekam ich die Nachricht, dass mein Auto nun wieder die Klappe hält und meinem Geldbeutel zukünftig mehr als 200€ fehlen würden.

 

Trotzdem war ich erleichtert und beim Einräumen kam die Sonne um die Ecke, sodass ich im T-Shirt einen Großputz gleich mit erledigte. Zur Belohnung gönnte ich mir auf der coronamaßnahmenfreien Außenterrasse eines Restaurants ein dreigängiges „Menu del dia“. Gut gesättigt zog ich ins Paradies ein und genoss die Abendsonne auf den Stegen. Herrlich!

 

Nach ruhiger, aber kalter Nacht, trödelte ich den Morgen, bis die Sonne wärmte. SUP aufgepumpt, Neo angezogen, Picknick eingepackt und erstmals mit der Neuerwerbung auf Flusstour. Herrlich! In 3 Stunden 3 Paddler, sonst nur Natur. 2 Eisvögel und viele Kormorane wurden gesichtet. Manchmal fröstelte es etwas, wenn die Sonne sich hinter Wolken versteckte und ein kühler Wind wehte. Die meiste Zeit war mir aber die Sonne hold und nach meiner Rückkehr genoss ich in kurzen Sachen, während meine Ausrüstung trocknete. Dann alles wieder verstauen und nochmal mit Yogamatte 1 h an den Steg. Zum Sonnenuntergang wieder Orangen futtern, genial, wenn man sich Hände und Arme nach dem Saftmassaker direkt im Fluss waschen kann. Nach einem so schönen Tag beschloss ich noch eine Nacht im Paradies zu bleiben, um dann weiter zu ziehen, denn ich hatte einen Tipp für eine herrliche Radtour bekommen. Wem aufgefallen sein sollte, dass ich ständig „herrlich“ verwende, die liegt an meiner „Fjord“- Verseuchung. Ich habe seit Monaten „Ein Mann, ein Fjord“ von Hape Kerkeling auf dem Mp3 und bei der Zufallswiedergabe kommt immer mal wieder eine der herrlichen Episoden in die Ohren.

 

 

 

Sonnenterasse vor der "Entkackung"
Sonnenterasse vor der "Entkackung"

16.01.2022 In der Villa Kunterbunt

 

Weiter sollte es mit einer schönen Radtour gehen. Leider hörte ich erstmals, nach 2 Wochen meiner Tour, Regen auf dem Dach. Also gemütlich gefrühstückt und etwas getrödelt, bis der Regen aufhörte. Ich verließ mein Paradies so wehmütig, dass ich beim Rückwärtsfahren unkonzentriert sowie die Kamera beschlagen war und dies wurde prompt durch ein hässliches Geräusch quittiert. Mit Bauchgrummeln ging ich ums Auto und unter den Blättern war doch tatsächlich ein kleiner Holzpfosten versteckt. Der klemmte nun unter dem Fahrradträger. In griechischer Manier wurde das Ganze „gefixt“. Der Seitenarm mit dem Licht wurde mit Tape, Kabelbindern und einem alten Scharnier geschient (ist jetzt doppelt so stabil wie die andere Seite), das Kennzeichen gerade gebogen und mit einem Stück Holz verklemmt.

 

So konnte es nun nach Gandia zum Startpunkt meiner Tour gehen, die mir Fernando empfohlen hatte. Er stammt auch aus der Corfelios-Familie und ist zufällig mit seiner Frau Claudia hier in der elterlichen Ferienwohnung vor Ort. Lena hatte den Kontakt hergestellt, wir hatten uns abends schon einmal auf Tapas in nächsten Ort getroffen und da erzählte er von der spektakulären Tour. Eine zurückgebaute Eisenbahnstrecke durch eine Schlucht, entlang des Rio Serpir. Allerdings verzögerte sich meine Abfahrt, da es in Gandia fast bis zum Mittag regnete. Also noch schnell die Tour am Computer entworfen und aufs Navi gezogen. Ich musste Gas geben, war ich doch abends bei Fernando und Claudia zum Abendessen eingeladen und dunkel wird es auch noch früh um die Jahreszeit.

 

Also Abfahrt 12 Uhr per E-Bike und mit viel Stromunterstützung durch die weniger schönen Orte bis Villalonga. Der Weg wurde versüßt durch Millionen von Früchten am Wegesrand, die sogar im Vorbeifahren gepflückt und freihändig gegessen wurden. Ich meine natürlich freihändig radeln und beidhändig Mandarinen schälend. Dann begann die Schlucht und Fernando hatte nicht zu viel versprochen. Herrliche Aussichten, plätscherndes Wasser, Steilhänge, stockdunkle Tunnel und einfach nur schön. Ich fuhr beschwingt mit viel Stromverbrauch bergan, bis ich eine Eingebung hatte. War mein zweiter Akku eigentlich voll geladen? Ich checkte den Stand und siehe da, fast leer. Da hatte ich wohl irgendwann die Wochen zuvor keinen Ladestrom mehr im Auto. Das war aber aus meinem Hirn gestrichen worden.

 

So wurde es sportlich. Ich hatte vor, mein Ziel, den Stausee von Beniarres noch zu erreichen, also sparen wo es ging. Am höchsten Punkt wurde ich dann mit frischen Mandeln, die noch an einem Baum hingen, und wunderbaren Aussichten auf den gleichnamigen Stausee belohnt. Zurück fuhr ich fast nur ohne Strom, denn es ging meist bergab. Nach der tollen Tour schnell Räder laden, frisch machen und zurück nach Tavernes auf den Platz, wo Tage zuvor der alte Griesgram stand. Der war zum Glück weg und so stellte ich ab und lief zu Fuß zu Claudia und Fernando. Claudia fuhr richtig leckere spanische Spezialitäten auf und es wurde ein toller Gesprächsabend.

 

Dann hieß es Abschied nehmen von der Gegend südlich von Valencia. Ich fuhr über die Berge weiter in Richtung Alicante. Zur Mittagszeit streunte ich durch das Städtchen Sax mit einer schönen Burg, deren Tor mir allerdings nach Erklimmen der 199 Stufen leider verschlossen blieb. Also weiter nach Aspe. Dort hatte ich mich über „Work Away“ bei Ann Mari angemeldet, um ihr bei Haus, Hof und 12 Hunden zu helfen. Dementsprechend groß war die Spannung. Was ich vorfand, war schon heftig.

 

Hundekacke rund ums Haus, drinnen überall dreckig und Chaos. Ich musste schon schwer schlucken. Ann Mari war gegenüber ihrem Profilbild auch ein Stück gealtert und beim Lächeln blinkten mir einige Zahnlücken entgegen. Dazu das ganze Haus ungeheizt und die Küche stehend vor Fett und unabgewaschenem Geschirr. Aber im Gespräch erwies sie sich als supernette Zeitgenossin. Sie wanderte vor 10 Jahren aus Norwegen aus, hat 4 Kinder, ein Sohn wohnt mit ihr auf dem Gelände. Das Geld ist knapp und als Ausländerin hat sie es auch nicht leicht in Spanien. Da die Stromgesellschaft für den Anschluss schlappe 12000€ haben wollte, verzichtete sie und das Haus funktioniert über Solar, Gas und Holzofen.

 

Sie hat brutale Rückenprobleme und ist daher ziemlich eingeschränkt, was das Arbeiten im und ums Haus betrifft, ihr Sohn hat auch nicht soooo die Lust was zu machen und deshalb haben sie jetzt einen deutschen Haushälter. Im vorderen Hof herrscht Rufa, eine imposante Rottweilermischung, der Fremde durch Sprünge ans Metalltor abhält, aber dabei verräterisch mit dem Schwanz wedelt und sich als Schmusekampfhund heraus stellt. Ihm zur Seite steht Bimba, ein ganz junger, noch recht ungestümer Fetti. Bimba ist gedrungen, kugelrund und das Fell ist eine Nummer zu groß geraten. Da sie einen rosafarbenen Bauch hat und viele Grunzlaute von sich gibt, nenne ich die Minibulldogge mein Schweinchen. Dazu gibt es noch 10 Gremlins, wie ich die Chihuahuas nenne. Sie erinnern mich so an den Film, da sie überall sind, an den Beinen entlang nach oben krabbeln und komische Laute von sich geben. Dazu noch 6 Hühner und im Haus wohnt die Prinzessin, Katze Lucy.

 

So sieht das aus. Am ersten Tag nahm ich mir den Hof vor. Zaun richten, aufräumen, kehren und tonnenweise Kacke von den beiden großen Hunden wegschippen. Zwischendurch bekam auch mein Auto eine Entrostungseinheit, der Salzbapp in Deutschland hatte wieder seine Spuren hinterlassen. Am Abend sollte ich dann mit Thor ins nächste Dorf fahren, um Gas zu holen. Komischerweise stieg er als Beifahrer ein und hielt mir den Schlüssel hin. Es stellte sich raus, dass er gar keinen Führerschein hat und Ann Mari Rücken hatte. Also steuerte ich mit mulmigem Gefühl den großen Ford Kastenwagen über die schmalen Straßen oder besser gesagt, Wege. Es ging alles gut und nachdem sich das ganze Chaos auch in meinem Kopf gefestigt hatte, schlief ich die 2. Nacht bestens.

 

Da die Hunde nachts im Haus sind, ist alles ruhig, bis zum Sonnenaufgang der erste Flieger in Richtung Alicante einschwebt. Zum Glück sind es nicht so viele, ansonsten ist es schön ländlich und ruhig. Am Folgetag nahm ich mir den Spülberg vor, der 2022 anscheinend noch nicht bearbeitet wurde. Am Nachmittag dann die Terrasse mit den „heißen“ Gremlins. Ann Mari trennt die läufigen Weibchen vom Rest, damit es nicht noch mehr ihrer Art werden. Abends dann ein netter Abend am Kamin, ich kann richtig gut mein englisch pflegen, spanisch lernen liegt noch in der weiten Ferne. Nach einem Großfegeeinsatz und erstmalige Raubtierfütterung aller Tierarten, setze ich mich nachmittags aufs Rad, um die Gegend zu erkunden. Endlich einmal mit Zeit, also diesmal ohne Elektrik unterwegs. Überall stehen in Spanien immer die Schilder für Privatwege, Durchfahrt verboten, was aber meist nur für Motorisierte gilt. Als Radler liegen dahinter meist schöne Landschaften und mit Glück auch kein Gehöft mit fiesem Wachhund. Ich stellte fest, dass hier trockene Flussbette genauso gut fahrbar sind wie auf den Kanaren. Eines ein knackiger Singletrail, dernächste schick ausgebaut. Den Zweiteren werde ich die Tage weiter erkunden, der ist wohl ziemlich lang und schön.

 

Nach dem ersten Schock habe ich mich etwas eingelebt und sehe das Ganze yogisch. Gutes tun, denn beide haben Gesundheitsprobleme und die Tiere sind sehr dankbar. Und wer kann schon sagen, dass sich eine Prinzessin in ihn verliebt hat? Lucy weicht mir keinen Schritt mehr von der Seite und kuschelt abends gerne stundenlang auf meinem Schoß, wobei sie allerdings noch ihre Krallen beim geliebten Milchtreten unter Kontrolle bekommen muss.

 

Fütterung der "Gremlins"
Fütterung der "Gremlins"

22.01.2022 Die Gremlins schlagen zu

 

Nun hatte ich mich einige Tage eingelebt, die Abläufe wurden klarer und ich ging entspannt in einen neuen Tag. Leider sind die Hühner momentan unentspannt und legen keine Eier. Mari Anns Idee war die Hühner nach draußen zu lassen, damit sie viel Gras fressen können und nicht nur Grünes als Beifutter bekommen. Ich äußerte meine Angst wegen den 10 Gremlins, sie meinte, die wären unbegründet. Also ließ ich die Federtierchen aus dem Stall, die Hunde scheuchten sie ein bisschen, aber dann kehrte Ruhe ein. So ging ich beruhigt frühstücken. Nach nicht einmal 5 Minuten hörte ich wildes Gebelle und Gegacker. ich schaute aus dem Fenster, sah nur ein Knäuel Hunde und dazwischen Federn fliegen. Der Kaffee blieb abrupt stehen und ich rannte los. Hingen doch alle 10 Gremlins an einem Huhn und wollten es zerlegen! Ich dazwischen, mit Füßen und einem Holzstock. Die Hunde hatten voll den Blutrausch, nur langsam konnte ich sie vom Huhn trennen. Ich lotste er zurück in den Stall, wo es etwas zerrupft, geschockt, schwer atmend hinter sicheren Gittern verharrte. Inzwischen waren die Gremlins hinter dem nächsten Huhn her. Ich wieder dazwischen und das Huhn in Richtung sicherem Stall gelotst. So praktizierte ich es 6x. Die meisten Hunde ließen auch schnell ab, nur die 2 fiesen, schwarzen Welpen wollten nicht aufgeben. Sie waren mir schon durch ihre miese Art aufgefallen. Ständig knurrend, beißend und Damen bespringend. Ich nahm mir die 2 vor und brachte ihnen Manieren bei, wie ich es bisher nur bei Katzen gemacht hatte. Dann war endlich Ruhe und die lieben Tierchen wollten wieder mit mir spielen und kuscheln. Da waren sie aber falsch gewickelt.

 

Ich zog lieber in den nächsten Kampf. Wir schütten immer das Spülwasser über den Zaun, weil der Abfluss in der Spüle schlecht funktioniert. Manchmal bleiben noch „Reste“ im trüben Wasser und so flogen schon einige Teller und Besteckteile über den Zaun. Das wollte ich nun retten. Ich zog mit Eimer und Besen los. Warum? Ich musste durch ein fremdes Grundstück mit 4 Hunden, die aber normal eingesperrt sind. In Freiheit wollte ich ihnen lieber mit einer Waffe begegnen. Zum Glück waren sie im Zwinger, aber als Kletterhilfe taugte der Besen am steilen Hang auch. Beim ersten Versuch brach schnell ein Stein weg und ich rodelte wieder nach unten. Also einen anderen Weg nehmen und den Besen als Stütze. So erklomm ich den Geschirrberg und konnte alles retten. Zurück am Tor überlistete mich Rufa und büchste aus. Ich hinterher. Er machte sich einen Spaß mit mir, bis ich Gas gab, ihm den Weg verstellte,am Genick packte und zeigte, wo der Weg lang ging. Er folgte zum Glück, und nach dem ganzen Hundechaos beschloss ich den kalten Tag bei endlich wieder Sonne in der Hängematte ausklingen zu lassen. Dort ist aber das Zuhause der Gremlins. Kaum lag ich gemütlich in der Sonne, wurde ich belagert. Am Ende lagen 3 Tiere auf mir und die anderen bellten vor Eifersucht. Beim Abendessen erzählte ich Ann Mari von meinen wilden Erlebnissen und sie meinte nur trocken, heute hast du viel über die Autorität gegenüber Hunden gelernt. Was ein Tag!

 

Am Folgetag war Versöhnung angesagt. Ich nahm mir viel Zeit mit den Gremlins. Spielen, füttern und ihr Chaos bändigen. 10 gelangweilte Hunde können viel Quatsch anstellen, Sachen zerbeißen und vor allem die Holzvorrate neu „ordnen“. Die schlimmsten Baustellen sind nun auch beseitigt, man kann sich wieder bewegen ohne bei jedem Schritt vorher genau zu prüfen, ob Tretminen vorhanden sind oder irgendein Kram im Weg steht. Ann Mari machte auch noch einen zweiten Hühnerfreigangversuch. Aber nur ihre 2 wagten sich raus, die anderen 4 geschenkten Hühner blieben lieber im sicheren Gehege. Die Hunde gingen die beiden auch neugierig an, aber die kennen das, pickten in deren Richtung und so konnten die 2 Hühner den ganzen Tag gemütlich grasen. Das angeknabberte Huhn hatte sich auch ganz gut erholt, an einem Fuß eine leichte Wunde und ansonsten „nur“ eine neue Frisur, Glück gehabt.

 

Nun war ich an der Zeit mal Blessuren nachzulegen. Der Draht über dem Hühnerverschlag hing ziemlich durch und ich machte mich per Leiter daran, die ganzen Früchte und Zweige des benachbarten Zedrachbaumes herunter zu holen, um die Last zu senken. Allerdings gibt es hier keine Stehleiter, nur eine normale, die ich an den Baum lehnte. Da meine Arme zu kurz waren, hängte ich mich weit aus dem „Fenster“ und das nahm mir die Leiter krumm. Eine elegante Drehung von dieser und ich hing einhändig am Baum. Ohne Blessuren! Aus Rache ging es dem Baum mit der Säge an die Äste. Ich sägte die Vertrockneten ab, der größte davon wollte dann den Hühnerkäfig zerdrücken, also hielt ich gegen, was wieder das Gleichgewicht der Leiter aus dem Lot brachte. Diesmal fing mich der Baum nicht so sanft ab, es gab eine kräftige Schramme am Arm. Dafür haben wir es dadurch jetzt schon den zweiten Abend schön warm. Meine Rache besteht nämlich darin, die Äste den Kamin hinaus zu hauen.

 

Dann Wochenende! Eigentlich heißt es bei Work away 5 Tage die Woche etwa 5 Stunden arbeiten. Da ich letzten Sonntag erst einmal Grobdreck beseitigt hatte, damit es wohnlich wurde, hatte ich mir dieses Wochenende redlich verdient. Eigentlich war eine große Radtour zur Küste geplant, aber es wurde leider Regen vorhergesagt. So beschloss ich spontan zu wandern. Ich hatte die Tage die Schilder zu einem Naturschutzgebiet gesehen und dort zog es mich hin. Den hässlichen Asphaltteil überwand ich mit dem Rad, den Rest des Weges wollte ich über den Hausberg gehen. Den Berg sehe ich von der Terrasse, also mal im Vorbeigehen besteigen. Denkste, jegliche Wege verschwanden, die Orientierung war nur doch durch Ziegenköttel möglich. Die Ziegen gingen aber an manchen Stellen mir zu fiese Wege und schließlich musste ich kapitulieren. Ich stieg über das Geröll ab und nahm ab dann Feldwege zum Naturschutzgebiet. War das klasse! Überall kleinste Wege, für Fußgänger, Mountainbiker und Endurofahrer gleichermaßen ein Genuss. Wilde Farben, viele Bodenschätze und dadurch auch zwischendurch Steinbrüche. Am Wochenende arbeitete dort aber niemand. Absolute Stille, ich begegnete den ganzen Tag NIEMAND. Genial, bis auf den Nieselregen, der auf der Hälfte der Tour einsetzte. Ich sah Schilder zu schönen alten Brücken und einem Stausee, aber das muss bis zum nächsten Mal warten, denn ich wollte nicht zu sehr nass werden. Mein Plan ging auf. Es nieselte zwar, aber immer nur so, dass ich keine Regenkleidung brauchte. Am Fahrrad angekommen wurde es etwas mehr und 15 Minuten nachdem ich wieder ein Dach über dem Kopf hatte, ging es richtig los. Alles richtig gemacht. Jetzt bin ich gespannt, wie die Natur explodiert nach dem Regen, denn hier ist es teils wüstenähnlich von der Vegetation.

 

Belagerung in der Hängematte
Belagerung in der Hängematte

28.01.2022 Jetzt gibts Wasser von unten!

 

Am nächsten Tag regnete es weiter, also werkelte und putzte ich im Inneren des Hauses. Raubtierfütterung war natürlich trotzdem angesagt. Tyson, der Testosteron-Welpe, der den Hühnerangriff leitete, war plötzlich ein Lamm. Aha, hatte mein Dachteln was gebracht. Dafür ging mir sein Bruder Mikro auf den Senkel und pinkelte mir nach der Fütterung ans Bein. Dazu haben die Hühner noch das Eier legen aufgehört. Oh Mann!

 

Wegen des Regens hatte ich mein freies Wochenende verschoben und ging am Montag nochmal an selber Stelle wie zuvor wandern. Diesmal ohne größere Experimente. Es nieselte einige Male, aber das störte nicht. Ich erreichte diesmal das Tal mit den alten Aquädukten und bizarren Felsformationen. Wieder eine herrliche Tour, zurück im unwegsamen „Barranco de los cinco ojos“. Wie auf den Kanaren und ganz nach meinem Geschmack.

 

Das Wasser vom Regen versickerte, komischerweise wurde es dafür an einer Stelle immer mehr. Ann Maris Sohn sollte eigentlich das Ganze an der Stelle aufgraben, hat aber im Moment Herzprobleme und beide ziehen von Arzt zu Arzt. Also blieb es erst einmal beim Feuchtgebiet. Im den Folgetagen wurde es jedoch immer mehr und ich kam nicht mehr trockenen Fußes zum Hühnerstall. Was blieb also übrig? Ann Mari schwer Rücken, ihr Sohn Herz und ich im Matsch buddelnd. Ich fand schnell die undichte Verbindung und verschraubte sie wieder fest. Dann übers ganze Grundstück, vorbei an den 12 Hunden, Haupthahn öffnen und zurück. Das Ganze mit dem Ergebnis: Springbrunnen. Also wieder 12 Tiere streicheln, Wasser abstellen und alles auseinander bauen, reinigen und wieder das Hunde- Laufspiel. Siehe da: Springbrunnen! Warum das Ganze? Die Beiden waren beim Arzt und Hunde können blöderweise keine Ventile öffnen. Spielverderber war nicht nur die alte Kupplung, sondern auch etwas zu kurz geschnittene Rohre. Ich versuchte es mit ziehen, zerren, aufbuddeln und Gedönse, aber alle Versuche scheiterten. Dann wühlte ich in der Werkstatt, fand Ersatzkupplungen und ein Stück Rohr. Nachdem ich das ganze mit 2 Kupplungen verband, stimmte die Länge und nach noch einem weiteren Hof-Hunde-Hürdenlauf war nach 2 Stunden Arbeit endlich alles dicht! Zur Belohnung ruhte ich mich in der Hängematte aus, nach wenigen Minuten wärmten mich die Sonne und 7 Gremlins, die auf mir schlummerten. Ich bekam abends von Ann Mari ein dickes Lob, jedoch wundert sie sich täglich über meine Fähigkeiten, hatte ich ins Profil doch „Allrounder“ geschrieben und nicht Hausmann, Hausmeister, Ofeninstallateur, Klempner und Raubtierbändiger. Sie fragte, wie oft ich schon Wasserleitungen repariert hätte und nachdem ich schwor, es noch nie zuvor getan zu haben, war sie irritiert. Aber wie ich immer sage, man kann alles lernen. Könnte ich das nur auch von meinen Sprachkenntnissen behaupten. Ganz stolz bin ich auch auf meinen Einfluss auf die Hühner. Sie dankten ihrem Lebensretter und Versorger plötzlich auch wieder mit Eiern. Erst noch zögerlich, aber am 4. Tag nach dem Hundeüberfall legte jedes Huhn ein Ei für mich und so gibt es morgens nun öfters Spiegeleier.

 

Einige der kleinen Hunde mögen mich inzwischen auch sehr und der kleine Copper himmelt mich an. Ich glaube er schämt sich für seine beiden Chaosbrüder Tyson und Mikro. Copper ist bei Streicheleinheiten immer der Erste und wenn ich mich setze, ist er auch ganz schnell beim Hochklettern und Ankuscheln. Ann Mari meinte darauf, ich könne ihn doch einfach mitnehmen. Seitdem steht mein Kopf kaum noch still. Ist das bei meinen Plänen möglich, wäre nicht ein Zweiter als Gesellschaft sinnvoll? Ach herrje, hat sie mir einen Floh ins Ohr gesetzt. Als Kumpel wäre der entspannte Red möglich, allerdings ist der sehr schüchtern und ängstlich. Jedenfalls habe ich die Beiden schon einmal nachmittags von der Bande extrahiert und mit ihnen Einzelkuscheln gemacht. Dazu „mit Namen rufen“ und „Sitzversuche“. Bei Copper sah ich einen Minierfolg, Red kapierte nichts von dem, was ich von ihm wollte. Ich werde berichten, wie es mit mir und den Tierchen weitergeht.

 

Am folgenden Tag endlich wieder Sonne von morgens bis abends. Ich machte eine schöne Radtour auf einem nett angelegten Weg, entlang eines Baches bei Aspe. Ansonsten kümmerte ich mich um Holznachschub. Vor Kettensägen habe ich Respekt, das unscharfe alte Beil taugt nix, eine Axt gibt es nicht, also nahm ich meine Stichsäge aus dem Auto. Ich sägte, sammelte auf und trug das Schnittholz in Körben zum Schuppen. Um mich herum die kleinen Hunde in voller Neugier. Hammerschläge, Sägengeratter und fliegende Späne brachten sie allesamt nicht aus der Ruhe. Als es langweilig wurde, blieb nur Copper. Er schaute mir zu und begann dann auch kleine Holzstücke zu transportieren und legte sie auf seinen eigenen Minihaufen. Einfach zu süß!. Und nach getaner Arbeit ab in die Hängematte mit sofortiger Vollbelagerung mit Hunden. Gerade wenn es gegen Abend kühler wird, eine hervorragende Wärmmethode!

 

Hola, my name is Copper!
Hola, my name is Copper!

 06.02.2022 Angebandelt

 

Es folgte eine große Radtour ans Meer mit dem E-Bike. Auf den 80 km hatte ich genug Zeit zum Nachdenken. 2 Hunde sind besser, wenn sie mal alleine bleiben müssen, ein Hund ist viel besser mitzunehmen. Nachdem ich auch die Rückantwort meines Chefs in Griechenland hatte und er meinte, ein Tier mehr oder weniger würde auf dem Grundstück nicht auffallen, gab es eine Entscheidung. Zum Ausreisen braucht ein Hund diverse Impfungen. Wir fuhren mit Copper direkt in die Tierklinik, um die Tollwutimpfung zu erledigen. Die nächste Session folgt 2 Wochen danach, bis dahin wollte ich entscheiden, ob wir zueinander passen. Wir separierten ihn dazu von seinen Artgenossen, damit er sich mehr an Menschen, Katzen und andere, große Hunde gewöhnen kann.

 

Er zog dazu in mein Zimmer ein, ich bereitete ihm eine Kuschelecke vor und stellte ihm Futter hin. Als ich im Bett lag, dauerte es nicht mal eine Minute, dann saß er auf der Bettdecke und war auch nicht mehr davon zu überzeugen außerhalb zu schlafen. So hatten wir beide eine unruhige Nacht. Aufgeregt, ungewohnter Mitschläfer, volle Blase und ein Würganfall in der Nacht (nicht von mir). So waren wir beide am Morgen etwas gerädert und beschlossen zusammen eine erste kleine Wanderung zu machen. Ich hatte ihn zuvor schon eine Runde an der Leine mitgenommen, aber er läuft viel lieber ohne. Also rein in die Natur, ohne Menschen, Autos oder Hundekacke als Ablenkung. Und siehe da, er lief wunderbar neben mir. Nach einer Viertelstunde merkte ich bei einer Pause, dass er schwankte. Beim Laufen ging es, aber beim Stehen wurde es immer schlimmer und er kippte manchmal um. Ich mit ihm so schnell wie möglich zurück und Ann Mari packte uns direkt ein, um eine halbe Stunde später in der Tierklinik zu stehen. Er gefiel den Ärzten auch gar nicht, er bekam einen Zugang gelegt, Blut abgenommen und sollte zur Beobachtung dort bleiben. Diagnose: Vergiftung. Wir rätselten uns auf der Rückfahrt die Köpfe wund, von was, kamen aber auf keine logische Erklärung außer der Impfung am Vortag.

 

So gab es für alle eine unruhige Nacht, Menschen in Sorge und seine Hundefamilie, die ihn vergeblich rief. Am nächsten Tag konnten wir ihn abholen, ihm ging es nach mehreren Futtereinheiten und Infusionen wieder ganz gut, allerdings müssen seine Leberwerte beobachtet werden und er muss auch erst einmal noch Medikamente und Spezialfutter bekommen. Was ein Anfang für eine Beziehung. Wie im schlechten Märchen, Romeo und die böse Schwiegermutter oder so ähnlich könnte der Titel lauten. Immerhin war er darauf fit für eine kleine Wanderung von 5 Kilometern, ging mit mir Mandeln und Orangen „besorgen“ und die herrliche Wärme von bis zu 25 Grad genießen. Am Folgetag besuchten wir Ann Maries Mutter, halfen einen neuen Herd zu installieren und gingen dann an einen Salzsee. Ich wollte wissen, wie er dem Element Wasser gegenübersteht. Und genau das tat er, ich stellte mich mit den Füßen ins rosa Wasser und er stand mir gegenüber am Ufer und jammerte. Keinen Schritt tat er ins Wasser. Ich nahm ihn dann und versuchte ihn etwas daran zu gewöhnen, jedoch die leichte Pfotenberührung der Oberfläche löste eine angewiderte Ganzkörperstarre aus. Oje, viel Arbeit, bis ich ihm auf einem Surfbrett habe.

 

Die Übungen für „Sitz“ gestalten sich auch schwierig, da er statt hinten runter lieber vorne hoch geht und das Kommando als „Tanz“ auf 2 Beinen umsetzt. Dafür funktioniert Stöckchen apportieren schon sehr gut. Oje, ich merke, ich schreibe fast nur von Hunden, ich glaube ich schaffe es mich nicht mehr von dem kleinen Racker zu trennen.

 

Dabei hatte ich in den Tagen so gute kreative Einfälle. Die Tür und den Eingangsbereich des Hühnergeheges verbessert und erneuert. Das kleine Hundehaus mit neuem Dach und Deko versehen und das große Haus wieder bewohnbar gemacht, entrümpelt und ausbruchsicher gestaltet.

 

Am nächsten Tag erwachte der Rebell in ihm. Von wegen Stöckchen apportieren, Sitzen oder brav sein. Ok, also raus mit ihm und wandern. Anfangs lief er auch noch kreuz und quer auf der Straße, aber dann bogen wir in einen neuen, spannenden Wanderweg ein. Wie könnte es anders sein, mal wieder durch eine schöne Schlucht. Überall Riesenschilf, viel Grün und absolute Ruhe. Wir genossen, bis der Weg plötzlich an einer Quelle zuende war. Überall nur Felswände. Also zurück und den Weg weiter im Bachbett gewählt. Es wurde sehr unwegsam, teilweise war leichtes klettern angesagt. Copper machte alles mit, freute sich riesig über das Abenteuer und nur Aufwärtsstufen von mehr als einem halben Meter musste ich ihn hochheben. Runter kam er alles und meist schneller als ich. Wir durchstreiften Dickichte und schafften es am Ende wieder auf einen kleinen Weg am Ende der Schlucht. Super!

 

Jetzt erst einmal Picknick. Mittendrin wurden wir heftigst erschreckt, denn es bretterten Mountainbiker 2 Meter an uns vorbei. Aha, wo die zu Rade herkommen, sind wir doch per Fuß auch dabei. Besser als den langweiligen Weg. So erkundeten wir im Vorbeigehen noch tolle Trails und kamen nach 8 km wieder „zuhause“ an. Da Copper ausgelastet war, lief er ohne Leine perfekt die ganzen Wege neben mir und schlief am Nachmittag selig ein. Geht doch!

 

Wandern an der "Puente de los cinco Ojos"
Wandern an der "Puente de los cinco Ojos"

15.02.2022 Sieben Leben

 

Sieben Leben soll eine Katze haben, und ich hoffe, dass es bei Hunden genauso ist, denn Copper hat in den letzten 2 Wochen schon 3 davon verbraucht. Erst die Geschichte mit der Vergiftung und neulich hatte er plötzlich die Idee vor ein Auto zu springen. Wir waren gemütlich auf dem Rückweg eines Spazierganges entlang der kleinen Straße an der wir wohnen. Dort fahren selten Autos und wenn eines kommt, gehe ich in die Hocke, er kommt zu mir und wir warten, bis das Auto vorbei ist. Ja und diesmal stürmt er einfach los. Ich konnte noch reagieren und den Autofahrer durch Gesten aufhalten, sonst wäre Copper überfahren worden. Und was macht der Kerl? Rennt in seiner Panik davon und um die nächste Kurve kommt von der anderen Seite noch ein Auto. Ich dazwischen mit wilden Gesten, rufend nach ihm, entschuldigen bei den Fahrern und mit meinen Siebenmeilenflipflops hinter ihm her. Am Hoftor holte ich ihn schließlich ein und warf ihn etwas zu unsanft auf den Rücken, dass es mir sehr leid tat. Er unter Schock, ich unter Schock, kurz darauf hatten wir beide feuchte Augen und entschuldigten uns gegenseitig. Hallali!

 

Um auch per Rad mobil zu sein, habe ich investiert und einen Hunderucksack und einen Fahrradkorb gekauft. Den Rucksack benutze ich auf dem E-Bike und zum Transport zum Tierarzt, der Korb passt an den Halber meines Mountainbikes. Was habe ich gelästert, als Kunden im Fahrradladen an ihr schickes neues Bike einen Ständer, Schutzbleche, Gepäckträger oder gar einen Korb angebaut haben wollten. Und nun habe ich selbst so ein Ding am Rad! Sieht dämlich aus, macht Copper aber richtig Spaß. Er sieht alles, ich kann ihn bergauf kraulen und bergab lassen wir uns den Wind um die Ohren sausen. Auf der ersten Testtour schnallte ich ihn auch an und wir fuhren einkaufen. Kurz vor dem Ziel sah er 2 Hunde und sprang ohne Anzeichen aus dem Korb! Ich hörte nur ein furchtbares Jaulen, dann fiel er zu Boden und überschlug sich mehrmals. Ich hielt an, legte das Fahrrad hin und rannte zu Copper, der mit verkrümmter Kopfhaltung am Boden lag. Es sah aus, als hätte er sich das Genick gebrochen. Er regte sich und ich nahm ihn geschockt und stabilisierend auf den Arm. Er zitterte am ganzen Körper und ich mal wieder ebenso. Ich prüfte seine Knochen, wie ich es immer selbst mache, wenn ich mich mit dem Fahrrad auf die Klappe lege. Dann stellte ich ihn auf die wackligen Beine und siehe da, er hielt sich tapfer. Nach 5 Minuten Schockverdauung setzten wir uns wieder aufs Rad. Ich wollte ihn anschnallen und da bemerkte ich seinen Lebensretter. Das Klicksystem des Halsbandes war gebrochen und so hatte er sich nicht stranguliert. Ich beobachtete ihn den ganzen Abend, an dem er noch etwas neben sich stand und als er am nächsten Morgen quietschfidel aufwachte, wusste ich, er hatte auch diesen Absprung ohne Verletzungen überstanden. Auf jedem Fall wurde direkt in ein Geschirr investiert, dass um den Körper geht, damit sowas nicht mehr passieren kann.

 

Die folgende Tagestour machte ich dann aber doch lieber alleine. Er übte das Getrennt sein und verbrachte die Zeit mit Ann-Marie und den anderen Hunden. Ich tobte mich per E-Bike 115 km lang aus und erkundete die südlichen Ferienorte und Salzseen. Ich war froh mich bewegt zu haben, aber genauso froh, zurück in die Bergidylle zu kommen, ohne die ganzen Menschen, die sich an der Küste maskiert tummelten.

 

Nach Austoben und freien Tagen war es an der Zeit Coppers restliche Leben zu schützen und wieder etwas zu arbeiten. Ich war die Tage sehr kreativ und baute weiter an Hundehütten, Ausläufen, Gartentor und machte zwischendurch immer wieder Holz, um es abends am gemütlichen Kamin zu verheizen.

 

Täglich nahm ich mir dabei aber auch Zeit, um mit Copper zu Fuß die Gegend zu erkunden. Hier gibt es so viele tolle Wanderwege, die meist von Mountainbikern genutzt werden und an deren Spuren ich erkennen kann, ob ich um die ganzen Verbotsschilder und Absperrungen herum gehen sollte oder lieber Abstand halte. Eigentlich komme ich so auf etwa 90% der Privatwege ohne Probleme durch, beschwert hat sich auch noch niemand. Das mag auch daran liegen, dass ich in der Einsamkeit kaum jemandem begegne und wenn, dann sind es Biker oder Spaziergänger.

 

Und als Copper endlich wieder fit und ich sorgenfrei war, fing an der Rudelchef Kiss zu kränkeln. Diagnose: Leishmaniose. Normal muss er nun täglich für eine Spritze zum Tierarzt, aber da Ann-Marie Züchterin ist und von der Ärztin vor längerer Zeit eingewiesen wurde, machen wir das auf dem Wohnzimmertisch, wobei ich als Arzthelfer fungiere und den armen Kerl stillhalte.

 

Als ich mit Ann-Marie über die 7 Leben sprach, sagte sie mir, dass im englischsprachigen Raum die Katzen sogar 9 Leben haben. Da wir mit Copper meist englisch sprechen, hat er somit nur ein Drittel seiner Leben verbraucht. Ich hoffe, er hält sich nun trotzdem etwas zurück. Dazu haben wir eine schwangere Hündin und mit Bimba eine Bulldogge, die erstmals ihre Tage hat und alles vollblutet und irritiert ist, was mit ihr so passiert. Also langweilig wird es hier in Aspe nicht!

 

Auf dem Gipel "La Vella" 835m
Auf dem Gipel "La Vella" 835m

 

25.02.2022 Wasserspaß und Bergvergnügen

 

Wie so oft in Deutschland ist hier auch am Wochenende das Wetter schlechter als in der Woche. Als Ich ein kaltes, trübes Wochenende sah und zuvor einen Donnerstag und Freitag mit über 20 Grad, war wieder einmal ein spontaner Arbeitstagwechsel angesagt. Und die 2 Tage sollten der erste große Test für Copper im Wohnmobil werden. Ans Autofahren hat er sich durch die vielen Arztbesuche schon gewöhnt, Strand kannte er jedoch noch nicht. Der weiche Sand ok, aber Salzwasser, Wellen und dann noch ein wackliges Paddelbrett. Bewahre! Aber er hatte keine Chance. Schon nach wenigen Minuten sah er mehr Meer als jemals zuvor. Ich machte mit ihm eine SUP- Runde, meist im Sitzen, denn ich wollte nicht kentern. Dabei fragte ich mich, falls ich baden gehe, wie gut schwimmt er? Nachdem wir sicher wieder angelandet waren, machte ich mit ihm im flachen Wasser die Schwimmprobe und siehe da, 1a Wasserlage! Dafür saß er danach triefend mit hängenden Ohren an Land und hasste mich.

 

Zum Trocknen machten wir einen Spaziergang am Wasser, wobei er immer großen Sicherheitsabstand hielt. Sonnenbaden in den Dünen fand er dafür richtig schick. Wieder frisch gestriegelt und trocken genossen wir den warmen Abend bei Vollmond am Strand. Das Bett im Camper gefiel auch super, allerdings nervt es ihn, dass es so hoch ist und er nicht alleine draufspringen kann.

 

Morgens wollten wir uns den Sonnenaufgang am Meer anschauen, aber was war das? Die Innentemperatur war innerhalb von 12 Stunden von 35 Grad auf 6 Grad gesunken und draußen völlig dicke Suppe. So wurde noch eine Extrakuscheleinheit eingelegt, was seine Blase super mitmachte. Danach weiter beim Frühstück trödeln, bis die Sonne alles kräftig erwärmte und wir wieder mit dem Paddelbrett loszogen. Diesmal bei weniger Welle und siehe da, er entspannte sich und genoss. Auch später merkte er, dass an der Wasserkante das Laufen viel einfacher ist, als im tiefen Sand und ein bisschen nasse Pfoten störten nicht mehr. Highlight war aber stundenlanges Faulenzen auf einer Düne im Pinienwald.

 

Vor der Abfahrt machten wir es uns im Bus noch etwas gemütlich, als es plötzlich an der Tür klopfte. Dort stand die Polizei und sagte, dass Übernachten verboten sei. Ich erwiderte, dass wir das niiiiieeeee machen würden und schon eine Stunde später weg seien, was der Wahrheit entsprach. Hatten wir am Vortag also Glück gehabt, auch ein Vorteil unter der Woche und nicht am Wochenende wild zu campen.

 

Auf dem Rückweg ging es noch zu einem Geheimtipp. Eine Tankstelle, die angeblich deutsche Gasflaschen fülle. Das ist eine Rarität und anstatt irgendwelche Fremdflaschen zu kaufen, andere Anschlüsse zu verwenden und den Bus damit zuzurümpeln, eine super Lösung. Ich klärte das mit dem Tankwart ab und sagte ihm, dass ich noch 5 Minuten Zeit bräuchte, denn ich hatte noch eine Flasche zu entleeren. Seit Reisebeginn hatte ich ein faules Ei dabei, dass den Ofen einfach nicht zünden wollte und nur ganz schwer den Kocher. Ich ging auf Sicherheitsabstand und öffnete das Ventil langsam. Es zischte trotzdem laut und im Laufe der Entleerung konnte Santa Pola den olympischen Winterspielen Konkurrenz machen. Alle Passanten drehten sich um, ich wartete nur auf die Ersten mit Skiern. Weißer Nebel überall, gefrorener Boden, Schnee auf der Gasflasche. In Deutschland wäre ich wahrscheinlich aufgeknüpft worden. Der Zauber dauerte 10 Minuten. Mir war es schon ein bisschen peinlich, hätte nicht gedacht, dass so viel in die kleine Flasche passt. Am Ende füllte der Tankwart die beiden Flaschen problemlos und günstiger als in Deutschland wieder auf. Ich probierte sie sofort aus, als funktionierte problemlos. Keine Ahnung, was mir da in D-Land für ein Schrott verkauft wurde.

 

Dann hieß es wieder arbeiten und ein paar kühlere Tage überstehen. Den nächsten warmen Tag nutzte ich nachmittags aus, um Copper endlich wieder einmal mit dem Rad auszufahren. Diesmal mit neuem Brustgeschirr und verbesserter Befestigung im Korb. Und siehe da, es lief super. Kein einziges Mal machte er Anstalten auszusteigen, genoss die Aussicht und den Wind um die Ohren. Auf Schotterpassagen ließ ich ihn laufen, besser gesagt rennen. Etwa 15 kmh schafft er dauerhaft, in Spitze 20 kmh und rennt mit voller Fahrt hinter den Fahrrad her. Anschließend ist das „chillen“ im Korb noch schöner. Ja, bei uns beiden soweit alles gut, dafür kränkeln die Mitbewohner. Kollegin Bimba kommt mit ihrer ersten „Hitze“ nicht klar, jault ständig, da sie leider von ihren männlichen Kumpels getrennt bleiben muss. Einen Chihuahua-Bulldoggenmix möchte hier niemand, sieht bestimmt auch richtig dämlich aus. Sie blutet hier alles voll und jetzt hat sie noch eine Blasenentzündung und läuft ständig aus. Gremlin-Chef Kiss hat Leishmaniose und muss leider ständig zum Arzt und Medikamente in Massen nehmen. Ich habe Ann Mari vorgeschlagen einen Tunnel nach Elche zu graben, dann kann sie nur beim Tierarzt anrufen und Bescheid geben, dass in Kürze wieder ein Hund bei ihnen auftaucht. Wir haben momentan jeden Montag ein Dauerabo dort. Nebenan noch eine Tierhandlung, da bleibt nicht die Frage offen, wohin das Geld von unseren Konten verschwindet. Noch ein Beispiel eines abendlichen Wahnsinns: Ich am Kochen auf 2 Herden, um mich herum 3 Hunde und eine Katze, die was vom angebratenen Fleisch abhaben wollten. Zur Ablenkung bekamen Copper und Bimba ein Kauleckerlie, was die Katze und die schwangere Varia mit Meckern kommentierten. Bimba hatte den ganzen Tag schon in sich reingeschaufelt, da das verspätete Premiumfutter am Nachmittag endlich (mit 3 Wochen Verspätung) eingetroffen war. Wie immer war sie undicht, Pipi und Blut auf dem frisch gewischten Boden und dann kam wegen Überfressens alles wieder raus. Sie fing an, das Ganze wieder in sich reinzufressen und alle anderen Hunde und Katzen wollten daran teilhaben. Ich brachte Sie davon ab, wobei hinter mir auf der einen Seite die Nudeln fast überkochten und vor mir die Zwiebeln fast anbrannten. Ich trennte alle Tierchen, verbannte sie in getrennte Räume und Terrasse, rief Ann Mari um Hilfe, damit wir 10 Minuten später unser Mahl unangebrannt und kotzefrei zu uns nehmen konnten.

 

Da sich wieder einmal schlechtes Wetter fürs Wochenende ankündigte, verlegten wir unsere Sonntagswanderung auf Donnerstag. Schon ab dem ersten Tag hier lachte mich ein Bergmassiv an, dass im Gegensatz zu den anderen Bergen saftig grün ist, nicht trocken und gelb. Dazu gibt es im Umkreis keine höheren Gipfel. Ich fuhr den kleinen Bergsteiger zum Fuße des Berges per Rad, ab da ging es zu Fuß 500 Höhenmeter bergauf. Wir stiegen auf der schattigen Westseite durch immer grüner werdende Kiefernwälder auf, meist auf Forstwegen, mäßig spannend. Als ich mich an einer Schautafel orientierte, sah ich plötzlich Copper auf etwas rumkauen. Ich hatte Erinnerungen an seine Vergiftung und nahm ihm das alte Stück fettiges Fleisch ab. 100 Meter weiter das gleiche Spiel, wieder ein Stück im Maul. Wo kam das her? Mitten in der Natur? Vergiftete Köder? Mein Kopf sponn rum, als wir „La Vella“, den höchsten Gipfel des Massivs erreichten. Dort rasteten 5 Rentner in voller Wanderausstattung mit Stöcken und ließen sich ihre Bocadillos schmecken. Ja und einem war wohl auf dem Weg schon der Hunger gekommen und der Schinken zu fettig, sodass er die Brocken wegwarf. Also kein Grund zur Beunruhigung.

 

Copper ist bei allen Begegnungen ein toller Türöffner. Er witterte Futter, ging zu den Männern und kurz darauf gab es ein wunderschönes englisch/spanisches Kauderwelsch-Gespräch und wir wurden mit Essen versorgt. Es handelte sich um 5 pensionierte Banker-Arbeitskollegen, die regelmäßig zusammen wandern. Und wie könnte es anders sein, der eine hat einen Sohn, in Hannover lebend. Er schwärmte vom deutschen Bier und meinte, das wäre in Hannover so gut und sie wollten da mal Wanderurlaub machen. Ich schlug vor, dies eher in Bayern zu realisieren, vor allem wegen den besseren Wandermöglichkeiten und der Bierqualität. Es entstand eine kleine Diskussion, denn er fand das Bier, dass direkt neben dem Wohnhaus seines Sohnes gebraut werde, richtig gut, konnte sich aber nicht an den Namen erinnern. Ich redete mit seinen Kumpels weiter und plötzlich hielt er mir sein Telefon ans Ohr und meinte: „Ein Anruf aus Deutschland für dich“. So stellte sich sein Sohn Xavier bei mir vor, der neben der Herrenhäuser Brauerei wohnt. Nach nettem Plausch am Telefon wurden mir noch alle 5 mit Namen und Handschlag vorgestellt, bevor sie zu Tale „stöckelten“, um dort gute Bocadillos als Mittagsmahl einzunehmen. Zufälle gibt’s!

 

Wir beschlossen zurück einen spannenderen Singletrail auf der Ostseite zu laufen. Später stellte sich heraus, dass der Weg über alle Gipfel des Massivs führte, teils mit spektakulären Aussichten und manchmal konnten wir mit langem Hals über den Kamm direkt senkrecht auf der anderen Seite in die Tiefe schauen. So wurde Copper vom Wanderer zum Bergsteiger, der bergauf alles meisterte und nur bergab an großen Absätzen mal eine kurze Levitation benötigte. Hätte mein Navi nicht pausenlos behauptet, wir seien auf dem richtigen Weg, hätte ich mehrmals behauptet, da sei nur ein Wille, aber kein Weg mehr. Vor allem, als es plötzlich senkrecht bergab über Geröll durch eine Scharte gehen sollte. Das war dann grenzwertig. Mit höchster Vorsicht stiegen wir ab, ich kam 4x ins Rutschen, aber konnte es immer ausbalancieren, während Copper manchmal auf den Steinen an mir vorbeigesurft kam. So langsam wurde es flacher, trotzdem begleitete uns das lose Gestein bis ins Tal. Den vorerst letzten warmen Tag genossen wir mit einem Nachmittagspicknick und Schläfchen.

 

Danach sortierte ich schon einmal unsere Sachen und vermisste meine Schlüssel. Nachdem der Rucksack mehrfach auf den Kopf gestellt war, fiel es mir siedend heiß ein. Ich hatte die Schlösser an Rad ohne Schlüssel zugemacht und die Schlüssel befanden sich noch am Rad! Den ganzen Tag, samt Autoschlüssel. So ging es ziemlich rastlos bergab, aber wir hatten Glück, alles noch da. Uff! Das Rad stand aber auch schön verdeckt in den Büschen. Trotzdem bin ich ein Vollhorst.

 

Abends nahmen wir dann den kleinen Rebell „Tyson“ zu uns, der immer im Rudel eine große Klappe hat und nun, nachdem Rudelchef „Kiss“ wieder gesundet, in seine Schranken gewiesen wurde. Das ganze Radel fiel ständig über ihn her, ließen ihn nicht ans Futter und er musste alleine nachts draußen schlafen.

 

Er machte es sich drinnen gemütlich, Copper war platt vom Wandern und Bimba hatte mal ne Stunde ihre Hormone und Körperöffnungen im Griff. Ich gönnte mir etwas Entspannung auf der Yogamatte, als Ann Marie vor mir stand und sagte: „Die Welpen kommen“! Geplant waren sie eigentlich erst Mitte März, aber Varia platzte in den letzten Tagen schon fast. Irgendwas passte nicht. Die ungewollte Schwangerschaft wurde auf 14. Januar datiert, das hatte sich Kiss ins Frauengemach geschmuggelt. 2 Monate trägt ein Hund und am 25. Februar gibt es Nachwuchs? So wird die Vaterschaft ein Rätsel bleiben, denn das Ganze muss sich schon im Dezember unbemerkt abgespielt haben.

 

Auf jeden Fall wurde ich gebeten bei den Vorbereitungen zu helfen und als ich 2 Minuten nicht im Raum war, vergnügten sich Tyson und Copper auf meiner Matte beim Wettpinkeln. So flog Tyson hochkant wieder aus dem Haus und Copper erhielt ein lange Predigt. Während der Nacht kamen dann 4 Welpen zur Welt, Ann Marie als Hebamme machte dabei kein Auge zu. So verschlief sie den Folgetag und ich kümmerte mich um den Hundezirkus. Um Bimba auszulasten, probierte ich erstmals, sie zum Wandern zu bringen. Bisher war sie nur mit Ann Marie und mir mal 10 Minuten draußen, wandern kannte sie gar nicht. Sie lief erstaunlich gut und friedlich, der Friede im Tal war aber dahin, als eine läufig duftende Hündin und ein Jungmacho an etwa 30 anderen Hunden hinter Zäunen vorbei spazierten. Copper machte voll den Meckes, stellte sich zum Beispiel vor einen Schäferhund und zeigte ihm die Mittelkralle, weil der hinter Gittern saß. Auf groben Steinen zickte dann Bimba, weil sie sowas noch nie unter den Pfoten hatte, aber Singeltrails fanden wir alle super. Vorne ein dicker Mann, dann ein Minihund und dann ein Elefant mit Grunzgeräuschen. Nach 40 Minuten und 2 Kurven von der Haustüre entfernt, macht dann Bimba schlapp und musste den Rest halb geschoben oder gezogen werden.

 

Nun wechselte ich noch die Schuhe am Bus und als ich die Türe zuschlug, hatte Copper in diesem Moment die Idee, in den Bus zu springen. Mein Atem stockte. Er zog zurück, ich dachte erst, er hätte es geschafft, aber fing dann bitterlich an zu jaulen und ließ eine Vorderpfote hängen. Ich war geschockt, denn ich dachte, dass in dem kleinen Pfötchen alles zermalmt sei. Ann Marie kam in diesem Moment dazu, nahm den Verletzten zu sich und tröstete mich. Sie meinte, ich müsse unbedingt lernen in so einer Situation cool zu bleiben, dann würde es den Hund auch weniger schocken. Ich war trotzdem total fertig. Sie ertastete sein Bein und die Pfote, hielt diese dann einige Minuten fest, setzte ihn danach auf den Boden und er lief los, als ob nichts gewesen wäre. Uff, wieder Glück gehabt. Er hatte noch zurück gezogen und sich wohl nur etwas die Krallen gequetscht. Meine armen Nerven!

 

Das Trockenbrunnenprojekt
Das Trockenbrunnenprojekt

 

07.03.2022 Etwas Sex gefällig?

 

Spannender Titel, oder? Aber dazu später. Erst einmal langweile ich euch mit dem Wetter. Am Tag vor dem großen Regen habe ich ein Kreativprojekt verwirklicht. Ein anderer Freiwilliger hatte eine Grube für einen Teich ausgehoben, die Umrandungssteine und die Springbrunnenteile lagen mir beim Bändigen des Unkrauts ständig im Weg. Aus Mangel an Geld, Wasserleitung und zu großer Hitze für Fische, kam das Projekt zum Erliegen. Ich hatte nun die Idee alles hübsch anzulegen, den Springbrunnen trocken einzubauen und mit Blumen zu bepflanzen. Die Idee wurde an dem Tag umgesetzt. Sieht im Bild doch ganz hübsch aus, oder?

 

Bei den Baumaßnahmen waren die Gremlins natürlich immer in der Nähe und beäugten alles. Zu drollig dabei Copper: Kommt vorbei, guckt mich an, hat eine Olive zwischen den Zähnen und legt mir zur Stärkung die Olive vor die Füße. Mittags ging es dann mit Copper auf eine herrliche Radtour durch die Berge und wir fanden sogar speziell einen Weg, der für Fahrräder mit Hundekorb (laut Abbildung) angelegt wurde. Um uns herum nur Mountainbiker, teils motorisiert. Einer davon schwächelte etwas und so überholten wir ihn ohne Motor am Berg, Copper grinste ihm dabei erhaben aus dem Korb zu. Anscheinend fühlte er sich dann von uns ans Bein gepinkelt und so fuhr er am nächsten Berg mit höchster Unterstützung an uns vorbei. Egal, wir hatten unseren Spaß, die Schotterpassagen rannte Copper, auf Asphalt ließ er sich chauffieren.

 

Nachts fing es dann an zu pladdern und hörte erst 12 Stunden später wieder auf. Ich begutachtete am Morgen die Schäden und siehe da, mein Trockenteich war randvoll mit Wasser. Zum Glück hatte ich dem 100 kg schweren Brunnen ein stabiles Fundament verpasst, so hatten wir keinen schiefen Brunnen von Aspe. Da kam Thor panisch aus seinem Haus und meinte, das Bad stehe unter Wasser. Ich hatte mir die Konstruktion des Daches Minuten zuvor angesehen und mir schon nichts Gutes gedacht. Die meisten spanischen Bauten haben Flachdächer und sind mitnichten für viel Regen ausgelegt. Ich wollte mir das Ganze anschauen und dachte daran ein Wellblechdach zu installieren, da waren beide schon Hals über Kopf einkaufen gefahren. Zurück kamen sie mit einer blauen, schweineteuren, riesigen Plastikplane. Panikkauf! Und wer durfte die mit Thor aufs Dach bringen? Moi!

 

Hier gibt es nur Wackelleitern, Thor hat Höhenangst und ich hatte mir am Tag zuvor auf Geröll einen Ausrutscher gegönnt und meinen rechten Daumen etwas lädiert. Aber wir schafften es trotz Regen, Glätte, Gewackel und archaischen Mittel das Teil zu fixieren. Dazu dienten Paletten, Steine, elastische Bänder und grüne Metallstangen, die ich als Beschwerung des Dachüberstandes benutzte. Am Ende klatschten sich 2 Frösche ab, denn wir waren mit unserer Arbeit zufrieden und die grüne Farbe der Stangen leider nicht wasserfest.

 

Und was ist jetzt mit dem Sex? Bimba war kaum mehr ertragbar. Seit Wochen läufig, immer noch am Bluten und bei Abwesenheit von Ann Marie ununterbrochen am jaulen. War sie bei ihr im Haus, hatte sie Leckage und pinkelte ständig in ihr Zimmer und setzte regelmäßig noch einen Haufen dazu. So sollte ich probieren, ob sie wieder draußen zusammen mit Rufa sein konnte. Obwohl er kastriert wurde, ist sein Drang nach Sex ungebrochen. Sein Hirn setzte komplett aus und er dachte nur noch ans Rammeln. Ich versuchte die Beiden zum Spielen und Toben zu überreden, aber spätestens einmal pro Minute schaltete sein Hirn ab und der Trieb übernahm die Kontrolle. So blieb ich als Schiedsrichter immer in der Nähe und trennte die Beiden minütlich. War Rufa mal ruhig, kam Bimba wieder an seiner Nase vorbei und hielt ihm ihr Hinterteil hin. Also ließ ich sie beide einmal kurz ihren Spaß haben. Ann Mari warnte mich bei Copper davor, dass Hunde auch ineinander stecken bleiben könnten und dann wären Welpen unvermeidlich. Also passte ich die ganzen Tage gut auf Copper auf, aber er spielte oder leckte nur und hatte auch seit 2 Tagen daran kein Interesse mehr. Ich beobachtete also die 2 Großen weiter und schaufelte dabei etwas Hundekacke. Beide legten sich dann befriedigt ab und ich nutze dies und brachte die Kacke auf den Misthaufen in den Garten. Als ich eine Minute später zurück kam, traute ich meinen Augen nicht. Beide standen Hintern an Hintern und rangelten. Als ich näher kam, sah ich sein feuerrotes Gerät, das in ihr feststeckte und auch schon eine Drehung hinter sich hatte. Die 2 Triebtäter hatten sich echt verkeilt. Ich dachte mir, dass darf Ann Mari nicht sehen, sonst gibt es für alle 3 Beteiligten Ärger. Also ging ich hin, hielt beide fest, damit sie nicht sein Gerät bis Alicante ausdehnten, beruhigte sie und siehe da, nach etwa einer Minute machte es „Plopp“ und Rufa verfluchte in Spanien zu leben und nicht in Norwegen, denn dort hätte er direkt Schnee zum Kühlen unter den Pfoten gehabt.

 

So blieb also Bimba 2 weitere Tage bei Ann Mari, dann meinte sie, jetzt wäre die Hitze aber vorbei. Mir war klar, dass es anders laufen sollte, den Rufa setzte bei der Zusammenkunft gleich wieder sein diabolisches Lächeln auf. Diesmal aber mit Zeugen und so meinte dann Thor, das läge nur am Geruch. Wenn sie richtig gewaschen wäre, würde der anziehende Geruch verschwinden und verschwand darauf mit ihr 15 Minuten unter der Dusche. Nach erfolgter Waschung und Trocknung der nächste Versuch. Ann Mari und Thor sahen sich bestätigt, ich achtete auf sein Grinsen. Als er sich unbeobachtet fühlte, ging es wieder los. So sitzt Bimba nun blütenrein bei Ann Mari und keiner weiß, wie lange sie noch ihr Zimmer belagern und Vollpinkeln wird.

 

Schlammschlacht im Barranco
Schlammschlacht im Barranco

10.03.2022 Und jetzt wird’s blutig

 

Das ist ja wie im Film. Erst Sex, dann fließt Blut. Aber wie kam das? Bimba saß also noch 2 Tage länger in Ann Maris Zimmer. Sie machte mehrfach Versuche sie frei zu lassen, aber Rufa setzte immer wieder sein diabolisches Grinsen auf und sprang auf sie. Dann hörte ich morgens Schreie. Ann Mari sagte mir am Anfang, dass sie immer in der gleichen Gefühlslage sei. Bis an diesem Morgen. Bimba flog hochkant aus ihrem Zimmer und durfte ab diesem Zeitpunkt wieder mit Rufa streiten und raufen, denn ihre Hitze war vorbei und so ähnelten seine Annäherungsversuche eher an Freistilringen. Als ich fragte, was passiert sei, sagte sie, dass Bimba ihr in der Nacht mehrere Haufen und Pfützen ins Zimmer gezaubert, und dazu noch ihr Lieblingsshirt in der Luft zerrissen hätte.

 

2 Stunden waren die Beiden zusammen, als Thor nachsah, wie es den Streithähnen erging. Rufa entwischte ihm ins Haus, begrüßte mich kurz beim Kochen und verschwand direkt wieder, da ich mich auf den Herd konzentrierte. Als ich mich danach umdrehte, glaubte ich meinen Augen kaum. Alles voller blutiger Pfotenabdrücke. Ich fragte Thor, ob er das bemerkt hätte, er verneinte. So gingen wir mit erster Hilfe zu Rufa und stellten fest, dass er sich einen Zehenballen zerschnitten hatte. Der Verband hielt genau eine Minute, dann zog er sich ihn wieder aus. Der zweite Verband wurde dann per Manschette anstatt einer Binde fixiert und Rufa zum Ruhen ins Haus geholt. Als ich mit Copper eine Stunde später zum Spazieren ging, lag er brav mit Verband auf seiner Decke. Auf unserer Runde blieben wir sowas von herrlich im Matsch stecken, sowas kannte ich bisher nur von Korfu. Nach der Runde begrüßte uns Rufa am Tor. Hä? Wer hatte den denn rausgelassen. Und was sah ich? Noch mehr Blut im Hof! Ann Mari hatte ihn dorthin entlassen, nachdem die Blutung gestoppt hatte. Also Rufa wieder verbinden und ruhig stellen.

 

Am nächsten Tag war die Blutung dann gestillt und ich suchte nach dem Grund der Verletzung. Wir vermuteten Glasscherben, die durch den Regen freigespült wurden. Ich wurde dann an der Abdeckung des Wasserhaupthahns fündig. Ein olles Stück Metall, dass er ständig bearbeitet. Ich hatte es schon mehrfach mit Steinen abgedeckt, er hatte es immer wieder freigebuddelt und diesmal sogar das Metall bearbeitet, sodass schön spitze Kanten nach oben standen. Ich entfernte das Metall und ersetzte es mit einer Babybadewanne mit Gitterabdeckung und Gewicht darauf. Mal sehen, was er zu meiner Konstruktion sagt. Momentan wird er aber von Bimba abgelenkt, die die valencianische Freistilmeisterschaft im Ringen mit ihm bestreiten will.

 

Auch an diesem Tag regnete es wieder und so ging ich in einer Pause mit Copper in der windgeschützten Schlucht unweit des Hauses eine Runde. Als ich Ann Mari von den Ereignissen berichtete, fragte sie sich, warum ich bei Copper oft in der Ich-Person spreche. Ich zeigte ihr die Videos von „Hund vs Katze“, die ich damals mit Basti auf Korfu mehrmals schaute. Dort spielen Menschen Hunde und Katzen, geben ihnen auch Worte und verdeutlichen damit deren Verhaltensweisen. Sehr witzig! Seitdem spreche ich wohl manchmal in Erzählungen in der Ich-Form des Tieres. Ann Mari korrigiert: Immer! Also habe beschlossen auch beim Schreiben temporär die Erzählerrolle zu wechseln, wenn Copper mit von der Partie ist.

 

Heute regnete es den dritten Tag in Folge. Sowas hatte ich zuletzt als Baby erlebt und damals ging ich sicherlich nicht aus dem Körbchen. Ja und jetzt habe ich meinen großen Kumpel, der momentan jeden Tag mit mir raus geht. Wir warteten eine Regenpause ab, da wir nicht gerne nass werden. Seitdem es regnet, ist er ein Langweiler, sowas von langsam am Laufen. Unter seinen großen Schuhen sammelt er nämlich immer kiloweise Matsch, rutscht ständig rum und bleibt andauernd stehen, um die Plateauschuhe wieder loszuwerden. Dabei half ihm heute die Durchquerung eines kleinen Baches. Der ist zwar breit, aber dafür nur 2 Zentimeter tief. Ich werde wie erwähnt nicht gerne nass, also renne ich immer durch solche Sachen. Ist auch ein großer Vorteil bei Schlamm, denn dann sinke ich nicht ein, anders als der schwere Kerl. Zurück ging er heute aber plötzlich anders. Ich hätte den langen Weg genommen, denn da gibt es einen trockenen Übergang. Er nahm eine Abkürzung (ok er hatte Recht, denn kurz nach unserer Rückkehr begann es wieder zu regnen) und balancierte über Steine über den Bach. So ein Unsinn, das geht besser mit Tempo, sind ja nur 2 Zentimeter Wasser. Aber was war das? Ich stand plötzlich bis zum Bauch im kalten Wasser und wusste nun auch, warum er die Steine benutzte. Zum Trocknen wollte ich wieder Bergsteigen, aber er kam einfach nicht hinterher. Ok, da war auch kein Weg, nur Felsplatten, aber die klettere ich doch so gerne hoch. Wahrscheinlich war ihm das auch wieder zu glatt und er hatte in den letzten Tagen schon so manche sinnlose Sackgasse gefunden. Ist aber cool, denn wir probieren immer neue Wege aus, das ist spannend. Gestern waren wir erst auf unserem Hausberg, den hier noch nie jemand aus meiner Familie erklommen hat. War echt schwer, aber wir jubelten beide kräftig, als wir die Kraxelei geschafft hatten.

 

So stand ich in Gedanken auf der Steinplatte, als von unten abgefahrene Gerüche kamen. Ich also schnell nach unten und das leckere Stückchen inhaliert. Woher kannte ich den Geschmack? Ach ja, als ich so krank war, gingen wir nach dem Arzt nebenan in ein Tiergeschäft und der Mann dort gab mir das hier zum Probieren. Jetzt verstehe ich! Er war heute mit meiner Erzieherin und meinem Onkel Kiss zum Arzt gefahren und da waren sie bestimmt danach dort einkaufen. Ich hatte Recht und freue mich auf mehr von den leckeren Brocken, dafür lerne ich auch gerne das „sit“, obwohl ich nicht weiß, warum ich mich zum Essen setzen soll, geht doch im Stehen oder beim Tanzen auch ganz gut.

 

Zurück im Haus entfernte er mir erst einmal Matschbrocken aus dem Fell und ging dann daran mit einem Messer die neuen, riesigen Ochsennerven zu zerkleinern, die ich so gerne kaue. Bisher hatte ich das nur einmal, aber das Ding war so groß, da hätte ich noch in Wochen daran gekaut, hätte nicht die dicke Bimba das Teil geklaut und einfach weggeschluckt. Er kämpfte ganz schön, denn die Dinger sind knallhart. Nach kurzer Zeit stockte mir der Atem, als er abrutschte und mit dem scharfen Messer aber zum Glück nur seinen Fingernagel traf. Das hätte ganz schnell im Krankenhaus enden können. Ich mag zwar den Geschmack von Blut, aber in der letzten Zeit ist das hier etwas viel. Er verstand auch den Wink mit dem Zaunpfahl und als Ann Mari fragte, was er wieder bastele, als sie die Stichsäge hörte, grinste ich mir eins. Wurden in Deutschland schon mal getrocknete Ochsennerven mit der Stichsäge zerkleinert?

 

Dann bastelte er wirklich, an der Wasserleitung, wo der große Rufa sich an der ollen Abdeckung verletzt hatte. Plötzlich hörte ich meinen kleinen Bruder Tyson jaulen. Er war aus dem Garten entwischt und schaute neugierig den Bauarbeiten zu. Dabei sah er eine Lücke zwischen Tor und Mauer und da er immer viel Quatsch macht, versuchte er abzuhauen. Andy hörte ihn dann auch jaulen und war überrascht ihn dort stecken zu sehen. Mein Bruder stemmte sich nach oben, aber das war genau falsch, denn dort wurde der Spalt immer enger. Ich hatte echt Angst um ihn, denn er konnte kaum noch atmen. Zum Glück hatte er einen starken Retter. Er klappte Tyson die Beine nach hinten und hielt sie fest. Mit der anderen Hand schob er dann seinen Kopf Zentimeter für Zentimeter nach unten, bis dann endlich der Spalt so breit wurde und mein Bruder wieder frei war. Das macht er nicht nochmal! Der verbraucht im Moment genauso viele Leben wie ich. Also erst einmal durchschnaufen, nach den Abenteuern laaange schlafen, denn morgen scheint die Sonne wieder, dann geht es bestimmt wieder auf Tour.

 

Und so war es. Wir gingen zusammen auf Fahrradtour. Wie immer saß ich auf den Straßen erst einmal gelangweilt im Korb. Dann wurden die Straßen kleiner und wir starteten einen neuen Versuch. Ich an der Leine laufend neben dem Fahrrad. Das funktionierte auch ganz gut, bis ein riesiges Auto kam. Wir machten Platz und hielten an, aber das Ding war so groß und laut, dass ich mich erschreckte und unter dem Fahrrad durchlief, um weiter ins Gras zu kommen. Ich dachte immer nur, ich darf das nicht, damit ich nicht unter die Räder komme, aber da gibt es auch noch so schwarze, fettige Teile und danach hatte ich das eklige Zeug im Fell. Das sah gar nicht schön aus und wir brauchten lange mich wieder sauber zu bekommen. Während der Tour zogen plötzlich Wolken auf und es wurde furchtbar kalt. Für mich gut, denn so durfte ich noch mehr rennen, da ich im Korb fror und zitterte, Andy fand es auch nicht gut, fluchte über das Wetter und war am nächsten Tag etwas heiser. Ich weiß nicht ob von der Kälte oder vom vielen Fluchen.

 

Dann ging es wieder ans Arbeiten. Der ganze Regen hatte dem Hühnerstall etwas zugesetzt. Ein Pfosten stand nicht mehr richtig und das Deckengitter hing so tief, dass der Große nicht mehr darin stehen konnte. Er wollte es ausbessern, aber der Olivenbaum im Stall war so mit dem Draht verwachsen, dass es unmöglich war den Draht zu bewegen. So kam er mit seiner elektrischen Säge und schnitt den Baum von innen und von außen. Wir wurden mit Kaufutter abgelenkt, damit wir nicht beim Arbeiten nerven oder die Hühner jagen. Viele Äste lagen so weit hinten auf dem Gitter, das er nicht ankam. Da es bei uns keine Stehleiter gibt und die normale Leiter ihn schon zweimal abgeworfen hatte, staunten wir 10 Chihuahuas nicht schlecht, als er mit der Schwimmbadleiter und dem Kescher zur Badreinigung die Äste vom Gehege fischte. Als er damit abgelenkt war, merkten wir, dass die blöden Hühner nicht mehr in der Gruppe zusammen waren. Hui was ein Spaß! Da gibt es nämlich 3 Hühner, die sich immer jagen lassen, die anderen lassen sich nicht nerven und picken immer nach uns. Aber die Blöden, die von einer Nachbarin zu uns kamen, sind leichte Opfer. Also stifteten wir etwas Chaos. Eins jagten wir aufs Dachgitter vom Hühnerstall, eins in den Stall und das dritte auf den Kompost, wo wir es umzingelten. Das Vieh war so in Panik, dass es kopfwärts durch einen Zaun wollte, die Maschen aber natürlich zu eng sind und das Huhn darin stecken blieb. Als wir dem Wehrlosen Teil dann an die Schwanzfedern wollten, gab es ein Donnerwetter. Er sprang von der Leiter, scheuchte uns weg, befreite das blöde Vieh aus dem Zaun und trug es in den Stall. Die anderen Hühner kamen dann auch zurück in den Stall und wir kräftig Schimpfe. Blieb das Huhn auf dem Dach. Er versuchte es von unten etwas zu stupsen, damit es wieder nach unten fliegt, aber es krallte sich nur fest und wollte nicht. Plötzlich sahen wir ihn mit dem Schwimmbadkescher das Huhn vom Dach angeln. Sehr kreativ und was für alle Zuschauer.

 

Mittags machten wir eine größere Runde, aber meist nur auf langweiligen kleinen Straßen, auf denen ich auch noch an der Leine laufen muss. Die schönen Wege waren meist mit Toren verschlossen oder völlig vermatscht. Aber am nächsten Tag hatten wir frei und er versprach mir eine Riesentour, weiter als ich jemals zuvor gelaufen war. Es ging durch das Naturschutzgebiet „Los Algezares“, in dem ich noch nie war. Er kannte sich gut aus, probierte auch neue Wege und wollte mir dann seinen „Lieblings-Barranco“ zeigen. Er war die Schlucht bisher aber nur zum Teil gelaufen, diesmal sollte es die Ganze sein. Was für eine verrückte Idee in einem Bachbett zu laufen, wenn es zuvor 3 Tage geregnet hat. So wurde es eine wilde Schlammschlacht. Erst lachte ich, als er sich komplett einwutzte und öfters rumrutschte. Dann blieb ich aber auch mit den Pfoten mehrfach im Matsch stecken. Es wurde richtig wild. Über manche Steinpassagen wurde ich getragen und an einer Stelle stand so viel Wasser, dass er einen Fuß opfern musste, mit dem er tief ins Wasser eintauchte. Aber siehe da, er bekam keine nassen Füße! Jetzt weiß ich auch, warum er seine Schuhe öfters mit Bienenzeugs einschmiert. Irgendwann sah ich ganz schön wild aus, ich schmierte mir sogar roten Lehm als Kriegsbemalung auf die Backe. Als ich mich dann betrachtete und keine schicken Hündinnen in der Nähe waren, wurde mir alles egal. Ich sprang nicht mehr über das Wasser oder den Schlamm, sondern lief einfach durch. Wir stiegen dann am Ende der Schlucht wieder zu“normalen“ Wegen hoch und traten den langen Heimweg an. Was ein geniales Abenteuer und persönlicher Rekord! 13 Kilometer! Aber dann kam das dicke Ende. Ich musste zur Unterbodenwäsche. Meine Beine und der Bauch waren so voll Matsch, dass er mich zur Wäsche mit kaltem Wasser zwang. Ich war echt sauer, aber dann ging er sich in seinen Bus rasieren, da es im Haus immer kalt ist. Dort durfte ich bei 30 Grad trocknen und anschließend fielen uns auf dem Bett in wunderbarer Wärme die Augen zu.

 

Wenn ihr die nächsten 2 Wochen nix von mir nichts hört, liegt das daran, dass sich seine Freundin zu Besuch angekündigt hat. Ob ich sie mag oder ob es ein Eifersuchtsdrama gibt, werde ich danach berichten. Bis dahin, euer Copper!

 

Meine Stiefgeschwister
Meine Stiefgeschwister

26.03.22 Apokalypse und Sintflut

 

Die Überschriften werden immer schlimmer, die sind fast schon Bildzeitungsreif! Aber es war auch wieder so einiges los.

 

Also Stephanie ist klasse, wir verstanden uns von der ersten Minute an gut und sie hat mir eine ganz tolle, selbstgestrickte, bunte Hundedecke mitgebracht. Wir gingen auch gleich vom Flughafen zum Strand und tobten miteinander. Leider hatte sie so was von Pech mit dem Wetter. Schon bei ihrer Ankunft war es kälter als die Tage davor und dazu kam noch ein fieser Wind.

 

Gegenwind bekam sie auch auf unserem Hof, die großen Hunde machten ihr schon etwas Angst und meine Familie mit neun wuseligen Chaoten irritierten sie auch ganz schön. Nur Red, der alte Kuschler, machte ihr große Augen und stand beim Streicheln immer in erster Reihe. Andy hatte ein riesiges Bett gebastelt und da haute ich mich abends erst einmal voll in die Mitte rein. Ab der 2. Nacht gab es deswegen auch schon mal Mecker und wenn ich richtig extrem kuscheln wollte, wurde ich manchmal blöderweise aus dem Haus verbannt. Ok, dann raufte ich mir eben mit meinen Geschwistern den Frust raus.

 

Am 2. Tag zeigte ich Stephanie dann auf einer Radtour wie schnell ich hinter den Fahrrädern herlaufen kann und im Gelände sogar überhole. Der Wind wehte noch kälter in den Ohren, wir genossen nochmal die Sonne in einem netten Café auf der Strecke und das sollte die letzte schöne Sonne sein, die wir in Spanien sahen. Mit dem Wind kam eine riesige, rote Staubwolke aus Afrika. Es war zwar noch nicht kalt, aber alles wurde in ein rötliches, apokalyptisches Licht getaucht. Die Menschen in der Stadt waren so davon irritiert, dass sie Angst bekamen und ihre komischen Masken plötzlich den ganzen Tag trugen. Wir gingen entspannt wandern, aber die Beiden kamen nicht so vorwärts, das Wetter bereitete ihnen Kopfschmerzen und Migräne.

 

Das ganze änderte sich dann mit dem großen Regen. Natürlich waren wir wieder zu Fuß unterwegs, als es losging. Mit dem Regen kam sie rote Suppe zu Boden und jeder und alles war mit roten Staub oder Matsch eingewutzt.

 

Am nächsten Tag langweilte ich mich im Haus bei Dauerregen, die Beiden machten es sich vor dem Kamin gemütlich und spielten den ganzen Tag irgendwelche Kartenspiele, die ich nicht verstehe. Das Wetter wurde danach auch nicht viel besser, aber ich musste immer wieder raus, damit ich nicht vor Langeweile Unfug anstellen konnte. Einmal wurde ich so nass, wie nie im Leben zuvor und an den anderen Tagen hatte ich so viel Matsch an mir, dass ich jedes Mal am Ende unserer Runde zur sogenannten „Unterbodenwäsche“ musste. Andy ärgerte mich immer, denn er wusch mir Bauch und Beine, ich hätte den Dreck viel lieber auf dem Teppich oder im Bett weggerubbelt. Das sah er leider anders.

 

Die Beiden ließen sich aber nicht unterkriegen, radeln ging nicht mehr gut, aber wandern war fast jeden Tag angesagt. So gingen wir wieder auf den hohen Gipfel „La Vella“ und mehrmals ins Naturschutzgebiet „Los Algezares“ mit seinen vielen Gesteinsfarben. Die gefielen Stephanie ganz besonders und sie sammelte dort schöne Steine. Ja und irgendwie waren die 9 Tage mit ihr dann schon um. Wir verabschiedeten sie mit feuchten Augen am Flughafen. Auf dem Rückweg schauten wir uns die Wettervorhersage für die kommende Woche an und sahen 100 bis 200 Liter pro Quadratmeter, wo jetzt schon alles komplett vermatscht war. So beschlossen wir schon am nächsten Tag ebenfalls abzureisen. Ganz schnell Futter eingekauft, das Auto in Regenpausen beladen und dann von allen schweren Herzens am nächsten Morgen verabschiedet. Das war alles ganz schön tränenreich und ich wusste noch gar nicht, dass wir länger als eine Nacht wegbleiben würden.

 

Den ganzen Tag regnete es meist leicht, nur in der Gegend von Valencia ganz schlimm. Dort standen die Felder und Plantagen unter Wasser und die Bäche waren riesige, schlammige Fluten. Andy hatte mir Bilder von der Hinfahrt gezeigt und eigentlich wollten wir dort übernachten, aber es war zu schlimm und wir fuhren weiter bis Salou. Dort war ich überrascht, denn wir trafen uns mit einer Frau, die ich bisher nur aus dem Computer kannte. Sie trainiert Hunde und arbeitet gerade zufällig auf unserer Fahrstrecke. Sie hat auch 2 Hunde, die sind aber komisch. Der eine ist viel größer als ich, aber voll der Schisser und der andere ist wie Bimba, hat kein Benehmen und wollte immer zu wild mit mir raufen. Wir blieben auch nur kurz und dann schon wieder den ganzen Tag im Auto. Aber es lohnte sich. Als wir die Pyrenäen und Spanien hinter uns gelassen hatten, kam wie versprochen die Sonne und witzigerweise fuhren wir auch immer in Richtung Carcassonne. Dort in der Nähe wohnt Stephanies Bruder mit seiner Tochter. Ich durfte die ganze Wohnung unsicher machen und Zoé knuddelte mich fast den ganzen Abend. Allerdings war für uns kein Platz zum Schlafen und im Bus wurde es nachts viel zu kalt. Ich kroch unter die 2 Decken ich wich Andy keinen Zentimeter von der Seite.

 

Christophe hatte uns einen Sightseeing-Tipp gegeben und so fuhren wir über das Dorf Minerve weiter. Superschön auf einem Felsplateau gelegen, umringt von 2 reißenden Flüssen und nur über Brücken erreichbar. Das Dorf war dadurch im Mittelalter fast uneinnehmbar und ist nun für Touristen richtig schön hergerichtet. Da es Diese um die Jahreszeit kaum gibt, durfte ich fast die ganze Zeit ohne Leine laufen und die ganzen Gassen und Treppen hin und her sausen. Nach der ganzen langweiligen Autositzerei brauche ich immer viel Platz zum Toben, am besten ohne Autos, denn dann kann ich mich ohne Leine richtig austoben.

 

Dann fuhren wir nach „Le Grau de Roi“. Das liegt neben der Mittelalterstadt „Aiges Mortes“, dort gibt es genauso viele Flamingos, aber keine Stadtmauern, sondern tausende von Jachten und einen großen Strand. Der war super zum Toben und Spazieren, aber das Wasser war kälter als In Spanien. Der Große ging manchmal mit den Füßen rein, ich vermied es diesmal strikt. Kalte, nasse Füße sind einfach eklig. Blöderweise hatte er die Idee noch weiter zu fahren, um in der Nacht ruhiger zu stehen. Wir kamen in die Gegend von Marseille und es wurde immer hässlicher mit ganz viel Industrie. Wir fanden dann kurz vor Sonnenuntergang einen Platz an einem Fischerhafen. Der war so naja. Abends immer irgendwelche Jugendlichen mit Wummermusik in ihren Autos und kein Baum oder Strauch zum Abendpipi. Nur Asphalt. Also schnell weg am nächsten Morgen. Wir fuhren nur 2 Kilometer in ein altes Dorf und suchten eine Bäckerei. Wir fanden auf dem Weg einen schönen Park zum Austoben und Entleeren meiner Blase und dann eine ganz freundliche Bäckerin. Ich sollte draußen warten und Andy suchte gerade seine Maske, als die Frau uns zusammen und unmaskiert hinein ließ. Cool! Ohne Verkleidung und ich durfte auch überall schnuppern und wurde gestreichelt. Ich mag zwar kein Baguette, aber ich habe mir sagen lassen, dass war das Beste, was er jemals gegessen hätte.

 

Weiter ging es mit gleichnamiger Musik nach St. Tropez. Warum davon alle schwärmen und singen wurde uns nicht klar. Alles eng, viel Wind und nur Steinstrände, wer braucht so was? Die Menschen sahen aber schon besonders aus, reich und ihrer Meinung nach auch schön. Wir kicherten oft in uns rein, flüchteten aus der Stadt und machten eine Wanderung um das gleichnamige Kap. Der Weg war toll, aber die sogenannten Strände waren auch dort zum Vergessen. Entweder steinig, fiese Brandung oder tonnenweise Seegras. So beschlossen wir dem Schickimicki gegen Abend noch den Rücken zu kehren und an die Sandstrände von Frejus zu fahren. Leider hatten wir nicht auf dem Wochentag geachtet. Freitag, Feierabendverkehr, Stau. Wir steckten komplett fest und so wurde ganz schnell umgebaut. Berge anstatt Meer. Nur wenige Minuten entfernt liegt „Gassin“, eines der schönsten Dörfer Frankreichs. Ruhig, mit einem großen Parkplatz für uns alleine und zum Sonnenuntergang ein netter Dorfspaziergang.

 

Am Samstagmorgen waren die ganzen hässlichen Autos noch am Schlafen und wir kamen schnell bis Frejus. Ab da beginnt eine traumhafte Küstenstraße an der Cote d’Azur. Steile Klippen und rot gefärbte Berge. Richtig toll. Das finden aber auch tausende Rennradfahrer und die waren oft schwer zu überholen. Eigentlich wollten wir uns auf dem roten Teppich von Cannes filmen lassen, um berühmt zu werden, aber in einem Vorort blieben wir derart im Verkehr stecken, dass wir auf die Karriere pfiffen und Cannes weitläufig umfuhren. Dafür brach dann in Nizza das Verkehrschaos komplett aus. Unglaublich viele Fahrspuren, überall Autos und dazwischen Motorräder und Roller, die jede Lücke nutzten. Wir orientierten uns gerade im Schilderwald, als plötzlich das Unheil auf uns zu kam, in Form einer Höhenbegrenzung, die viel zu niedrig für das Auto war. Andy fuhr langsam darunter durch. Von der Ferne sahen die aus, als wären sie aus Kunststoff, aber sie waren aus Metall! Die Geräusche waren verheerend. Es hörte sich an, als ob die Dinger das ganze Dach verschrammen und die Solaranlage abreißen würden. Uns standen die Haare zu Berge. Hinter uns gefühlt 1000 drängelnde Autos und vor uns der zu kleine Tunnel. Andy fuhr seitlich über eine Abgrenzung, um sich dann inmitten einer vierspurigen Kreuzung wieder zu finden. Überall hupende Autos und fluchende Fahrer. Wir machten die Augen zu, bis alle rot hatten, um dann mit Vollgas in einer Seitenstraße zu verschwinden. Dann ließ das Adrenalin nach und wir waren beide nervlich fertig und am zittern. Aber wie entkommen? Das Navi wollte immer wieder zu dem Tunnel zurück. Wir machten es dann wie die 3 Affen. Augen, Ohren und Mund zu, einfach in Richtung Berge fahren und irgendwann erbarmte sich eine kleine Gebirgsstraße und brachte uns aus dem Moloch. Bei der ersten Gelegenheit blieben wir stehen, pullerten gefühlt 5 Minuten lang und schauten uns mit gemischten Gefühlen das Auto an. Zwar fehlte die Leiter, aber was wir sehen konnten, waren einige Lackkratzer, die Solaranlage scheint aber ganz zu sein.

 

Weiter ging es über enge Straßen und viele Serpentinen vorbei an Monaco. Eigentlich wollten wir nach San Remo, aber dort war alles auch viel zu eng und hektisch, dass wir weiter fuhren, bis wir einen riesigen Parkplatz in Imperia fanden. Um unsere Nerven zu beruhigen, machten wir einen Stadtspaziergang und ließen den Abend in einem Café ausklingen. Dort gab es wohl den besten Cappuccino der Welt, blöd nur, dass ich den nicht trinken darf.

 

In Fortunago
In Fortunago

 

30.03.22 Kein Wasser im Po und die Batterie am A....

 

Ab Imperia hatten wir die Nase voll von engen Küstenstraßen, also wählten wir eine fast so enge Straße über die Alpen. Das machte aber Spaß, solange nicht wahnsinnige Italiener todesmutige Überholmanöver starteten. Das kostete manchmal Nerven, aber ich musste zum Glück kein weiteres Leben einbüßen. Mir ging es auf der Fahrt gar nicht gut, Andy dachte erst, dass ich die vielen Kurven nicht vertrage, aber ich hatte Schmerzen und kann leider nicht sprechen. Die Hundetrainerin hatte ihm ein neues Geschirr empfohlen, weil meins etwas zu groß ist und das Neue, was wir noch in Spanien gekauft hatte, scheuerte hinter meinen Vorderbeinen. Ich war auch zu doof, mich auf den Rücken zu werfen, denn als ich das dann abends machte, sah er die Stellen und besorgte mir schnell wieder ein Neues, dass nun endlich passt und ganz weich ist. Aber zum Autofahren darf ich momentan meist ohne festes Anschnallen fahren, damit es heilt.

 

Nach den Bergen kamen wir in die Poebene, dort wollten wir in einem Naturschutzgebiet einen Ruhe- und Radeltag einlegen. Nach 50 Kilometern befanden wir, dass die Poebene ihren Namen zurecht hat, uns langweilig wurde und auf der rechten Seite schöne Hügel zu sehen waren. Ruckzuck wurde das Navi umprogrammiert, Ziel die Mittelalterstadt Fortunago. Auf dem riesigen Parkplatz waren wir alleine und nie zuvor hab ich so was Sauberes gesehen. Kein Müll, keine Dreck, so durfte ich nach Herzenslust spielen und buddeln. Dann stand ein Rundgang an. Beim ersten Einwohner staunten wir nicht schlecht. Ich hatte das Tier noch nie gesehen. Mir wurde gesagt, dass sei ein Pfau und 3 andere waren dort auch noch frei im Hof. Ich machte einen großen Bogen um die Monster, aber ihre Kacke hätte ich am liebsten kiloweise gefuttert, aber ich durfte mal wieder nicht. Das Städtchen war nett hergerichtet, sehr ruhig (bis auf diese Pfauenschreie) und wir hatten Hunger. Es gab nur einen offenen Laden. Er wollte ein Bier und die Karte, sie hatten nur Wein und ein Gericht, aber keine Ahnung was. Der junge Italiener plapperte in seiner Heimatsprache schnell daher, wir verstanden nur Bahnhof, nahmen es aber an, nachdem geklärt war, dass es sich nicht um Fisch handelte. Es kam eine lokale Wurstplatte. Sehr gut, da konnte ich auch was abhaben. Am Nachbartisch saß ein Mann, der schon ziemlich betrunken war und erst mir und dann uns Beiden auf die Pelle rückte. Obwohl er ursprünglich aus Peru stammte, konnte er nur italienisch und wir verstanden wieder nur Bahnhof. Er war teils richtig aggressiv und erst als Andy auf italienisch fluchte, war er zufrieden und sagte, er gäbe einen Wein aus. Der junge Kellner stellte 3 Becher Wein hin und Andy klappte das Kinn runter. Der Peruaner hatte seinen Spaß und einem seiner jungen Mittrinker kam vor Lachen der Wein aus der Nase. Plötzlich wurde die große Box auf die Straße geräumt, sie begannen torkelnd zu tanzen und so schnell wie es anfing, hörte es auf. Es kam ein Lastwagen, alle Stühle und Tische wurden um uns herum abgeräumt und der Peruaner wurde ungemütlich und wollte Andy einen Becher, der noch unangerührt war, ins Gesicht schütten. Er wurde mit vereinten Kräften abgehalten, schüttete sich dann das Glas in die Kehle und stürzte danach auf den Asphalt. Schwer angeschlagen wurde er von den jungen Trinkkonsorten nach Hause geführt. Beim folgenden Gespräch erzählte der Junge plötzlich in Englisch und die Wirtin in Spanisch, dass sie im Nachbarort ein Weingut mit ländlichem Tourismus hätten, es ihnen peinlich wäre, was abgelaufen ist, wir nix bezahlen bräuchten und für den nächsten Tag zum Abendessen kommen könnten. Wow!

 

Nach einer ruhigen Nacht nutzten wir den letzten warmen Tag für eine Radtour durch die Hügellandschaft. Es ging nur auf und ab und so nahm er das E-Bike, an dem leider mein Korb nicht passt, also musste ich in den Rucksack. Das nervte mich ziemlich, aber nachdem ich in Etappen 4 bis 5 Kilometer neben dem Fahrrad hergelaufen war, fand ich das gar nicht mehr doof, denn darin kann ich mich lang strecken und schlafen. Ich kann immer weiter laufen und schaffe im Sprint schon über 20 kmh! Zur Belohnung folgte eine laange Pause auf der Picknickdecke in der Sonne. Zurück fuhren wir in der Nähe des Weingutes vorbei und stellten fest, dass die Straße dorthin furchtbar war. Dann plagte aber das schlechte Gewissen und wir fuhren zur Einladung. Alles stand offen, aber es war niemand zu finden, das half kein Rufen oder Bellen. Also nochmal den Rumpelweg zurück. Da unser Parkplatz schon im Schatten lag, hielten wir auf einer Anhöhe in der Sonne und fingen an zu kochen. Dann erschreckte uns ein Knatterteil, dass wohl Quad heißt und direkt vor der Tür anhielt. Unter den Helm versteckte sich der junge Kellner vom Vortag und fragte, ob das Auto kaputt sei. Wir erzählten die Geschichte und er meinte, jetzt wäre sein Vater dort und suche jemanden, der mit ihm Wein trinkt. Da unsere Nudeln fast gar waren und keiner Lust hatte nochmal die Rumpelei zu fahren, verneinten wir freundlich. Dann meinte er, dass es ihm schon wieder peinlich sei und er später eine Flasche Wein zum Parkplatz bringen würde. Da eine Sorte wirklich lecker war, bestellten wir mehr, damit deren Fahrt nicht umsonst sein würde. Tatsächlich knatterte es eine Stunde später wieder und der Junge stand lächelnd mit der Weinbestellung vor der Tür. Welch skurrile und schöne Begegnungen in Fortunago!

 

Dann mussten wir wirklich durch die Poebene fahren und wir hatten gelesen, dass es dort kaum noch Wasser geben würde, hätte es doch seit Monaten nicht geregnet. Auf der Brücke war der Strom immer noch gigantisch groß und die Wettervorhersage sagte auch, dass die spanischen Wolken uns bald finden sollten. So ging es langweilig durch die Ebene, dafür ohne Serpentinen ziemlich schnell. Andy wollte an den Ort, an dem er mit seinen Eltern immer die Sommerurlaube verbracht hatte, aber das war zu weit. Wir übernachteten auf der anderen Seite der Lagune von Venedig in einem Vogelschutzgebiet. Da war wieder der Müll und als ich in der Lagune spielen wollten, blieb ich in schwarzem Zeug mit einem Bein stecken, wie es normal nur aus dem Po kommt. Ab sofort wurde ich nur noch Schwarzfußindianer genannt, was auch immer das heißen soll. Nachdem Andy seinen E-Bikeakku geladen hatte, stimmte was mit der Elektrik im Auto nicht mehr. Die Batterie lud nur noch über Solar (zum Glück ging die Anlage in Nizza nicht zu Bruch) und der Kühlschrank saugte sie komplett leer. Zum Glück hatte er eine Notlampe, sonst hätten wir im Dunkeln gesessen.

 

So ging die nächste Etappe nur etwa 100 Kilometer nach Ca Savio. Dort besuchten wir den Campingplatz seiner Jugend und den riesigen Strand, an dem ich mich endlich wieder richtig austoben konnte. Dann weiter zum Leuchtturm von Venedig, wo die spanischen Wolken auf uns warteten. Der schöne feine Sand klebte mit dem Regen dann wunderbar in meinem Fell und ich wutzte ihm das Auto herrlich ein, da ich mich überall hinwarf, um mein Fell wieder sauber und trocken zu bekommen. Also gab es den Beschluss den Regen bei Pizza auszusitzen. Allerdings gibt es in den Restaurants nur abends Pizza und so waren mäßig leckere Nudeln angesagt. Dafür war die Frau vom Wirt super nett und sprach bestens deutsch, denn sie wurde in Stuttgart geboren. Das war perfekt, so konnten wir sie fragen, ob es hier eine Werkstatt gäbe, die gut ist und wo wir verstanden werden. Da ich nix von Technik verstehe, gebe ich mal wieder den Erzähler ab an Andy.

 

Die Werkstatt Vimauto in Ca’ Savio war super. Ein Mechaniker sprach Deutsch, der andere Englisch. Die Elektrik gemessen, Sicherung gewechselt, mir Eine als Ersatz mitgegeben, den gebröselten Deckel der Scheibenwaschanlage getauscht und für all das wollten sie nicht einmal Geld haben. Ich hatte sie aber nach dem Vorhandensein einer Kaffeekasse gefragt und die reichhaltig bestückt. So machten wir noch eine weitere Runde am Strand bis die Trattoria wieder öffnete. Die war brechend voll mit südländischen Temperament, das schien fremd nach so langer Abwesenheit in Lokalen. Die Pizza war lecker und wie sie sich gehört. Dünn, knusprig, aus dem Holzofen und saftig belegt. Dazu Vino rosso und zum Abschluss Tiramisu. So konnten wir Italien zufrieden verlassen.

 

Im nassen Fjord von Kotor
Im nassen Fjord von Kotor

02.04.22 Von regnenden und verrückten Tieren

 

Schon in der Nacht regnete es Katzen. Der Weg von Jesolo nach Triest ist schnell erzählt. 50 kmh, Kreisel, 50 kmh, Kreisel und das in unzähliger Folge. Laaangweilig. Slowenien ist bestimmt schön. Viele Hügel, viel Natur, aber wenn es zu den Katzen noch Hunde regnet, alles nicht so dolle. In Kroatien kam dann noch Nebel dazu und erstmals die Frage nach einem Covid-Nachweis, bei meinem 6. Grenzübertritt. Das Zauberwort hieß Transit und so bekam ich 12 Stunden, um Kroatien ungetestet zu durchfahren.

 

Zu allem Überfluss meldete sich nach mehr als 5000 km erstmals wieder meine Warnlampe für verklemmten Turbo und der Motor ging ins Sparprogramm. Damit war der kürzere Weg über die Berge nicht möglich. Also runter an die Küste und in Schleichfahrt unter den Wolken durch. Das funktionierte prima, aber als es Abend wurde, waren wir erst bei Zadar, wenn überhaupt die Hälfte von Kroatien. Die Nacht verbrachten wir an einem Minifjord nur 3 m vom Wasser entfernt. Ach ja, nachts regnete es weitere Tiere.

 

So ging es morgens früh los (der Turbo wollte wieder), um eine Monsteretappe aus Kroatien raus zu schaffen. Kotor war das Ziel, ein ausgewachsener Fjord, wohl der Größte außerhalb Norwegens. Da ich ja Hape Kerkelings „Ein Mann, ein Fjord“ liebe, war der Ort natürlich Pflicht. An der Grenze zu Bosnien kam mir dann eine Idee! Warum nicht komplett durch Bosnien fahren und nicht nur 10 km, dann wieder Kroatien mit eventuellem Corona-Gezänke? Da die Strecke nur 30 Minuten länger sein sollte, war der Plan akzeptiert. Eine richtig gute, breite, neue Straße in die Berge gab mir Recht. Aber was war das? Plötzlich Ende, überall Baustellen und die Umleitung über einen geteerten Feldweg. Das Ganze etwa 10 Kilometer lang und bei entgegen kommenden Fahrzeugen wurde es eng. Mehrfach hatte ich Angst um meine Stoßstange und Kotflügel, einmal war es mir zu wild und ich setzte lieber zurück als dem Abgrund noch näher zu sein. Irgendwann wurde es breiter und die Abfahrt führte über endlose Serpentinen zu alten, verschlafenen Städtchen. Dort hatten die Flüsse Hochwasser und Hochebenen standen komplett unter Wasser. Ach ja, bis dahin hatte es heute noch gar nicht geregnet. Kaum bemerkt, fing es auch schon an und hörte den Rest des Tages nicht mehr auf. Der Grenzposten war auch verwaist, so steuerte ich entspannt Richtung Kotor. Doch was war das inmitten der Bergwelt? Noch ein Grenzposten! Der Verwaiste war zwischen Bosnien und Herzegowina und jetzt kam erst der Übergang nach Montenegro. Die bosnischen Grenzer erwiesen sich als richtige ARSCHLÖCHER. Sorry, aber das muss so deutlich gesagt werden. Eine deutliche Warnung, nicht den Grenzübergang am Bileca-See benutzen! Da sitzt ein dickwanstiger Kettenraucher, der nur Landessprache spricht und sein zuckersüßer Handlanger, der dir in bestem Englisch erzählt, dass es illegal sei, mehr als den kurzen Transit von 10 km nach Dubrovnik zu fahren. Ich weiß jetzt, warum die Kroaten eine gigantische Brücke über eine Halbinsel bauen. Damit diese Abzocker nix mehr bekommen! Die drangsalierten schon vor mir jedes Auto, die Diskussionen zogen sich ewig, mache mussten zu Fuß ins Gebäude, keine Ahnung, was da noch alles für Schweinereien liefen. Meine Erpressung sah so aus: Ihre Schicht sei bald zu Ende, ich könne entweder auf dem Abstellgleis 2 Stunden warten, um dann meine Strafe von 155 € schriftlich zu erhalten oder ich könne ihnen das Abendessen finanzieren und großzügig Geld in meinen Pass legen. Da es immer mehr regnete, stürmte und bald dunkel wurde und ich noch massig Serpentinen vor mir hatte, kaufte ich uns für 100 € frei. Möge euch das Essen im Halse stecken geblieben sein!

 

Dann in wilder Fahrt runter vom Berg und im Fjord von Kotor versteckt. Es wurde genau stockdunkel, als wir das Wasser erreichten. Leider war auf der Abfahrt die Schönheit nur zu erahnen. In der Nacht regnete es zu den Hunden und Katzen auch noch Hamster und anderes Getier. Zwischen 5 Uhr und 7 Uhr morgens zählte ich allein 5 Gewitter! Immerhin entschädigte der Blick im Hellen etwas. Herrlich, wenn auch die Bergspitzen in Wolken waren. Da es an der Hauptstraße nicht gerade ruhig war, machten wir uns schnell auf den Weg. Leider funktioniert mein Frühwarnsystem im Kopf wieder sehr gut. Schon durch Kroatien machte mir die Wetterfühligkeit mit Schwindel zu schaffen und jetzt kamen noch Kopf-, Glieder- und Zahnschmerzen dazu. Was braute sich da noch zusammen?

 

Am Fjord waren Schwimmwesten anzuraten. Überall schoss das Wasser von den Bergen. Reißende Bäche und Flüsse, kleine Wasserfälle und teils geflutete Straßen. Zum Glück hat das Auto große Bodenfreiheit und gute Allwetter-Reifen.

 

Montenegro kann ich nur empfehlen! Geniale Landschaften, sehr freundliche Menschen und Euro als Zahlungsmittel. Hätte ich nicht gedacht, Kroatien in der EU hat den Kuna und Montenegro als Non EU den Euro. Wieder was gelernt. Es folgte ein genialer Küstenabschnitt um Budva, dann eine halsbrecherische Bergetappe zum Skutarisee. Die Straße dorthin kaum breiter als die Irrfahrt in Bosnien, aber landschaftlich herrlich. Erst wartete ich auf Winnetou zwischen den Karstfelsen, dann herrlicher Weitblick, uralte Dörfer und moosgrüne Wälder. Das war das Adrenalin wert. Das Wetter war sogar solide, Sonne und Wolken, nur etwas unangenehmer Wind. Warum ging es mir so komisch?

 

Am riesigen Skutarisee befindet sich auch die Grenze zu Albanien, von der ich so manche Horrorstory gehört hatte. Vor allem wegen der Einfuhr von Hunden. So hatte ich Copper schon trainiert und ab Bosnien in den Tragerucksack zu meinen Füßen gesetzt, damit er nicht auf dem Beifahrer-Präsentierteller sitzt. Er machte das auch super mit und rührte sich an keiner Grenze auch nur mit einem Mucks. Den Grenzer interessierte außer meinen Papieren erstaunlicherweise nichts und so fuhren wir entspannt an die Küste nach Golem. Dort ist der Tourismus stark am kommen, Resorts und Hotels in einer riesigen Kette am Strand aufgereiht. Es dauerte lange einen geeigneten Stellplatz an einem Minihafen zu finden. Da wir endlich mal nicht so spät dran waren, gab es für Copper genug Zeit zu toben. Strand, Promenade, Hotelanlagen, offene Büros. Da er sich so lange nicht mehr richtig austoben konnte, holte er alles nach. Alles Auto- und fast Menschenleer. Er rannte nach Lust und Laune, allerdings liegt hier überall viel Müll, teils auch Lebensmittelabfall. Ich halte immer die Angst aus, dass er sich nix einfängt, denn so schnell kann ich gar nicht immer eingreifen. Ich entdeckte dann einen kleinen Steg über das Hafenbecken zu einer kleinen Bude. Ich ging rüber und wollte fragen, ob sie mir ein Sonnenuntergangsbier gegen Euros verkaufen. Und was macht der Hund? Spielt plötzlich Schissbuchse. Was hat der schon für wilde Sachen auf den Bergtouren geschafft und nun memmte er bei einem 40 cm breiten Holzsteg übers Wasser. Ich ging zurück, aber er rannte nur noch von mir weg. Viel zu weit, teils in Richtung von Straßen. Alle Tricks halfen nicht, er kam nicht mehr zu mir. So ging ich zum Bus zurück und holte mir drinnen einen Untergangs-Snack, während der Herr zur Strafe draußen warten musste. Auf dem Weg zum Ufer sponn er weiter rum und als ich mich in die Sonne setzte, sprang das wasserscheue Tier in eine Seegras-Wasser-Müll-Kloake. Er befreite sich selbst aus dem Brabsch, rannte dann aber wieder von mir weg und ich musste ihn in einem matschigen Feld einfangen. Was war mit ihm los? Ich gebe den Erzähler wieder ab, vielleicht erklärt er, was in seinem Kopf vorging. Auf jeden Fall wusste ich, warum mein Kopf so abging. Der Himmel färbte sich plötzlich überall schwarz und es zog Sturm auf.

 

Ich weiß gar nicht, was der Typ hat. Hat der noch nix von Pubertät gehört? Außerdem tagelang und meist angeseilt im Auto sitzen, da musste wildes Toben sein. So dreckig wie ich war, bekam ich diesmal eine Ganzkörperwäsche und das Wasser war nicht gerade warm. Musste schnell gehen, denn ich fing vorher schon an zu zittern. Den Sonnenuntergang sah ich nur verschwommen vor Zitterei und so durfte ich auch noch seinen Kuschelpulli einsauen, damit ich nicht weiter fror. Was ein Abend, ich zitterte und das Auto wackelte dazu noch vom Wind. Immerhin war hier der einzige Ort in Albanien, wo es nur ein paar Tropfen regnete.

 

Ich warf mich dann wild auf alles Weiche im Auto, um durch Reibung zu Trocknen. Teppich, Matten, Handtücher und Vorhänge. Irgendwie gefiel ihm das auch nicht. So wurde ich aber schnell trocken und sauber. Was der immer hat. Dann ließ er mich auch noch alleine und ich musste hinten im Auto fahren. Aber bevor ich Panik bekam, war es schon vorbei. Er hatte nur das Auto hinter einem Hotel im Windschatten geparkt, damit es nicht so wackelt. Dann folgte ein gaaanz enges Copperröllchen, um gut auszuschlafen nach der Toberei.

 

Lieblingsblick
Lieblingsblick

 07.04.2022 Ach wie schön ist Korfu!

 

So ging es weiter durch Albanien, wieder meist bei Regen. Am Nachmittag war eine schöne Pause angedacht. Da gibt es in den Bergen eine ganz große Quelle, das „Blue Eye“. Die hat so viel Wasser, dass direkt ein 5 Meter breiter Fluss entsteht. Dort war auch alles sooo grün, ganz toll. Leider fing es auf dem Weg dorthin wieder an zu regnen und ich wurde pitschnass. Während Andy fotografierte spielte ich am Ufer. Ich sah eine grüne Wiese und wollte darauf laufen, aber was war das? Das gab sofort nach und ich platschte schon wieder ins Wasser. War das kalt! Ich musste vor Schreck und Kälte nur noch zittern. Obwohl ich so viel Grünzeug im Fell hatte, musste ich diesmal nicht zur Wäsche im eiskalten Wasser, sondern wurde trocken gerubbelt und warm gehalten. Nun hatte ich gelernt, dass ich auf Entengrütze nicht laufen kann.

 

Dann stand noch die Grenze nach Griechenland an und siehe da, wir wurden nicht genervt. Kurz danach brach Andy in großen Jubel aus und wir fuhren ins erste griechische Hafenörtchen, parkten, tobten und futterten in einer Taverne. Da drinnen waren wir den ganzen Abend alleine und genossen das Essen und die Ruhe. Morgens dann fuhren wir in eine blöde laute Stadt und kauften ein. Ich bekam Leckerlies und eine schicke, neue, blaue Leine, weil der Dösel meine verloren hatte. Dann fuhren wir auf ein Blechmonster namens Fähre. Das war furchtbar. Das Wetter war mal wieder schlecht, ich durfte nicht nach drinnen und so froren wir draußen um die Wette und wurden noch von Betrunkenen blöd angequatscht.

 

Endlich wieder feste Straße unter den Rädern, fing er wieder an zu jubeln, weil er seit 2 Jahren wieder auf seiner Lieblingsinsel Korfu war und mir alles zeigen durfte. Wir fuhren nach Agios Georgios an den Strand, der Regen hörte endlich auf und er quatschte ständig mit irgendwelchen Leuten. Ich war gelangweilt, bis ein Mann mit seinem Sohn die Bretter von der Terrasse aufschraubte, der Junge dort rein kroch und 7 gepanzerte Tiere raus holte. Es handelte sich um Schildkröten, die dort den Winter unter dem „Cool Water“ geschlafen hatten. Ich persönlich fand die komisch und bellte sie an, aber der Sohn war nett und spielte mit mir Fußball.

 

Den Bus stellten wir in Agios Stefanos ab, hinter der „Bar 38“ von Spiro. Dort ist es herrlich. Weit weg von der Straße, ruhig und eine riesige, gelbe Blumenwiese auf der ich gerne tobe. Dahinter ganz viele Olivenbäume und nur wenige Minuten bis zum riesigen Strand. Super! Am nächsten Tag war dann auch endlich das Wetter wieder gut und es ging mit dem Radeln los. Ich musste sehr oft in den Rucksack, durfte aber auch viel neben dem Fahrrad rennen. Hui, das geht manchmal steil der Berg hoch. Schaffe ich aber locker! Überall ist er am quatschen, dafür gibt es meist für mich eine schöne Überraschung. Bei Anne in Makrades wartete die ganz junge Hündin Albi auf mich, mit der ich wild spielen durfte. Bei Svenja 5 Katzen, die ganz entspannt waren und eine weiße Katze machte mir die ganze Zeit schöne Augen. Bei Arsenis und Athina durfte ich mithelfen im Garten zu buddeln, um unleckere Tomaten zu pflanzen. Warum setzen sie keine Fleischbällchen-Pflanzen in den Boden? Bei Jimmy und Eleni in der 007 Bar wurde ich mit Schinken gefüttert und von allen Einwohnern Rambo genannt, denn dort gab es wohl früher einen Chihuahua, der viel mit den Katzen raufte und seine Ohren davon einige Löcher hatten. Andy kannte ihn noch. In Stefanos am Strand bin ich aber am liebsten. Und wisst ihr, was gestern in meinem Futternapf stand? Eine Kerze! Die störte, aber außenrum viele Futtersorten und meine Lieblingsleckerlies. Im Dorf Afionas wurde mir dann zum 1. Geburtstag gratuliert und Litsa, die Wirtin vom weißen Haus sang mir sogar ein Lied. Alle voll nett hier!

 

 

 

Buntes Arillas und windige Gravia
Buntes Arillas und windige Gravia

 21.04.2022 Es rollt wieder

 

Das war echt ne tolle Zeit auf Korfu. So viele Farben! Gelber Ginster, rosa Judasbäume, frisches Blattgrün und überall lila Blumen. Dazu jeden Tag am Strand toben, Wandern oder Radeln. Also mit im Korb Fahrrad fahren fand ich schon immer schick, aber der kalte Wind störte mich bergab immer in Augen und Ohren. Als jetzt der Wind wärmer wurde, duckte ich mich nicht mehr im Korb, sondern wollte jede Serpentine miterleben. Das macht so viel Spaß! Und bergauf oder auf Wegen ohne Autos renne ich nebenher. 10 Kilometer am Tag sind gar kein Problem.

 

Leider musste ich auch was Neues lernen und das hieß alleine bleiben. In manche Lokale darf ich nicht rein und abends ging Andy manchmal Spielen, das nannte sich Siedler von Catan. Die Mitspieler sind wohl ganz nett, aber Klaus hat die wilde Pudeldame Nana zuhause und da sollte ich lieber fern bleiben. Also allein sein ist furchtbar. Ich vertrieb mir die Zeit meist mit Faulenzen oder zur Strafe brachte ich seine Sachen durcheinander. Das macht Spaß und eine Socke sucht er seit einer Woche. Rache ist eben süß! Was ein bisschen nervt, sind die ganzen freilaufenden Tiere. Viele sind richtig nett, aber manche wollen mir auch an die Wäsche. Da gibt es am Strand den großen Rambo, der mich nicht mag und schon einmal nach mir schnappte. Andy war zum Glück schneller und zog mich noch rechtzeitig nach oben. Im Vistonia hatte ich weniger Glück. Nur weil ich die schwangere Katze anguckte, sprang sie ohne Vorwarnung auf mich und bohrte ihre Krallen in meinen Rücken. Zum Glück hatte ich dort noch dickes Winterfell und einen Beschützer, der schnell reagierte und die Katze von mir runter holte.

 

Der blödeste Tag war, als es regnete. Alles vermatscht und das Gras vor dem Bus auch pitschnass. Andy reparierte ein Fahrrad und mir war langweilig. Also hatte ich eine Idee. Das lasse ich aber Andy erzählen:

 

2 Stunden arbeitete ich, um die alte Möhre von Annika wieder einigermaßen flott zu machen. Copper langweilte sich unter dem Vordach und ging dann doch manchmal auf nasse Erkundung. Er blieb immer in der Nähe, aber als ich das Fahrrad fertig hatte, war er plötzlich verschwunden. Ich vermutete unter dem Auto, denn dort war es trocken. Aber weder dort,noch auf dem Grundstück war er zu finden. Ich ging mit Regenschirm los. Auf die Straße, immer hoffend, dass er nicht irgendwo angefahren liegt, an den Strand, zu allen Nachbarn und in den Olivenhain. Als ich klitschnass meine Schuhe wechselte, kam Spiro zurück, dem die Bar gehört, hinter der ich so schön meinen Camper stellen durfte. Wir suchten unter alten Brettern, Planen und Unrat. Irgendwann lief mir Wasser in den Rücken und ich schaute fluchend in Richtung Dach. Und wer saß dort pitschnass, mit hängenden Ohren und zitternd? Copper! Er war nicht mehr in der Lage zu jaulen und bellen, so fror er und hatte Angst. Er war über eine Treppe aufs Flachdach geklettert und dann auf ein schräges Vordach nach unten gesprungen. Das war wohl zu nass und glatt, sodass er den Rückweg nicht mehr schaffte. Ich brauchte eine Weile, um meinen Schock zu verdauen und hab mir bei der Aktion auch einen leichten Schnupfen eingefangen.

 

Am nächsten Tag funktionierte das Wetter wieder, so fuhren wir mit Ingo direkt nach Sidari und dort bekam er eine hübsche blaue Marke mit seinem Namen und meiner Telefonnummer, falls er wieder einmal ausbüchst. Ansonsten vergingen die Tage wie im Flug. Alleine oder mit Ingo radeln, wandern und zwischendurch immer wieder nette Leute treffen. Abends mal was Gutes essen oder Brettspiele. Ab Mitte April machte dann auch Spiro seine Bar auf, in der wir manch nette Stunde mit ihm, seiner Freundin Annika und anderen netten Bekannten verbrachten.

 

Ansonsten war Korfu prima, ich war oft mit Ingo per Rad oder zum Futtern unterwegs, jeden Tag dabei liebe Bekannte getroffen und auch neue Bekanntschaften geschlossen. Im Ganzen ist die Insel sehr ähnlich geblieben, niemand hat in den letzten 2 schweren Jahren sein Lokal an den Nagel gehängt. Es wird viel gebaut, wobei ich keine größeren Bausünden sehen konnte, die Straße zum Fisherman ist wie immer im Winter zerstört worden, dafür wurde das Ende des Eselpfades ab dem Felsentor bis Makrades asphaltiert, warum auch immer.

 

So verließen wir Korfu nach gut 2 Wochen per Fähre, bevor wir in den Osterfeierlichkeiten der Orthodoxen stecken geblieben wären. Die erste Etappe ging an den Golf von Partas nach Mesolongi. Dort gibt es viele Salzwiesen und direkt am Salzmuseum verbrachten wir einen sehr ruhigen Abend (was das Wetter betraf) in einer urigen Taverne am Fischereihafen. Beim Essen allerdings keine Ruhe. Außenrum Massen an Kindern, die sich nicht von ihrer besten Seite zeigten und dazu noch streunende Hunde, die nervten. Manche Kinder schrien, ein besonders Doofes ließ sich 2x vom Streuner beißen, Copper verbellte die Streuner und ein französisches Kind fiel rückwärts mitsamt seinem Stuhl neben mich, zum Glück lag da nicht Copper, sonst hätte er wieder ein Leben verloren. So verschlichen wir uns lieber in den Bus und bereiteten uns für die Fahrt auf den Peloponnes bei Sturm vor.

 

Seit 1. Januar hatte ich keinen Cent an Maut bezahlt, immer schön Landstraße oder mautfreie Autobahnen benutzt. Das hatte nun ein Ende. Google Maps schickte mich auf dem Weg zur Brücke nach Rio (so heißt der Ort auf dem Peloponnes wirklich) in die Vollbotanik. Ab in die Berge, immer schmalere Straßen, am Wegesrand wurden gerade Lämmer für Ostern geschlachtet und an Bäumen hängend ausbluten lassen, als dann der Belag von Asphalt in Lehm überging. Die 80-jährige Oma, die stehend auf auf der Ladefläche eines Pick Ups vorbei fuhr, schüttelte nur mit dem Kopf und so wurde an der nächsten Stelle gedreht, zurück in die Zivilisation gefahren und 8€ Maut bezahlt. Das machte die Tour auch eine Stunde schneller und so gönnten wir uns einen Abstecher nach Olympia. Hier ersparte sich der Sparfuchs dann 12€ Eintritt. Stattdessen wanderte ich mit Copper einmal um das antike Olympia und fotografierte über oder durch den Zaun. Auf dem Weg gab es dazu noch schöne Olivenhaine und herrenlose Orangenbäume mit reifen Früchten.

 

Gestärkt ging es dann weiter die Westküste hinab bis Kyparissia, der erste Ort, der von Bergen geschützt lag und den brachialen Wind gut abhielt. Dafür sind die Temperaturen nun formidabel. Tagsüber 25 Grad und laue Nächte, sodass ich meine Heizung eingemottet habe.

 

Kalinichta!
Kalinichta!

 

30.04.2022 Das Ende ist nah

 

Weiter ging es von der Westküste durch schöne Hügellandschaften nach Kalamata. Dort traf ich mich mit Dagmar und Bernd, Bekannten aus Bredenbeck, die die meiste Zeit des Jahres in Griechenland verbringen. Sie waren auf dem Markt einkaufen und bestellten mich dort hin. Bis ich in dem Chaos das Auto geparkt hatte war eine Sache, Copper lebendig durch die Menschen- und Automassen zu bekommen, eine andere. Ich trug ihn lieber zum Treffpunkt. Wir kehrten noch am Platz ein und danach folgte ich den Beiden zu ihrem Haus. Sehr schön gelegen genossen wir die Aussicht über die Bucht von Kalamata und ich war froh dem Moloch entflohen zu sein. Ich ging davon aus, dass durch Ostern der Andrang besonders hoch war, die Beiden meinten, normal wäre doppelt so viel los auf dem Markt. Oje, nix für mich. Ich habe mich durch den einsamen Campingplatz im letzten Jahr und noch einsamerer Finca dieses Jahr völlig von Menschen und Verkehr entwöhnt. Und jetzt wieder rein in den vollen Tourismus.

 

Abends machte ich mit Copper die umliegenden Olivenhaine unsicher, Ziel war eine Taverne auf dem Berg. Wie auch auf Korfu sind hier viele Wege Sackgassen oder enden an Zäunen. Irgendwann waren keine Wege mehr erkennbar und wir kletterten über Zäune, Mauern und ackerten uns durch hohes Gras, immer in der Hoffnung, dass kein großer Wachhund hinter der nächsten Ecke auf uns wartet. Völlig verschwitzt kamen wir dann aber ans Ziel und genossen das Essen und die Aussicht. Bei Bernd und Dagmar vor der Haustür standen wir sicher und so gab es eine Ruhetag. Also vom Autofahren, denn 85 km mit dem Rad sind ja nicht gerade ruhig. Per E-Bike erkundeten wir Kalamata und im ruhigen Umland lief Copper so viel neben dem Rad, es war unglaublich. Wir wollten uns mit Gaios treffen, der mit anderen netten Menschen ein ökologisches, selbstbestimmtes Dorf aufbauen möchte. Da die nächste Winterplanung noch völlig offen ist, wollte ich mal Eindrücke gewinnen. Das Grundstück liegt an einem kleinen Fluss, durch dessen Furt ich mit dem Fahrrad musste. Also Füße hoch und mit frisch gewaschenen Reifen auf der anderen Seite wieder raus. So weit die Theorie, hätte die Betonplatte nicht einen großen Riss gehabt. Dort wollte das Vorderrad hinein und um nicht auf dem glitschigen Beton zu stürzen, musste ich die Füße auf den Boden stellen, der jedoch mit 20 cm Wasser bedeckt war. So saß ich danach barfuß bei Gaios und Schuhe samt Socken trockneten in der Sonne. Zum Glück war es sehr warm, sonst hätte ich mir was weggeholt. Gaios hat so viele Ideen, das reicht für 5 Leben und das Gelände ist so groß, dass wir bei einer 30-minütigen Erkundung zu Fuß nicht alles sahen. Auf jeden Fall ganz fruchtbares Land mit ewig vielen Olivenbäumen. Da gibt es viel Arbeit und Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung. Ich aß das erste Mal im Leben Yakon und viele rohe Knospen des stechenden Spargels, selbst eingelegte Oliven und im Vorbeigehen saftigste Orangen. Auf der Rückfahrt blieben viele schöne Impressionen, leider ist die Gegend im Winter sehr feucht. Aber wo hat man zu der Zeit in Griechenland noch 1 km Strand für sich alleine?

 

Die Radtour fand am Ostersonntag statt und ich glaube, jeder Grieche ist an diesem Tag am Grillen. Unglaublich viele Gartenfeste mit lauter Musik und keine Ahnung wie viel Millionen Lämmer ihr Leben lassen mussten, um sich im Ganzen am Grillspieß zu drehen. Ich bin derweil voll auf Tzatziki, mache einen Kontext und vertreibe nebenbei damit blutsaugende Vampire aus dem Auto. Nach einer weiteren milden Nacht hieß es Abschied nehmen von Dagmar und Bernd und eine kurze Etappe durch die Mani fahren. Das ist eine karge, steinige Gegend mit Natursteinhäusern, die oft den alten Festungstürmen ähneln, die zur Abwehr der Türken damals gebaut wurden. Hübsche Dörfer, glasklares Wasser und unendlich viele Kurven. So ging es entlang der Westseite des 2. Peloponnes-Fingers, um dann auf die Ostseite nach Gythia zu wechseln. Dort stellte ich das Auto neben einer Strandbar ab, die mir aber keinen Frappé geben wollten, es war eine Privatfeier im Gange. Ich durfte aber über Nacht dort stehen und so erkundete ich mit Copper den Strand. Viel grober Kies, Nobelsuiten, daneben Hotelruinen und nix zum Beißen. So wagten wir einen Spaziergang über die Kuppe und siehe da, ein riesiger Strand mit Schiffswrack und eine offene Taverne. Das war auch einer der Plätze, die Dagmar beschrieben hatte, aber sie hatte so viele gute Tipps, dass ich mir nicht alle merken konnte. Auf dem Rückweg heizte die Sonne ganz schön ein, der Badethermometer zeigte 19 Grad und so entschloss ich mich für eine kleine Schwimmrunde. Copper hatte sich zuvor in einem kleinen Fluss abgekühlt und hatte keine Lust auf Mee(h)r. Als ich mich am Auto mit Süßwasser spülte, verschwand er unter dem Auto. Ich dachte, er liegt dort im Schatten, aber er hatte sich aus dem Staub gemacht. Also begann wieder die Suche, diesmal ohne Regen. Eine halbe Stunde Suche ohne Erfolg. Einmal hörte ich ihn Bellen, dann rannten streunende Katzen durch die Gegend und es war still. Ich durchsuchte das riesige Areal, fand 5 Katzen, Enten, Gänse, 2 eingesperrte Hunde, aber keinen Copper. Ich hatte schon wieder blöde Gedanken, als er plötzlich gut gelaunt vor mir stand, sich die Schnauze leckend. Er zeigte mir dann die Stelle, an der er Knochen und Fischgräten gefunden hatte und wohl so den Mund voll hatte, dass er mir nicht antwortenkonnte. Also den Streuner eingepackt und umgezogen. Am neuen Platz wurde er sogleich von 4 großen Hunden begrüßt, 3 waren nett und die Besitzer in der Nähe, der 4. schnappte aber plötzlich nach Copper. Ich konnte ihn noch im Reflex an der Leine nach oben ziehen, er hatte aber noch nicht sein Geschirr an und das Halsband zog unangenehm am Nacken. So blieb er aber unverletzt und ich erkundigte mich bei den anderen Besitzern erst einmal nach den Verhältnissen. Die meinten der Streuner sei mit Vorsicht zu genießen. Ab dann hielten wir uns von ihm fern, gingen mit Abstand zum Strand und schauten uns das Wrack der Dimitrios an, die hier in Glyfada 1981 auf Grund lief, nachdem sie sich in einem Sturm vom Anker gerissen hatte. Erstmals seit Korfu feiner Sand, viel Platz und danach leckeres Essen. Herrlich!

 

Der Abschied von dem schönen Strand und den netten Leuten fiel schwer, aber wir schafften den Absprung und fuhren über Sparta (leider hat die Stadt historisch nichts mehr zu bieten) nach Mystras. Die alte Stadt liegt spektakulär am Fuße der höchsten Berge des Peloponnes und der Eintrittspreis ist genauso spektakulär. Also begnügten wir uns mit Außenaufnahmen und wanderten auf der Straße eine Stunde. Alle Feldwege waren leider Sackgassen und so kehrten wir dem 2. Finger den Rücken und fuhren über einen großen Bergrücken zum 3. Finger des Peloponnes. Die Auffahrt zog sich und die Aussichten hielten sich in Grenzen, dafür war die Abfahrt spektakulär und mit tollstem Panorama. Den Nachmittag und die Nacht verbrachten wir am Hafen von Kiveri. Eigentlich wollte ich nochmals schwimmen, aber der Wind wehte heftig und so war nur windgeschützt ein Schläfchen möglich.

 

Dann hieß es Abschied nehmen von den schönen Landschaften des Peloponnes und zurück in die Zivilisation zu kehren, wobei der Großraum Athen wirklich ein Moloch ist. Ich fuhr direkt zum Hafen, da dort Parkmöglichkeiten sind, im Gegensatz zur Stadt. Wir hielten uns in und um einen Imbiss auf, um das Auto im Blick zu haben, sei es wegen Langfingern oder Polizei. Es blieb aber alles ruhig, wenn man das ganze LKW- und Fährengebrumme mal ausklammert. Morgens klingelte um 5.30 Uhr der Wecker, also früh ins Bett. Die erste Stunde war laut, da der Imbiss noch geöffnet hatte, dann wurde er für eine Stunde ruhig. Danach kamen in stündlichen Abständen Jugendliche mit ihren proletenhaften Knattermopeds vorbei und irgend ein Irrer fuhr Rennen im Hafen und war wohl der Meinung, dass ein Satz Reifen pro Nacht zu schreddern eine gute Idee sei. Er drehte Kreise mit qualmenden Reifen und das nicht nur 1x in der Nacht. So wachte ich gerädert, aber immerhin pünktlich, auf. An der Fähre war ich mit als Erster, als der Kontrolleur meinte, dass mein Onlineticket 2x für mich, aber keins für das Auto sei. Ich wollte ihn fragen, was ich nun machen kann, er schickte mich aber nur unfreundlich von dannen, damit ich nicht den Verkehr blockiere. Also wieder aus dem Hafen raus und in einer Ehrenrunde wieder rein. Auto abgestellt und das Fährbüro gesucht. Die 2. Adresse war die Richtige und so wurde mir problemlos ein Ticket fürs Auto ausgestellt. Dann hieß es wieder anstellen und lange in der Schlange warten. Schließlich stand ich das 2. Mal vor meinem unfreundlichen Kollegen und er meinte, das Ticket sei für ein Auto, nicht für einen Minibus. Das wusste ich, doch online war nur eine Kategorie „all vehicles“ buchbar. Er meinte, er hätte keinen Platz mehr für ein solch großes Auto, nur noch PKWs wären möglich und ich solle an einem anderen Tag wiederkommen. Ich war geschockt und sagte, es sei geschäftlich und es würden einige Menschen auf mich warten. Er hatte dann doch noch Gefühle und sagte, ich solle an der Seite warten. Dort standen noch 3 Minibusse. Aha, ich hatte wohl nicht alleine das Buchungsproblem. Glücklicherweise durften wir dann alle mitfahren und ich musste meinen Nerven beruhigen, um mit dem Auto rückwärts auf die Fähre zu fahren. Ich wurde sehr eng eingewiesen und befand, dass ein Metallpfeiler zu nah sei. Er meinte, dann klappen wir eben den Spiegel ran. Ich erklärte ihm, dass er noch so sehr am Spiegel rütteln könne, es würde nichts bringen, da es sich um Starre handele. Also um den Pfosten herum manövrieren und endlich Motor aus. Aber was war das! Kommt ein kleiner LKW in großer Geschwindigkeit auf mich zu und hätte mich wahrscheinlich gerammt, wenn da nicht dieser Pfosten gewesen wäre, in den er mit einem Knall einschlug. Dann kam der Einweiser gerannt und machte ihn zur Minna, warum er nicht auf ihn gewartet hätte.

 

Nach all den Schocks saßen wir endlich an Deck, frühstückten und genossen die Morgensonne. Dann kam eine französische Großfamilie, stellte sich genau vor mir an die Reling und begann ein Fotoshooting vom Allerfeinsten. Als sie endlich fertig waren, befanden wir uns auf hoher See und der Wind wurde unangenehm. So langsam flüchteten alle in windgeschütztere Ecken. Ich saß 5 Minuten und begann zu lesen, als ich hinter mir wieder wildes französisches Stimmengewirr hörte. Irgendwie fühlte ich mich verfolgt. So suchte ich lange auf dem Schiff einen ruhigen und windgeschützten Platz, was schlussendlich auch funktionierte. Dann war endlich Paros erreicht. Ich durchkreuzte noch mehrere Tierhandlungen, weil Copper an Vorabend sein Geschirr verkaut hatte, aber ich fand nix Passendes. So müssen wir erst einmal so auskommen und nächste Woche auf Naxos uns nochmals umschauen. Wir fuhren nicht direkt zu den Velotrekern, sondern trafen uns mit Peter und dem riesigen Tao erst einmal auf neutralem Boden. Es wird noch eine Zeit dauern, bis sich die Beiden akzeptieren, Tao ist ganz schön eifersüchtig und Copper gibt einfach nicht nach und bellt ihn an, um dann schon 2x fast gefressen zu werden.

 

Auf jeden Fall war es schön, alle wieder zu sehen. Ich dachte, wir könnten uns noch 2 ruhige Tage gönnen, da der Vertrag erst ab Mai gilt, aber der Berg an Arbeit ist so groß, dass es direkt losging, denn die ersten Gäste kommen schon am 4. Mai an und bis dahin müssen alle E-Bikes in Schuss sein.

 

So endete die 4-monatige Reise sehr abrupt. Aber das war ok. So ein festes Dach über dem Kopf, eine Toilette mit Wasserspülung und eine Dusche lernt man wieder ganz anders zu schätzen. Nun gibt es 6 Monate Abenteuer in Griechenland. Leider werde ich es nicht schaffen in der Zeit zu schreiben, da wir auch abends mit den Gästen unterwegs sind.

 

Auf jeden Fall ein großes Lob an mein Auto, 8000 Kilometer ohne Probleme. Ok, das Türschloss gab seinen Geist auf, aber das funktionierte schon beim Kauf nicht mehr richtig. Der Turbolader streikte auch nur zwei Mal und nur dann, wenn ich auf der Autobahn schnell fuhr. Auf den Landstraßen alles Problem- und Mautfrei. Niemand machte wegen Corona ein Fass auf, obwohl in den Medien so schlimm gewarnt wurde. Nur bei einem Grenzübertritt gab es überhaupt die Frage nach einem Test. Auf keiner Fähre interessierte es jemanden und Copper wurde überhaupt nicht wahrgenommen. Niemanden interessierte sich für ihn, seinen Pass oder Impfungen. Also alles entspannt, bis auf den Grenzübertritt von Bosnien nach Montenegro mit den Halsabschneidern.

 

Copper hielt sich zurück und verbrauchte keine weiteren Leben, war ein prima Beifahrer und entspannter Begleiter. Nun darf sich der Bus erst einmal ausruhen, wir steigen jetzt um auf Ford Transit und Fahrräder. Wären da nur nicht die blöden Fährfahrten, teils mit Anhänger. Deswegen hatte ich schon so einige schlaflose Stunden. Naja, mehr als der Abschleppdienst kann ich auch nicht kaputt machen. Gestern wurde ein Bus abgeholt, der nach dem Winter nicht mehr ansprang und der Fahrer des Abschleppers verschrammte die ganze Seite des Busses, als er hier an der blöden, engen Ausfahrt hängen blieb.

 

So bleibt die Daumen zu drücken, dass Fahrzeuge, Fahrer und beifahrende Hunde über den Sommer ohne Schrammen bleiben. Habt euch wohl! Kalo kalokeri (schönen Sommer)!